Gladbach-Fans aus der Schweiz 60.000 Kilometer für Borussia — in einer Saison

Mönchengladbach · Vier Schweizer stehen im Gladbacher Kader. Zwei stehen jedes Spiel im Fanblock. Zuletzt reisten die Schröders ihrer Borussia in einer Saison 60.000 Kilometer hinterher.

 Andi und Biggi Schröder im Glasgower Celtic Park.

Andi und Biggi Schröder im Glasgower Celtic Park.

Foto: Biggi Schröder

Früher waren es die Dänen, die besonders gut zu Borussia Mönchengladbach passten. In den großen 1970ern waren Männer wie Ulrik le Fevre, der kürzlich verstorbene Henning Jensen oder Allan Simonsen wesentliche Bestandteile der legendären Fohlenelf. Spricht man über die Jetztzeit, sind es die Schweizer, die eine Sonderrolle bei Borussia spielen. Ein Torhüter war 2001 der erste Eidgenosse am Niederrhein: Jörg Stiel, der aus St. Gallen kam. Es folgte, mäßig erfolgreich, David Degen (2006 bis 2008). Dann kam 2011 Lucien Favre, der Erneuerer, der Erwecker aus dem Waadtland. Schließlich ein Schweizer Spieler nach dem anderen: Granit Xhaka (2012 bis 2016), Yann Sommer (seit 2014), Josip Drmic (2015), Nico Elvedi (2015), Djibril Sow (2015, in diesem Jahr verkauft an Young Boys Bern) und zuletzt Denis Zakaria. In der Hinrunde dieser Saison gehörten Sommer, Elvedi und Zakaria zum ständigen Personal. Das gegenwärtige Gladbach ist auch Borussia Helvetica.

Tatsächlich begann die gemeinsame Geschichte der Borussen und der Schweizer aber viel früher, schon lange vor Stiel und Favre und Xhaka wurde die schwarz-weiß-grün-rot-weiße Beziehung gelebt. Nicht auf dem Rasen indes, sondern in der Nordkurve. Auch der Ursprung dieser Geschichte hat mit Torhütern zu tun und liegt im Kanton St. Gallen, in Wattwil. Das ist die Heimat von Andi Schröder. Er ist Berufsschullehrer, das ist sein Beruf. "Aber meine Berufung ist Borussia", sagt Schröder. Die Raute ist für ihn und seine Frau Brigitte, kurz Biggi, quasi der Fixstern. "Wir folgen der Raute, wohin sie auch geht", sagt Schröder. Das klingt pathetisch - und ist auch genau so gemeint. Denn das mit den Schröders und Borussia ist mehr als Fan-Sein. Es geht um eine tief verwurzelte Herzensangelegenheit, um echte Liebe.

Wer im Schweizer Kanton St. Gallen lebt und eine Dauerkarte sowohl für Heimspiele als auch für Auswärtspartien seines liebsten Klubs hat, der ist hoffnungslos verliebt. "Dazu stehen wir ohne Wenn und Aber", sagen die Schröders. Dass Biggi Schröder Borussia nahe steht, liegt auf der Hand, sie ist Mönchengladbacherin, kommt aus Rheydt und ist seit 1972 Fan der Borussen. Aber wie verfiel Andi, der gebürtige Schweizer, der Raute? Schuld an seiner Liebe ist einer, der ausschaut wie Otto Waalkes und einen grünen Pullover trug: Wolfgang Kleff, der Torwart der Gladbacher Meistermannschaft der 1970er Jahre. Schröder war auch Torhüter und Kleff sein Idol. Einmal, als in der Schule berühmte Menschen gezeichnet werden sollten, malte er Kleff in seinem markant-kultigen Torwartpullover mit dem Vertikalstreifen. Die Lehrerin schaute skeptisch, Andi Schröder trotzig. Sie kannte Kleff nicht? Pah!

Zunächst glaubten seine Eltern, es sei eine Phase. Doch die Phase hat nie aufgehört. 1984, bei Schröders zweitem Besuch auf dem Bökelberg, war erstmals die Schweizerfahne dabei, es gab ein 3:0 gegen die Bayern. Seither wehte sie im alt-ehrwürdigen Gladbacher Stadion in Block 15 und zog 2004 mit in Block 17 des Borussia-Parks um. Es ist der einzige rot-weiße Fleck der schwarz-weiß-grünen Nordkurve. 1993 gründete Schröder den Borussia-Fanclub Schweiz.

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Foto: Dirk Päffgen

1995, als die Borussen in Berlin Pokalsieger wurden, lernte er in der deutschen Hauptstadt Biggi kennen. Sie malte ihm ein Schweizerkreuz auf die Stirn, es funkte, zwei Jahre später zog sie in die Schweiz - das ist die kürzeste Kurzform dieser Romanze im Zeichen der Raute. Borussia geht über alles im Hause Schröder. "Wir leben Borussia", sagen beide. Der Beweis liegt auf der Straße: Satte 60.000 Kilometer haben die Schröders in der Saison 2016/2017, als die Borussen international unterwegs waren, mal eben für den Klub ihres Herzens zurückgelegt.

Dass dieser in den vergangenen Jahren zweimal vergleichsweise vor der Haustür spielte (zunächst 2014 in der Europa League beim FC Zürich und 2016 bei YB in Bern im Champions-League-Play-off), war den Schröders ein Fest. Endlich mal hatten sie ein "Heimspiel". Und 2016 kamen die Borussen im Rahmen ihrer Fohlentour durch die Schweiz zum Grillabend beim Schweizer Fanklub. "Das war uns eine große Ehre", sagt Biggi Schröder.

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Natürlich waren die Schröders, die eine Zweitwohnung in Gladbach haben, kurz vor Weihnachten in Gladbach zum Doppelpack mit dem Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV und dem Pokalspiel gegen Bayer Leverkusen. Schröder hatte am Dienstag Geburtstag, er wurde 53. Er und seine Frau haben den Tag am Trainingsplatz verbracht, er hat, wie immer, vor allem den Torhütern zugeschaut. Schließlich war er früher selbst ein Torhüter.

Und ein Torhüter war vor vielen Jahren der Grund, warum er sich in Borussia verliebte.

(kk)
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