Kolumne: Gegenpressing Der Fußball kennt keine Sommerpause mehr

Düsseldorf · Das Hin und Her bei Transfers, Turniere mit überschaubarem sportlichen Wert machen ihn zum Ganzjahres-Konsumgut.

Pierre-Emerick Aubameyang und Co.: Die nervigsten Transfer-Theater der Bundesliga
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Die nervigsten Transfer-Hickhacks der vergangenen Jahre

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Früher gab es im Fußball die Sommerpause. Das war eine sinnvolle Einrichtung. Sie gewährte dem kickenden Personal ein paar Monate zur Entspannung, womöglich sogar zur Selbstfindung. Sie gab anderen Sportarten die Gelegenheit, sich aus dem langen Schatten des Fußballs zu lösen. Und sie führte Familien gerade noch rechtzeitig für ein einige Wochen wieder zusammen, deren innere Verbindung durch die eher einseitige Freizeit-Beschäftigung so mancher Familienmitglieder auf Dauer schweren Prüfungen ausgesetzt war.

Das war einmal. Fußball ist zum Ganzjahres-Konsumgut verkommen. Das liegt einerseits an den internationalen Verbänden, die alle Jahre wieder den Sommer zu einem beträchtlichen Teil mit Turnieren anfüllen, deren sportlicher Wert einer genaueren Betrachtung vermutlich nicht in allen Bereichen standhalten würde. Andererseits liegt es am Transfertheater, das in den Pausen zwischen den Spielzeiten alljährlich (nicht mal nur zur Sommerzeit) öffentlich aufgeführt wird.

Die segensreiche Erfindung der sozialen Medien macht aus den Bemühungen des Klubs B um den Spieler A, aus den Wünschen und Hoffnungen der Spielerberater, aus den Einschätzungen der Fans, aus der Spekulation um Summen, Unsummen und Ablösesummen ein munteres Hin und Her, mit dem sich so mancher den lieben, einst langen Tag verkürzt. So wird auch noch aus diesem Geschäft ein Teil der Unterhaltungsindustrie - das ist wahrscheinlich dann wieder ganz so, wie das deren Erfinder sich vorgestellt haben.

Da ist es fast ein Trost, dass einige der Hauptdarsteller in diesem Sommertheater nicht alle Details der Aufführung nur genießen. Man darf zum Beispiel davon ausgehen, dass Jörg Schmadtke, der Manager des 1. FC Köln, das Geschacher um den Wechsel des französischen Fußballers Anthony Modeste nach China nicht unbedingt mit äußerster Begeisterung betrieben hat. Er sah jedenfalls nicht so aus, wenn er die Geschichte mal wieder kommentieren musste, und er hörte sich auch nicht so an. Selbst wer gelegentliches Knurren zu Recht Schmadtkes Geschäftsmodell zuordnen kann, der weiß: Es gibt auch ein wirklich verärgertes Knurren, das deutlich über das freundliche Grundknurren hinausreicht.

Am Ende aber erfüllt beides seinen Zweck. Das Publikum fühlt sich unterhalten, und der Handel klappt dann doch. Darüber darf wieder in den sozialen Medien diskutiert werden, die den Stammtisch früherer Tage um ein paar Millionen Plätze erweitert haben. Und tatsächlich wird bald wieder Fußball gespielt.

So schließt sich der Kreis.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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