Borussia Mönchengladbach Knipser im Abseits

Mönchengladbach · Branimir Hrgota ist Borussias zweitbester Torschütze und der drittbeste Scorer. Doch seit sechs Wochen hat er nicht mehr gespielt.

Das ist Branimir Hrgota
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Das ist Branimir Hrgota

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Foto: rtr, WR/

Ein Stürmer, der im Abseits steht, hat ein Problem. Auf dem Rasen stiehlt ihm der Pfiff des Schiedsrichters das Recht auf den Torschuss. Wenn er aber nicht die Gelegenheit bekommt, auf Torejagd zu gehen, weil er nicht spielt, ist das Problem weit größer. Branimir Hrgota geht es derzeit so bei Borussia. Sein letztes Tor erzielte er am 22. Februar. Damals rettete er Borussia als Joker per Kopf in letzter Minute das 1:1 in Hamburg. Hrgota war der Held des Tages — zum bisher letzten Mal. Am 1. März im Bundesligaspiel gegen Paderborn stand er zuletzt in der Startelf. Danach wurde er noch einmal eingewechselt — in den letzten Sekunden des Pokalspiels in Offenbach. Das war am 4. März. Seit sechs Wochen steht es also im Abseits.

Dabei ist seine Saisonbilanz bislang gut. Zwölf Tore hat er wettbewerbsübergreifend erzielt und sechs vorbereitet, mit acht internationalen Toren verdiente er sich den Kosenamen "Mr. Europacup". Und Trainer Lucien Favre war eigentlich immer ein Fan des Schweden. "Vergessen Sie Hrgota nicht", sagte er stets, wenn über Angriffsvarianten debattiert wurde. Nun aber scheint Hrgota bei Favre in Vergessenheit geraten zu sein. Denn der Trainer hat einen neuen Backup für den im Angriffszentrum meist gesetzten Max Kruse gefunden. Er hat Außenstürmer André Hahn zum Zentralstürmer umfunktioniert. In München und in Bielefeld machte Hahn den Mittelstürmer-Job als Startelf-Teilnehmer, beim 3:1 gegen Dortmund wurde er eingewechselt.

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Foto: afp, apr

Typ Phantom

"Wir sind sehr unterschiedliche Spielertypen", sagt Hrgota. Er ist ein regelrechter Knipser, hat einen schier unheimlichen Instinkt vor dem Tor. Er hat auch die nötige Körperlänge mit seinen 1,85 Metern, doch sind der Kopfball und das robuste Strafraumspiel nicht so sehr seine Sache. Hrgota ist ein Stürmer vom Typ Phantom, er kann fast gar nicht auffallen und ist dann plötzlich da. Doch scheint Favre derzeit mehr Wert auf körperliche Präsenz zu legen. Und da haben Kruse und auch Hahn mehr zu bieten. Zudem tun sie sich leichter, wenn schnell kombiniert wird.

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Foto: dpa/Guido Kirchner

All diese Qualitäten sind auch zu finden in der Jobbeschreibung für mögliche neue Offensivkräfte. Ein Typ wie Adrian Ramos, der lang, schnell, spielstark und variabel einsetzbar ist, könnte das sein, doch der Dortmunder, den Trainer Lucien Favre aus Berliner Tagen kennt, ist wohl nicht im Fokus. Eher schon der Mainzer Shinji Okazaki (29), der sehr körperlich spielt und trotz seiner nur 1,73 Meter stark beim Kopfball ist. 20 Zentimeter größer sind Leipzigs Yussuf Poulsen (20) und der Bremer Franco di Santo (26), die ebenfalls mit Borussia in Verbindung gebracht werden. Einer, der lang, schnell und variabel einsetzbar ist, kehrt im Sommer nach seiner Ausleihe zurück: Peniel Mlapa (24). Doch eine Zukunft in Gladbach dürfte er eher nicht haben.

Hrgota bleibt trotz der Meldungen über eventuelle neue Stürmer und seiner aktuellen Situation gelassen. Seine Tore und seine Vorlagen haben ihm viel Selbstvertrauen gegeben, von dem er nun in der Phase des Wartens zehrt. "Ich habe es nach der Winterpause gut gemacht, aber jetzt ist die Lage so. Warum es so ist, weiß ich nicht. Aber ich muss noch härter trainieren, dann komme ich zurück, das ist kein Problem. Ich mache mein Ding und biete mich an", sagt Hrgota.

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Der prädestinierte Joker

Er will seinen Torinstinkt in den letzten sechs Saisonspielen wieder vorführen, und das nicht nur auf dem Trainingsplatz. Möglichst schon am Freitag bei Eintracht Frankfurt (20.30 Uhr/Live-Ticker). Ob er die Gelegenheit dazu bekommt, "muss der Trainer entscheiden". Einer wie Hrgota ist jedenfalls nahezu prädestiniert für den Job als Joker. Sein Instinkt ist da, egal, ob er von Beginn an spielt oder eingewechselt wird, "das habe ich schon gezeigt", sagt er. Doch eine Zukunft als reiner Joker, das wäre dann doch nicht sein Wunsch. Er will regelmäßig spielen, auch um weiter seine Chancen zu bekommen im schwedischen Nationalteam, wo er schon mit dem großen Zlatan Ibrahimovic zusammengespielt hat. Dafür braucht er aber Spiele - in Gladbach oder, wenn nötig, auch woanders.

Kommen neue Offensivmänner und bleibt Hahn als Stürmer eingeloggt, könnte es schwer werden für Hrgota. Er hat noch einen Vertrag bis 2016 — wie die beiden anderen Skandinavier Oscar Wendt und Havard Nordtveit. Beide, so ist zu vermuten, sind Kandidaten für eine Verlängerung. Was das angeht, will Hrgota den Rest der Saison abwarten und dann mit seinem Berater sprechen, wie es weitergeht. Eine Ausleihe würde wohl nur Sinn machen, wenn sein Vertrag ausgeweitet wird. Die beiden anderen Optionen: wechseln und einen Neustart machen. Oder bleiben und kämpfen. Hrgota, 22, konzentriert sich zunächst aber nur auf die Gegenwart. Er setzt darauf, dass Favre seine Qualitäten kennt und ihm zeitnah die Chance gibt, sie zu wieder zeigen. Hrgota weiß: Tore können schnell alles ändern im Fußball. Und Tore kann er.

(RP)
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