Amerell gegen den DFB Ein Drama mit vielen Verlierern

München/Düsseldorf (RPO). Die Fronten haben sich verhärtet. Der ehemalige Schiedsrichtersprecher Amerell wirft dem DFB-Präsidenten Zwanziger Erpressung vor und will ehemalige Kollegen verklagen. Das Drama könnte mit vielen Verlierern enden.

Das ist Manfred Amerell
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Für ein paar Stunden sah alles nach einem Burgfrieden aus. Doch am Abend, nachdem sich der Deutsche Fußball-Bund und der ehemalige Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell (63) außergerichtlich geeinigt hatten, legte der ehemalige Referee im Privatfernsehen bei "Kerner" mächtig nach. Er sei nicht freiwillig zurückgetreten, sondern vom DFB-Präsidenten Theo Zwanziger gezwungen worden.

"Ich wurde erpresst", sagte Amerell. Der DFB weist das als "absurd" zurück. Er darf Amerell nach dem außergerichtlichen Vergleich weiterhin "sexuelle Belästigung und Übergriffe" auf andere Schiedsrichter vorwerfen. Aber Amerell bekam Akteneinsicht und hat nun die Namen von vier ehemaligen Kollegen, die ihn beim Verband belastet hatten. Er will sie verklagen. "Die Herrschaften werden vom Staatsanwalt hören. Hinter der Anonymität können sie sich nicht mehr verstecken", erklärte Amerell. Die Schlammschlacht geht also weiter.

An ihrem Ende könnten viele Verlierer stehen. Der erste ist Michael Kempter, ein 27 Jahre alter Schiedsrichter, der die Affäre in Gang gebracht hatte. Er berichtete dem DFB davon, dass Amerell ihn sexuell bedrängt und als Gegenleistung dafür in seiner Laufbahn gefördert habe.

Der 63-Jährige bestreitet das, und er legte im Fernsehen E-Mails von Kempter vor, die beweisen sollen, dass es sich um eine einverständliche Beziehung gehandelt habe. Damit bezichtigt er den 27-Jährigen der Lüge. Kempter sagte "Bild online": "Er hat angekündigt, wenn er untergeht, nimmt er mich mit. Das macht er jetzt wahr."

Eine ähnliche Absicht darf ihm bei der Klage gegen die anderen Belastungszeugen unterstellt werden. Und obwohl er sich verpflichtet hat, 25 000 Euro zu zahlen, wenn er die Namen nennt, ist Amerell sicher: "Die werden herauskommen." Den ehemaligen Kollegen droht das gleiche Schicksal wie Kempter, der morgen in der Zweiten Liga bei Union Berlin - Duisburg pfeifen sollte, vom DFB aber abgesetzt wurde.

Sie wären die nächsten großen Verlierer in einem Drama, das viel ahnen lässt über die von der Öffentlichkeit abgeschottete Gesellschaft der Schiedsrichter, in der nur aufsteigen kann, wer positiv beurteilt wird. Das gilt in allen Spielklassen. Und dass schon mal jemand begünstigt wird, weil er bessere Beziehungen als ein Konkurrent hat, ist längst kein Geheimnis mehr.

Die Geschichte von Amerell, Kempter und anderen Unparteiischen könnte demnach wirklich eine vom Amtsmissbrauch des großen Vorgesetzten sein. Es ist in jedem Fall eine von Hoffnungen, Eitelkeiten und schmuddeligen Schuldzuweisungen.

Amerell ist gegenwärtig der große Verlierer. Doch er ist fest entschlossen, nicht der einzige zu bleiben. Und noch ist nicht heraus, ob Zwanziger der prominenteste Verlierer in diesem Spiel wird. Es könnte aber sein. "Wenn wir diesen Prozess verlieren, muss ich selbstverständlich zurücktreten", hat er gesagt, "dieser Fall träte ein, wenn die Aussagen aller jungen Schiedsrichter, die wir zu schützen haben, und ihre eidesstattlichen Erklärungen falsch wären."

Dann müsste sich der DFB-Präsident Amerells theatralischen Vorwurf gefallen lassen, er habe "die Ehre von Menschen auf dem Altar der Öffentlichkeit geopfert". Spekuliert wird über einen außerordentlichen DFB-Parteitag Ende April. Und es fiel bereits der Name Franz Beckenbauer. Der war schon mal Präsident — bei Bayern.

(RP)
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