Stimmen aus dem Keller Nervenschlacht und eine brisante Schiri-Ansetzung

Düsseldorf · Für drei Mannschaften geht der Überlebenskampf zwischen Hoffen und Bangen in die letzte Runde: Augsburg, Wolfsburg und Hamburg spielen noch gegen den Relegationsplatz. Ein Stimmungsbild vor dem Abstiegsfinale.

 Die Leiden eines Trainers: Markus Gisdol.

Die Leiden eines Trainers: Markus Gisdol.

Foto: dpa, a hak

Wenn schon nicht die Entscheidung um die Meisterschaft, liefert zumindest der Abstiegskampf seit Jahren verlässlich Spannung in der Bundesliga. In diesem Jahr sogar mit einem echten Endspiel. Der Hamburger SV, derzeit auf Platz 16 (35 Punkte), empfängt den VfL Wolfsburg auf Platz 15 (37 Punkte). Es geht um nicht weniger als die weitere Ligazugehörigkeit: Wer verliert, muss die Extra-Hürde Relegation auf sich nehmen.

Allerdings kann Wolfsburg parallel noch auf eine hohe Niederlage der punktgleichen Augsburger hoffen, dann würde selbst eine Niederlage noch zum direkten Klassenerhalt reichen — das bessere Torverhältnis könnte die Niedersachsen retten.

Eine ganze Saison hängt an 90 Minuten. Spannung ist also garantiert. Wir haben uns bei den Teams im Tabellenkeller umgeschaut.

Hamburger SV: Trainingslager als Ablenkung

Wer etwas auf Aberglaube im Fanlager des HSV gibt, den wird diese Meldung erfreuen: Manuel Gräfe wird die Partie gegen Wolfsburg leiten. Der Grund für die Freude: Gräfe war der Unparteiische im Relegations-Rückspiel der Hamburger 2015 gegen den Karlsruher SC. Eine strittige Freistoß-Entscheidung rettete den HSV damals in der Nachspielzeit. Gräfe wurde im Anschluss sogar als "HSV-Retter" verspottet. Umso erstaunlicher die neuerliche Ansetzung des Schiedsrichters. "Hätte man mich gefragt, welcher Schiedsrichter für dieses Spiel nicht in Frage kommt, wäre ich auf genau einen Namen gekommen", sagte Ex-Referee Markus Merk zur Ansetzung.

HSV-Trainer Markus Gisdol sieht es diplomatisch: "Ich hoffe, es sind am Samstag keine engen Entscheidungen nötig. Und wenn doch, dann hoffe ich auf gute und korrekte Entscheidungen eines guten Schiedsrichters", sagte er. Der Trainer hat ohnehin andere Sorgen. Um seine Mannschaft für das Endspiel vorzubereiten, bezog der Verein am Donnerstag erneut ein Kurz-Trainingslager in der niedersächsischen Provinz Rotenburg. "Es ist jetzt wichtig, ein wenig Ablenkung zu haben", sagte Gisdol.

Die Situation ist prekär für die Hamburger — nur ein Sieg würde noch die dritte Relegation in vier Jahren verhindern. Der Druck ist entsprechend hoch. Vor dem Spiel gegen Wolfsburg steht für Gisdol daher auch nicht der Gegner, sondern die Situation im Vordergrund. Für ihn könne der HSV "nur gewinnen".

Allerdings muss er wohl auf Stürmer Pierre-Michel Lasogga verzichten. Der Stürmer, der mit seinem Last-Minute-Treffer am vergangenen Samstag auf Schalke (1:1) den HSV überhaupt am Leben hielt, leidet an einer Adduktorenverletzung. Bei Nicolai Müller und Aaron Hunt sieht es dagegen besser aus. Sie hätten nur "Blessuren, die Hoffnung machen, dass wir sie einsetzen können", erklärte Gisdol. Pessimistischer klingt dagegen Vereins-Ikone Uwe Seeler. "Wolfsburg ist fast besser besetzt. Ich glaube nicht, dass der HSV im Vorteil ist"

VfL Wolfsburg: "Es wird eine Nervenschlacht"

In Wolfsburg wurde hingegen auf ein Trainingslager verzichtet. "Wir können nirgendwo besser arbeiten als hier", sagte Trainer Andries Jonker. Maßnahmen ergriff der niederländische Trainer dennoch: Mit Christian Träsch, Borja Mayoral, Ashkan Dejagah, Justin Möbius und Riechedly Bazoer strich er insgesamt fünf Spieler aus dem Kader. "Ich habe es für besser gehalten, die Mannschaft aufzuteilen. Ich habe 25 fitte Spieler. So kann ich besser sehen, wer welches Training braucht", erklärte er seinen Schritt. Von zusätzlicher Motivation oder psychologischer Unterstützung sieht er jedoch ab. Allerdings änderte er die Trainingsroutine. Statt erst ab Donnerstag ließ er bereits die Einheit am Mittwoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit absolvieren.

Maximilian Arnold hat sich derweil schon ausgemalt, was am Samstag auf beide Teams zukommt. "Es wird eine Nervenschlacht", sagte der Mittelfeldspieler, "es wird einfach nur ums Kämpfen gehen, das wird mit Fußball wenig zu tun haben".

Hoffnung macht der Blick auf die Statistik: Der letzte Heimsieg des HSV gegen Wolfsburg datiert vom 1. April 2007. Und auch wenn ein Punkt dieses Mal reichen würde, will Jonker auf Sieg spielen: "Wir werden wie immer einen Plan machen, der dazu führen soll, den Gegner zu schlagen." Rund 6000 Anhänger sollen den VfL in Hamburg unterstützen.

Bundesliga 16/17: Das Restprogramm der Abstiegskandidaten
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Das Restprogramm der Abstiegskandidaten

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FC Augsburg: Kampfgeist und Torwartprobleme

Auch in Augsburg müssen sie am letzten Spieltag noch zittern — trotz eines zuletzt soliden 1:1-Remis gegen Borussia Dortmund. Gewinnt der HSV gegen Wolfsburg, kommt es bei einer eigenen Niederlage auf das Torverhältnis zwischen den Schwaben und den Niedersachsen an. Derzeit kann Augsburg die um ein Tor bessere Differenz aufweisen. Trainer Manuel Baum will sich aber auf diese Diskussionen erst gar nicht einlassen.

"Wir wollen den Klassenerhalt aus eigener Kraft schaffen", sagte er nach zuletzt drei Spielen ohne Niederlage. Gegen die TSG Hoffenheim würde dabei ein Punktgewinn bereits reichen. Allerdings geht es für die Kraichgauer auch noch um den Einzug in die Champions League — herschenken wird die TSG die Partie daher nicht.

Zu Beginn der Trainingswoche hatte Manager Stefan Reuter die Mannschaft auf dem Platz bereits wortgewaltig eingeschworen und auch Baum zeigt sich kämpferisch. Den Klassenerhalt habe "sich die Mannschaft nach diesem Saisonendspurt verdient", sagte der Trainer.

Im Tor könnte wie gegen Dortmund Andreas Luthe wieder zum Einsatz kommen, da Stammkeeper Marvin Hitz derweil nicht über einfache Laufeinheiten hinauskommt. Allerdings musste auch Luthe am Dienstag kurz pausieren. Ihn plagten schmerzen in der Oberschenkelmuskulatur Allerdings eine reine Vorsichtsmaßnahme, versicherte er.

(dbr)
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