Borussia Mönchengladbach Xhaka: "Ich bin viel erwachsener geworden"

Rottach-Egern · Seit drei Jahren spielt Granit Xhaka für Borussia Mönchengladbach. Vom vielversprechenden Talent ist er zur Führungsfigur herangewachsen. Im Trainingslager Rottach-Egern bereitet er sich mit dem Team auf die erste Champions-League-Spielzeit vor.

Granit Xhaka – Schweizer, Ex-Borusse, Führungsspieler
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Das ist Granit Xhaka

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Herr Xhaka, war die vergangene Saison besonders wichtig für Ihre Karriere?

Granit Xhaka Zunächst mal ist für die Mannschaft, den Verein, die Fans, in der vergangenen Saison ein Traum in Erfüllung gegangen. Wir spielen jetzt in der Champions League. Für mich persönlich war es das i-Pünktchen. Ich hatte am Anfang Probleme in Gladbach, es wurde dann von Jahr zu Jahr besser. Ich hatte im vergangenen Jahr von allen Seiten das Vertrauen - und das brauche ich als Spieler und als Mensch.

Sie haben sich bis 2019 plus ein Jahr Option an Borussia gebunden, trotz vieler anderer Optionen. War das auch ein Zeichen für Borussia?

Xhaka Auf jeden Fall. Ich habe mich geehrt gefühlt, dass der Verein auf mich zugekommen ist und mich unbedingt behalten wollte. Es war einfach: Ich musste nur Ja sagen, weil ich hier in Gladbach enorm glücklich bin. Ich wollte schon immer mit Borussia Champions League spielen, das ist mir, das ist uns jetzt gelungen. Und wir werden Vollgas geben.

Mit Ihnen als Boss im zentralen Mittelfeld.

Xhaka Ich würde nicht sagen, dass ich ein Boss bin. Wir sind eine Mannschaft. Ohne meine Mitspieler hätte ich nie so eine Saison spielen können. Ich probiere, meine Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Ob mich dann einer als Boss sieht oder nicht, das ist zweitrangig.

Sie sind ein Bauchspieler mit Herz. Aber sind Sie nun mehr auch ein Kopfspieler geworden als zuvor.

Xhaka Das kann man sagen. Man wird erfahrener und älter. Ich bin jetzt seit fast sechs Jahren im Profibereich dabei, da schaut man anders auf die Spiele. Man überlegt mehr, bevor man eine Aktion macht, ich versuche nicht mehr, alles zu bewegen mit jedem Ball. Ich bin viel ruhiger geworden, neben dem Platz und auf dem Platz, auch wenn es dann und wann mal einen Ausraster gibt. Das gehört zu mir, aber es ist problematisch, weil es dem Team schadet, das weiß ich - daran muss ich noch arbeiten. Aber ich bin da auf einem guten Weg.

Könnte man sagen, der besonnene Schweizer in Ihnen hat die Oberhand gewonnen über den impulsiven Teil, den Kosovo-Albaner?

Xhaka So würde ich das jetzt nicht sagen. Aber ich habe natürlich von beiden Seiten etwas und bin auf beide Seiten stolz. Wichtig ist, dass ich noch ruhiger werde und mir keine unnötigen Karten mehr abhole.

Daheim in der Schweiz wird viel darüber diskutiert, dass Sie in der Nationalmannschaft die Chefrolle übernehmen sollen.

Xhaka Es wird viel geschrieben und viel geredet. Für mich zählt nur die Leistung auf dem Platz. Die habe ich in letzter Zeit gezeigt. Bevor ich in den Urlaub gegangen bin, habe ich in einem Interview gesagt, dass ich gern in der Nati auf der Position spielen würde, auf der ich in Gladbach spiele. Nur da kann ich meine 100-prozentige Leistung bringen, nicht außen oder sonst wo. Ich war eigentlich nie der Zehnertyp, sondern mehr ein Achter. Aber auf der Position, die ich jetzt spiele, zentral vor der Abwehr, kann ich mein Spiel am besten machen. Ich kann das Spiel auslösen und habe viele Ballkontakte. Vielleicht fehlt noch das eine oder andere Tor.

Ihr Trainer Lucien Favre hat mit Ihnen viele Sonderschichten geschoben. Hat Favre Ihnen den entscheidenden Kick gegeben?

Xhaka Ganz sicher, vor allem im letzten Jahr. Ich habe da die Sachen, die er mir gesagt hat, noch ernster genommen. Der Trainer hat unglaubliche Fähigkeiten, Details in einem Spieler zu sehen, die zu verbessern sind. Ich bin total heiß darauf, zu lernen und alles richtig zu machen. Man sieht, dass sich die Arbeit lohnt.

Sie haben mit dem FC Basel bereits in der Champions League gespielt. Ist das ganz anders als die Europa League?

Xhaka Ja. Es ist Gänsehaut pur. Bevor es losgeht, werden wir, die wir da schon gespielt haben, vielleicht noch ein paar Worte an die Mannschaft richten, dass wir es einfach genießen sollten. Und wir müssen uns mittlerweile vor den Großen auch nicht mehr verstecken. Was wir letzte Saison geschafft haben, ist unglaublich. Wir werden respektiert, man kennt Gladbach wieder. Trotzdem kennen die anderen Teams unsere Spieler nicht so genau. Das müssen wir ausnutzen und sie überraschen. Wichtig ist, dass wir mental enorm bereit sind.

Ist es schwieriger von der Champions League auf die Bundesliga umzuschalten?

Xhaka In Deutschland nicht. Egal ob man gegen Bayern spielt oder Darmstadt - man muss immer 100 Prozent da sein. Das ist in der Schweiz anders. Da kann Basel auch mal mit 70 Prozent gewinnen.

In Gladbach ist mittlerweile ja fast ein ganzer Kanton an Schweizer Spielern versammelt. Warum sind die Schweizer in der Bundesliga so gefragt?

Xhaka Bei uns wird gute Nachwuchsarbeit gemacht. Darum haben wir gute junge Spieler und die trauen sich, den Schritt ins Ausland zu machen, auch wenn er sehr groß ist.

Was ist für Borussia drin in dieser Saison?

Xhaka Es wäre falsch, wenn wir uns selbst unter Druck setzen würden. Ich glaube nicht, dass man von uns erwartet, dass wir ohne weiteres wieder da stehen, wo wir letzte Saison waren. Es war einfach ein perfektes Jahr. Wir wollen erst mal von Spiel zu Spiel schauen. Die ersten Spiele in St. Pauli und Dortmund sind enorm schwer, da wird sich gleich zeigen, ob wir wirklich bereit sind. Ich bin aber überzeugt, dass wir sofort bereit sein werden.

Wie lange kann Gladbach noch mit Ihnen planen? Es gibt viele Gerüchte.

Xhaka Ich habe nicht umsonst bis 2019 verlängert habe, und ich bin enorm glücklich hier. Ich weiß natürlich nicht, was nächstes oder übernächstes Jahr passiert, aber ich werde mich 100 Prozent auf Gladbach konzentrieren. Ich will erfolgreich sein mit diesem Verein.

Sie haben sich kürzlich verlobt. Wann heiraten Sie?

Xhaka Das steht noch nicht fest. Meine Frau hat mich sehr verändert, ich bin viel erwachsener geworden, auch vorsichtiger. Meine Frau gibt mir die Kraft, die ich brauche. Und auch meine Familie. Ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich bin.

KARSTEN KELLERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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