Borussia Mönchengladbach Jung, begehrt — und manchmal überfordert

Mönchengladbach · Borussias Talente sorgen für Aufsehen. Die Erwartungen sind deutlich gestiegen. Trainer André Schubert bittet daher um Nachsicht.

 Nico Elvedi hat den Sprung ins Nationalteam geschafft.

Nico Elvedi hat den Sprung ins Nationalteam geschafft.

Foto: ap

Tobias Strobl ist schon wieder auf dem Rasen. Mit Reha-Trainer Andy Bluhm absolvierte der verletzte Defensivallrounder am Montag sein Programm. Der andere Rekonvaleszent stemmte im Kraftraum Gewichte: Raffael. "Ein Ziel vor Augen: Comeback", schrieb Borussia auf ihrer Facebook-Seite zu den Fotos der beiden Herren. Beide erholen sich von einem Muskelfaserriss. Beide sind erfahrene Spieler und eben deswegen wichtig für das Team mit den vielen jungen Spielern. "Weil es in der Regel die älteren und erfahrenen Spieler sind, die uns in solchen Spielen wie auf Schalke Stabilität geben. Von den jungen Spielern kann man es noch nicht erwarten, dass sie den ganzen Karren alleine ziehen", wird Sportdirektor Max Eberl auf Borussias Internetseite zitiert.

Er meint damit unter anderem Mo Dahoud, der beim 0:4 in Gelsenkirchen zur falschen Zeit den Zidane-Trick versuchte und damit ein Gegentor einleitete. Aber auch Spieler wie Andreas Christensen oder Nico Elvedi. Alle drei sind 20 Jahre alt, und haben im vergangenen Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Bei Borussia gehört Elvedi längst zum Stammpersonal von Trainer André Schubert, er ist vom Talent zum A-Nationalspieler geworden, war EM-Fahrer und hat soeben sein Start-Elf-Debüt bei der Schweiz gefeiert in Ungarn (3:2). "Es ist unglaublich, ein Höhepunkt folgt dem nächsten", sagte Elvedi zuletzt.

Trotz seines Höhenflugs ist er indes noch kein Spekulationsobjekt wie Christensen und Dahoud. Was Christensen angeht, würde Borussia den Dänen gern dem FC Chelsea endgültig abkaufen, sogar für eine Rekordsumme. Allerdings soll nun der FC Barcelona bereit sein, mehr als 20 Millionen Pfund zu zahlen, um ihn als langfristigen Nachfolger von Gerard Pique zu verpflichten. Das jedenfalls berichten englische Medien. Christensen gehört zu Europas Top-Talenten, und um die ranken sich von Anfang an Superlative. Auch Dahoud ist jung und begehrt. 30 Millionen Euro soll er dem FC Liverpool wert sein. Wenn halb Europa auf einen jungen Spieler schaut, ist es vorbei mit der ruhigen Entwicklung. Das erklärt, warum die beiden in der vergangenen Saison so unglaublich Zuverlässigen in dieser Spielzeit etwas schwankender sind in ihren Darbietungen. Dahoud, der sich gerade mit der deutschen U21 für die EM 2017 in Polen qualifiziert hat, hatte Trainer André Schubert zuletzt kritisiert, hatte intensivere Arbeit im Training angemahnt.

Als aber Strobl, der zu Saisonbeginn Dahouds Platz im zentralen Mittelfeld eingenommen hatte, ausfiel, kam Dahouds Chance. "Gegen Barcelona hat er es überragend gemacht", lobte Schubert. Doch "auf Schalke", beim 0:4, war es wieder anders. "Auswärts fehlt Mo manchmal dieses Vertrauen der Heimspiele. Dann ist das Zweikampfverhalten nicht entsprechend. Das sind Dinge, die er als 20-Jähriger lernen muss. Dass er, wenn er am gegnerischen Strafraum steht und sieben Mann hinter ihm stehen, diesen Ball wagen kann. Aber wenn er noch sieben vor sich hat, dann geht es eben um die Ballbehauptung, darum abzukappen und nicht den Zidane-Trick zu machen, der zum Ballverlust führt", sagte Schubert.

Doch Schubert weiß auch, dass sich insbesondere Dahouds Situation rasend schnell verändert hat. Vor einem Jahr, als er noch im Wartestand war, war er sozusagen das Versprechen eines tollen Talents, nun hat er auf der größten Bühne getanzt, die es gibt: in der Champions League. Das hat Konsequenzen: Die Erwartungen steigen und im Zentrum des Trubels sind die jungen Männer manchmal überfordert. "Da bitte ich um Nachsicht. Mo selbst merkt, dass er anders wahrgenommen wird als vor einem Jahr. Da wurde er nach einem Fehlpass angefeuert und aufgemuntert. Jetzt hat er 40 Spiele gemacht, darunter viele sehr gute, und dann wird schon mal geraunt auf den Rängen bei einem Fehlpass. Plötzlich ist es eine ganz andere Situation. Es sind junge Spieler, die machen noch Fehler. Da müssen wir sie unterstützen, dass sie nicht an Selbstvertrauen verlieren und nicht Zweifel bekommen. Dass wir sagen: Okay, war blöd. Das und das darfst du nicht machen. Aber hab' keine Zweifel an deiner Qualität", sagt Schubert.

Diese kann sich am besten an der Seite von erfahrenen Spielern wie Raffael oder Strobl entfalten. Ohne den ganz großen Druck, die Welt bewegen zu müssen. Darum wird das Comeback der beiden sehnsüchtig erwartet. "Raffa und Tobias sollen sich in Ruhe erholen. Ich hoffe, dass sie spätestens Mitte der Woche wieder einsteigen können. Ob es gegen Hamburg reicht, ist schwer zu sagen", sagte Schubert. Wenn nicht, müssen die Elvedis, Christensens und Dahouds wieder ohne sie klarkommen. Doch es ist ja Heimspiel.

(kk)
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