Krise beim Hamburger SV Labbadias Tage scheinen gezählt

Düsseldorf (RPO). Bruno Labbadia kennt das Gefühl. Mit starken Leistungen in die Saison gestartet, werden im Winter hohe Ziele angestrebt. Doch sobald es Frühling wird, fällt alles mühsam Aufgebaute wie ein Kartenhaus in sich zusammen. So war es bei Greuther Fürth. So war es in Leverkusen. So ist es beim Hamburger SV.

Bruno Labbadia: Torjäger, Trainer und "Hochsterilisierer"
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Das ist Bruno Labbadia

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Foto: dpa, exa

Der kalte Winter verabschiedet sich, doch HSV-Trainer Bruno Labbadia weht in der Hansestadt nun erst recht ein eisiger Wind um die Nase. Bei der 0:1-Niederlage im Gladbacher Borussia-Park kassierten die Rothosen die dritte Pleite aus vier Spielen, aus den vergangenen zehn Bundesliga-Spielen sprangen nur zwei Siege heraus. Von der Champions League mag man schon lange nicht mehr sprechen. "Das war nicht zu wenig, das war noch weniger", schrillen bei Vorstandschef Bernd Hoffmann die Alarmglocken.

Obwohl dank Werder Bremens Finaleinzug im DFB-Pokal wohl auch der Sechsplatzierte in der Europa League spielberechtigt ist, geht in Hamburg die Angst um, in der kommenden Spielzeit andere Mannschaften europäisch vor dem TV-Bildschirm sitzend spielen zu sehen. Die beste Rückrundenmannschaft VfB Stuttgart sowie Eintracht Frankfurt sind bis auf drei Punkte an die Hanseaten herangerückt, Meister VfL Wolfsburg lauert mit vier Punkten in Schlagdistanz.

Hinrunde hui, Rückrunde pfui

Der Absturz in der Rückserie ist für Labbadia nichts Neues. Bei der SpVgg Greuther Fürth, die erste Trainerstation des 44-Jährigen im Profigeschäft, träumte ganz Franken nach 19 Spieltagen und 35 Zählern vom Aufstieg. Aus den folgenden 15 Spielen fuhr Labbadia dann nur noch 17 Punkte ein. Das Thema Aufstieg hatte sich erledigt, der Vertrag mit Bayer Leverkusen war aber schon längst unterschrieben.

Dort erging es Labbadia noch schlimmer. Mit 32 Punkten nur drei Zähler hinter Herbstmeister Hoffenheim schien es so, als könne Leverkusen ein ernstes Wörtchen um die Titelvergabe mitreden. Dem war aber nicht so: Nur 17 Pünktchen kamen hinzu, Bayer stürzte auf Rang neun (Rückrundentabelle: 13.) und Labbadia provozierte mit einem Interview unmittelbar vor dem Pokalfinale gegen Bremen (0:1) seinen Abschied.

Die Parallelen zum Saisonverlauf des HSV sind offensichtlich, die Mechanismen in der Bundesliga bekannt: Wenn es nicht läuft, muss meist zuerst der Trainer daran glauben. Nach dem Gladbach-Spiel wurde noch im Kabinentrakt eine einstündige Krisensitzung abgehalten. Hoffmann stellte sich zunächst hinter seinen Coach. "Selbstverständlich bin ich mir sicher, dass Labbadia Trainer bei uns bleibt", gab Hoffmann Auskunft, machte dann aber eine kurze Pause und fügte hinzu: "Stand jetzt." Ein ernsthaftes Bekenntnis zum Trainer hört sich eigentlich anders an.

Spieler machen Stunk

Also ein Brandherd mehr beim Hamburger SV. Vergangene Woche warf Offensiv-Allrounder Eljero Elia nach seiner Knöchel-OP seinem Verein mangelhafte Behandlung vor, da er schon Wochen vorher über Schmerzen geklagt hatte und sorgte zudem für Unruhe, indem er sein Positions-Hopping kritisierte. Wie Jerome Boateng, Ze Roberto, Piotr Trochowski, Guy Demel und Jonathan Pitroipa soll auch Elia (Bayern?) sich mit einen Weggang aus Hamburg beschäftigen.

Die Auswechslung von Superstar Ruud van Nistelrooy am Wochenende sorgt für weitere Unruhe. Als in der 63. Minute Paolo Guerrero bereitstand und die Nummer 22 aufleuchtete, konnte "Van the Man", dessen Disput mit Mannschaftskamerad Tunay Torun in der Pause des Anderlecht-Spiels unter der Woche ebenfalls an die Öffentlichkeit kam, seinen Augen zunächst nicht trauen, stapfte wort- und grußlos an Labbadia vorbei in die Kabine. Der Gästeblock quittierte dies mit "Labbadia-raus"-Rufen.

Endstation Europa

Labbadia hat mehr als ein Problem, seine Tage beim HSV scheinen gezählt. Da DFB-Chefscout Urs Siegenthaler ab 1. August die Rolle des Sportdirektors übernimmt, bietet sich die Verpflichtung von Bundestrainer Joachim Löw an, sollte der 50-Jährige seinen Vertrag nach der WM nicht verlängern wollen. Die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern.

Einen Joker hat Bruno Labbadia allerdings noch: Hamburg hat alle Chancen die Europa League zu gewinnen. Am Donnerstag (21.05 Uhr/Live-Ticker) gibt im Viertelfinal-Hinspiel in Standard Lüttich ein vermeintlich schlagbarer Gegner seine Visitenkarte in der HSH Nordbank Arena ab. Dort steigt am 12. Mai auch das Endspiel. Mit einem Triumph würde sich der HSV nicht nur einen Startplatz in der Europa League 2010/11 sichern, Labbadia würde als Trainer einen prominenten Platz in den Geschichtsbüchern der Hansestadt erhalten. Vorausgesetzt, er hält so lange durch.

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