Fröhlich: "Geht entschieden zu weit" Gräfe übt scharfe Kritik an Schiedsrichter-Auswahlverfahren

Berlin · Fußball-Schiedsrichter Manuel Gräfe (43) hat heftige Kritik am Auswahlverfahren der früheren Chefs der Unparteiischen, Herbert Fandel (53) und Hellmut Krug (61), geübt. Statt um Leistung sei es beim Einsatz der Schiedsrichter um persönliche Verbindungen gegangen. Vor allem ein Kollege ist ihm offenbar ein Dorn im Auge.

 Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe.

Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe.

Foto: dpa, kne jai

"Die beiden haben sich ihre Schiedsrichterliste so zusammengebastelt, wie sie es wollten", sagte Gräfe dem Tagesspiegel (Sonntagausgabe). Das Leistungsprinzip sei häufig außer Kraft gesetzt worden. "Da sind Leute in Positionen gekommen, für die sie einfach nicht gut oder weit genug waren", betonte der Berliner Referee, "und es fällt doch auf, dass in den vergangenen Jahren alle, die nicht uneingeschränkt auf einer Wellenlänge mit der Führung lagen, also nicht zu allem Ja und Amen gesagt haben, auf verschiedenen Ebenen bearbeitet wurden."

Gräfe fand es "exemplarisch", dass sich Bibiana Steinhaus erst als erste Schiedsrichterin für die Bundesliga qualifiziert habe, nachdem Lutz-Michael Fröhlich (59) das Amt des Schiedsrichter-Chefs übernommen hat. Seither gehe es ausschließlich nach Leistung, so Gräfe.

Kritisch beurteilt Gräfe den Aufstieg des Berliner Schiedsrichter-Kollegten Felix Zwayer (36) zum FIFA-Referee, obwohl dieser einst in den Skandal um Robert Hoyzer involviert war. Gräfe: "Wie kann so jemand bis in die Spitze der deutschen Top-Schiedsrichter kommen? Kann es vielleicht sein, dass Fandel und Krug dort einen Mann haben wollten, der ihnen zu bedingungsloser Loyalität verpflichtet war?"

Gräfe fühlt sich durch den Schiedsrichterausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) offenbar nicht entsprechend geschätzt. Gräfe kam hauptsächlich nur in der Bundesliga und 2. Liga zum Einsatz: 222 Spiele in der 1., 110 Spiele in der 2. Bundesliga. Er leitete allerdings auch sechs Champions-League- und 21 Europa-League-Partien.

Gräfe stieß mit seinen Aussagen derweil auf Widerstand, der DFB rügte den 43-Jährigen, der auf über 200 Bundesligaeinsätze kommt. "Es läuft der Start für die neue Bundesligasaison, und darauf sollte jeder Schiedsrichter seinen Fokus legen. Bei allem Verständnis zu einer öffentlichen Meinungsäußerung geht es entschieden zu weit, wenn ein Schiedsrichter einen Kollegen öffentlich und in dieser Form attackiert. Darüber muss mit Manuel Gräfe geredet werden, und zwar zeitnah", sagte Fröhlich in einer DFB-Stellungnahme.

Gleiches gelte für seine Einlassungen zu Fandel und Krug. "Auch das kann man so nicht stehen lassen. Aber wir sollten das jetzt nicht öffentlich ausdiskutieren, sondern in einem internen Prozess nach einer Lösung suchen", so Fröhlich. Ähnlich äußerte sich Ex-Schiri Thorsten Kinhöfer. "Diese Vorgehensweise ist unglücklich. Öffentliche Kritik der Schiedsrichterführung und der Kollegen finde ich bedenklich", sagte er der Bild am Sonntag.

Fandel und Krug wollten sich nicht äußern.

(sid)
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