Hingucker des 22. Bundesliga-Spieltages Hochnäsige Trainer, zerkratzte Schultern und ein verrückter Derby-Trip

In Berlin gab es ein verbales Scharmützel zwischen den Trainern, in Leverkusen stellte Roger Schmidt sich stur, dafür blieb bei der Fan-Demo vor dem rheinischen Derby alles friedlich – nur drei der Hingucker des 22. Bundesliga-Spieltages.

Thomas Müller legt sich Fallrückzieher-Traumtor selbst vor
8 Bilder

Müller legt sich Fallrückzieher-Traumtor selbst vor

8 Bilder
Foto: afp, CS

In Berlin gab es ein verbales Scharmützel zwischen den Trainern, in Leverkusen stellte Roger Schmidt sich stur, dafür blieb bei der Fan-Demo vor dem rheinischen Derby alles friedlich — nur drei der Hingucker des 22. Bundesliga-Spieltages.

Lisa Müller muss sich keine Sorgen machen, das stellte Karl-Heinz Rummenigge dann doch noch klar. "Ich habe gesehen, er hatte ein paar Kratzer da oben", berichtete der Vorstandschef von Bayern München nach seinem Kabinenbesuch über die rechte Schulter von Müllers Ehemann Thomas, "als ob ihn irgendeine Frau bei was auch immer da gekratzt hätte." Irgendeine Frau?! Bei was?! Nein, nein, beruhigte Rummenigge, "es war der Gegenspieler".

Thomas Müller hatte es beim 3:1 (0:1) gegen Darmstadt 98 phasenweise mit gleich sechs Kontrahenten zu tun - stoppen konnte den 26 Jahre alten Weltmeister letztlich keiner. Mit seinen Saisontreffern Nummer 16 und 17 (48. und 71.) sorgte er fast im Alleingang für die Wende, sein zweiter Treffer per Fallrückzieher nach Brustannahme war eines Tores des Monats würdig.

Oder, Herr Müller? "Wenn ich mal ein schönes Tor mache, will ich das nicht so hoch hängen", sagte er bei Sky, "wenn ich mal ein hässliches mache, ist das genauso viel wert."

Riesige Aufregung und ein Novum in der Bundesliga: Das Topspiel zwischen Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund (0:1) wurde für neun Minuten unterbrochen, weil Bayer-Trainer Roger Schmidt nach dem 0:1 (Pierre-Emerick Aubameyang, 64.) trotz Anweisung des Schiedsrichters Felix Zwayer (Berlin) nicht den Innenraum verlassen wollte.

Zwayer ging daraufhin in die Kabine und beriet sich mit seinen Assistenten. Die Mannschaften folgten ihm und kamen neun Minuten später wieder auf den Platz, das Spiel wurde unter Pfiffen der Zuschauer fortgesetzt. Schmidt setzte sich doch auf die Tribüne. "Ich habe zu lange gezögert zu gehen. Es war ein Fehler von mir", sagte er nach dem Spiel.

Anlass des ganzen Ärgers war eine strittige Szene: Aubameyangs Tor war eine Freistoß-Entscheidung in der BVB-Hälfte vorausgegangen. Die Dortmunder führten diesen Freistoß nach einem Foul des Leverkusener Stürmers Stefan Kießling schnell und mehrere Meter weiter vorne aus - aus Sicht der Bayer-Spieler und -Verantwortlichen zu weit vorne. Unmittelbar aus dem folgenden Spielzug entwickelte sich der Führungstreffer.

In der hektischen Schlussphase mit viel Gift und Galle gingen auch Pal Dardai und Dieter Hecking verbal aufeinander los. "Bist du bescheuert, oder was?", brüllte VfL-Coach Hecking seinem ebenso aufgebrachten Berliner Trainerkollegen entgegen. Dardai hielt daraufhin demonstrativ den Finger unter die Nase - eine Geste für Hochnäsigkeit.

"Er soll wissen, was das bedeutet", sagte der Hertha-Trainer nach dem 1:1 (0:0) zwischen Berlin und Wolfsburg bei Sky. Hecking wollte auf die Geste nicht eingehen, sauer hat ihn etwas anderes gemacht: "Mir geht es um die Szene, in der Ibisevic Foul spielt. Wie sich Pal da aufgeregt hat, das ist für mich unverständlich."

Auslöser des Trainer-Zoffs an der Seitenlinie war eine üble Grätsche von Vedad Ibisevic (89.), für die der Hertha-Torjäger von Schiedsrichter Sascha Stegemann die Gelbe Karte sah.

Leverkusens Soprtdirektor Rudi Völler war nach der Niederlage von Bayer Leverkusen gegen Borussia Dortmund und dem Eklat um Roger Schmidt außer Rand und Band. "Das Spiel zu unterbrechen und eine solche Hektik hineinzubringen, ist völlig unnötig. Die Spieler in die Kabine zu schicken, solch eine Nummer daraus zu machen, als sei etwas ganz Furchtbares passiert, ist völlig übertrieben", schimpfte Völler, sein Wutausbruch erinnerte an seine legendäre "Weißbier"-Rede nach dem DFB-Länderspiel in Island 2001.

In seiner ungebremsten Erregung warf Völler dem Schiedsrichter auch noch vor, er habe Bayer nach der Spielfortsetzung gezielt benachteiligt. "Er hat sich ja revanchiert. Deshalb hat er den Elfmeter nicht gepfiffen!", rief er in Anspielung auf ein Handspiel des Dortmunders Sokratis in der 71. Minute voller Sarkasmus ins Sky-Mikrofon von Sebastian Hellmann. Der Moderator hatte mit Völler seine liebe Not.

Die ganz große Derby-Stimmung kam beim 1:0-Erfolg von Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln nicht auf. Der Fanblock der Gäste war nach Auflagen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und einem darauf folgenden Boykott nicht einmal halb gefüllt, die Gladbacher Ultragruppe Sottocultura hatte aus Solidarität zudem zu einem Stimmungsboykott aufgerufen.

Stattdessen veranstalteten rund 600 Kölner Anhänger vor dem Spiel im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt eine Demonstration gegen mehrere Einschränkungen durch den DFB. Positiv war, dass der Protestzug gegen Kollektivstrafen, personalisierte Eintrittskarten und eine Kontingentierung der Tickets friedlich verlief. "Der Einsatzplan hat voll gegriffen. Es gab keinerlei Zusammenstöße oder Ingewahrsamnahmen", sagte Polizeisprecher Willy Theveßen.

Bayern Münchens Rafinha ist kein Kind von Traurigkeit. Am 22. Spieltag bekam dies Darmstadts Sandro Wagner zu spüren. Der Brasilianer hatte Glück, nicht die Rote Karte zu sehen. Nach einer Bogenlampe von Arturo Vidal war es zum Kopfballduell zwischen Wagner und Rafinha gekommen. Eigentlich eine klare Angelegenheit aus Sicht des hochgewachsenen Darmstädters, aber Rafinha kennt auch die fiesen Tricks, rammte seinem Gegenüber den Ellenbogen gegen die Brust.

Anschließend traf Rafinha seinen Gegenspieler sogar noch im Gesicht. "Das war eine Rote Karte", sagte sogar Rafinhas Trainer Pep Guardiola nach der Partie bei "Sky".

Von San Francisco in den Borussia-Park: Der Dülkener Clemens Vasters nahm an diesem Wochenende einiges auf sich, um seine Dauerkarte nicht verfallen zu lassen. Um kurz nach 1 Uhr deutscher Zeit am Samstagmorgen hob sein Flieger von Kalifornien Richtung Frankfurt ab. Um kurz vor 11 Uhr landete er in der hessischen Metropole. Von da an ging es per Flieger weiter nach Düsseldorf, wo er um 13.47 Uhr eintraf.

Über die A44, die A52 und die A61 ging es im Taxi nach Mönchengladbach. "In Frankfurt hatte ich mir Bargeld besorgt fürs Taxi, damit ich keine Zeit verliere beim Zahlen mit Kreditkarte", erzählt Vasters. "Als ich dem Fahrer gesagt habe, dass ich zum Borussia-Park will, war der schon ein bisschen perplex." Um 14.45 Uhr wurde Vasters auf Parkplatz P4 nahe des Hockey-Parks abgesetzt. Er eilte zum Auto seiner Frau, die den Schlüssel versteckt hatte. Schuhwechsel, Jackenwechsel, Dauerkarte in die Hand und ab zum Stadion. Geschafft!

"Große Spieler", sagte Matthias Sammer nach dem 3:1 (0:1) von Bayern München gegen Darmstadt 98, "sind in großen Spielen sehr, sehr wichtig." Und Franck Ribéry, daran gibt es für Sportvorstand Sammer trotz der langen Leidensgeschichte des kleinen Franzosen keinen Zweifel, "Franck Ribéry ist ein großer Spieler". Und deshalb sind sie vor wichtigen Wochen sehr froh beim FC Bayern, dass dieser Franck Ribéry jetzt wieder auf dem Platz steht.

Gegen Darmstadt gab der 32-Jährige mal wieder ein Comeback. Es war sein erstes Pflichtspiel seit dem 2:0 bei Dinamo Zagreb in der Champions League am 9. Dezember, sein erstes vor heimischem Publikum seit dem 11. März 2015 (7:0 gegen Schachtjor Donezk). Hartnäckige Probleme mit dem Sprunggelenk und ein Muskelbündelriss setzten ihn seither nicht nur in den großen Spielen außer Gefecht.

Jetzt aber ist er wieder da - und wie! "Er war sehr aktiv", lobte Trainer Pep Guardiola, Doppeltorschütze Thomas Müller meinte: "Franck hat gezeigt, was er drauf hat. Das war keine Überraschung, aber schön war es trotzdem." Ribéry trug nach seiner Einwechslung (53.) mit vier Torschussvorlagen (Topwert) und einem Assist zur Wende bei. Dass er sein Comeback nicht noch mit einem Tor krönte, war dem Eigensinn von Robert Lewandowski geschuldet, der den frei stehenden Kollegen übersah (86.).

Für Serdar Tasci läuft es in seiner Anfangszeit bei Bayern München nocht nicht rund. Erst erlitt er eine Gehirnerschützterung, noch bevor er seine erste Pflichtspiel-Minute absolviert hatte. Nun verlief auch das Debüt etwas unglücklich. Beim 3:1-Sieg des Rekordmeisters gegen Darmstadt sah der Verteidiger beim einzigen Gegentor nicht gut aus.

Erst entwischte ihm sein Gegenspieler Sandro Wagner, dann war Tasci auch noch mit Lamentieren beschäftigt, anstatt den Darmstädter Stürmer doch noch am Torabschluss zu hindern. "Man hat gemerkt, dass mir die Spielpraxis fehlt", sagte Tasci, der aus der russischen Liga nach München gewechselt war. Dort fand der bis dato letzte Spieltag am 3. Dezember statt.

Mark Uth erzielte zwar die Tore, doch selbst für den ersten Doppelpack des 24-Jährigen in der Bundesliga erntete Trainer-Shootingstar Julian Nagelsmann die Lorbeeren. "Der Trainer sagt uns, dass wir nach vorne spielen und Spaß haben sollen. Das haben wir getan", sagte Uth nach seinen beiden Treffern (68. und 76.) beim 3:2 (1:1) von 1899 Hoffenheim gegen den FSV Mainz 05.

Der nur vier Jahre ältere Nagelsmann gab das Lob natürlich umgehend an seinen Stürmer zurück. "Er hat eine tolle Trainingswoche gehabt, deswegen hat er heute gespielt. Das Vertrauen hat er mit den zwei Treffern zurückgezahlt", sagte der jüngste Bundesliga-Chefcoach über Uth, der zum ersten Mal seit dem 13. Spieltag wieder in der Startelf stand.

Seinen Platz in der Anfangsformation hatte der gebürtige Kölner vor allem der offensiven Ausrichtung des Nachfolgers von Huub Stevens zu verdanken. Nagelsmann, der dem Abstiegskampf mit offenem Visier begegnen will, setzte auf ein 4-3-3-System. Erst dadurch wurde ein Platz für Uth auf der Rechtsaußen-Position frei. Auf eine gewisse Art und Weise war Nagelsmann also tatsächlich für die Uth-Tore verantwortlich...

(areh/sid/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort