Bundesliga-Kommentar Der HSV hat kein Konzept

Meinung · Die Norddeutschen feuern Trainer Bruno Labbadia und holen Markus Gisdol. An den Problemen wird das aber nichts ändern, denn seit Jahren gibt es beim HSV keine vernünftige Vereinspolitik.

Hamburger SV: "Trainer-Rauswurf zeigt die Lächerlichkeit" – Pressestimmen
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5. Spieltag: Pressestimmen

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Der Hamburger Sportverein hat 75.000 Mitglieder. Er gehört zum Inventar der Fußball-Bundesliga, er ist noch nie abgestiegen, und er wurde in seiner Glanzzeit sogar mal Europapokalsieger der Landesmeister. Er hat vor der Saison mit Hilfe eines sehr finanzkräftigen Helfers 33 Millionen Euro in die Verbesserung des Teams investiert. Und er hat in den vergangenen zwölf Jahren 14 Trainer verschlissen.

In diesen schönen Tatsachen sind die hausgemachten Probleme des Vereins aufbewahrt. 75.000 Mitglieder können ganz schön Druck machen. Sie erinnern sich sehr gut an bessere Zeiten, und sie sind nicht sehr geduldig, weil sie es für ein natürliches Recht ihres großen Klubs halten, zu den ganz Großen aufzuschließen. Die Ungeduld der Mitglieder spiegelt sich in der hektisch agierenden Vereinsführung und deren ausgeprägter Bereitschaft, sich von Trainern in Rekordzeit zu trennen.

Konzepte sind in Hamburg nicht erkennbar. Seit vielen Jahren leidet die Bilanz des einst führenden deutschen Klubs unter verheerenden Abwehrleistungen. Statt ein wenig Geld und noch mehr Aufbauarbeit in die Defensive zu investieren, wirft der Verein Geld, das ihm der Milliardär Klaus-Michael Kühne aufdrängt, für eine inflationär besetzte Offensivreihe heraus. Kühne bindet seine Finanzhilfe ganz offenbar an Vorgaben. Und weil er sich für einen berufenen Kenner hält, fragt er auch gerne mal laut nach, wann denn endlich sein Lieblingsspieler XY zum Einsatz kommt. Ganz schlimm wird es, wenn er dem Verein einen besonders schillernden Fußballer spendiert, der genau deshalb ständig spielt, weil er so teuer ist und so schöne Schlagzeilen sichert.

Aus dem Fall Rafael van der Vaart hat in Hamburg niemand gelernt. Obwohl sich der Holländer zum Glück für den HSV inzwischen verabschiedet hat, lässt sich das Bundesliga-Gründungsmitglied weiter von Kühne treiben. Das liegt nur zum Teil daran, dass die immer noch unbescheidenen Ansprüche aus der klammen Vereinskasse nicht finanziert werden können. Es liegt vor allem daran, dass es beim HSV keine vernünftige Vereinspolitik gibt.

Und daran ändern Trainerwechsel gar nichts.

(RP)
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