Borussia Mönchengladbach Drmic und Borussia brauchen einen Kompromiss

Dortmund · Der Ex-Leverkusener war auch in Dortmund nicht integriert ins Gladbacher Angriffsspiel.

 Noch nicht angekommen: Josip Drmic.

Noch nicht angekommen: Josip Drmic.

Foto: Dirk Päffgen

Was macht ein Sportdirektor, wenn er nach dem kollektiven Versagen der eigenen Mannschaft vor die Medien tritt und nach der Leistung eines Einzelnen gefragt wird? Richtig, er lehnt es ab, an dieser Stelle auf einen Einzelnen einzugehen, weil letztlich das Kollektiv die Niederlage zu verantworten habe. So handhabte es auch Max Eberl nach Borussias gruseligem 0:4 von Dortmund, als eine Journalistenfrage den Namen Josip Drmic ins Feld führte. Verständlich. Erwartbar. Professionell.

Und natürlich war es nicht so, dass der neue Schweizer Stoßstürmer der Hauptschuldige für die höchste Auftaktniederlage seit 1993 (0:4 gegen Frankfurt) war. Aber die 90 Minuten, in denen Borussias Profis nahezu alle auf demselben Niveau versagten, mehrten eben auch die Zweifel, ob sich in naher Zukunft ein Rezept finden lässt, in dem sich Drmic und Borussias bisher so erfolgreicher Spielstil gewinnbringend verbinden lassen.

Wie in St. Pauli, so versuchte sich Drmic auch in der ersten Halbzeit von Dortmund als Prellbock, als vorderster Ballverteiler, eben als mitspielender Stürmer, so wie sein Vorgänger Max Kruse diese Position interpretiert hatte. Und wieder war das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Klar, als vorderster Akteur einer (viel zu) tief stehenden Gäste-Mannschaft war der 23-Jährige vorne meist allein auf weiter Flur und gegen das Duo Mats Hummels/Sokratis stets zweiter Sieger (nur 13 Prozent gewonnene Zweikämpfe).

Aber was viel alarmierender ins Auge fiel, waren die technischen Fehler im Passspiel. Fast jede der wenigen Ballstafetten, die Borussia überhaupt bis in des Gegners Hälfte hinein zuwege brachte und die Drmic beinhalteten, endeten auch bei ihm - ganz einfach, weil der Ball von ihm beim Gegner landete.

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Natürlich lässt sich auch ins Feld führen, St. Pauli war das erste Pflichtspiel und Dortmund nun ein denkbar ungünstiges, doch die Frage: "Funktioniert ein neuer Stürmer bei Borussia oder nicht?" ist im Gladbacher Umfeld eben eine sehr sensible. Und eine viel diskutierte. Dass Drmic kein neuer Kruse ist, war allen von vornherein klar und wurde auch von Vereinsseite so kommuniziert.

Wenn der Ex-Leverkusener aber nun doch versucht, so zu agieren wie sein Vorgänger, wirft das Fragen auf. Und wenn es gar nicht an ihm liegt, sondern daran, dass seine Mitspieler (noch) keinen Weg finden, ihn seinen Stärken entsprechend in Szene zu setzen, wirft das genauso Fragen auf. Auf beide Fragen muss Lucien Favre Antworten finden.

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Foto: afp, PST/DG

Solange Drmic sich nur dem nahe liegenden Vergleich mit Kruse aussetzen lassen muss, können er und Borussia daran arbeiten, einen konstruktiven Kompromiss in der Spielweise zu finden. Doch sollte Drmic länger als angenommen ein Fremdkörper auf dem Platz bleiben, besteht die Gefahr, dass das Thema eine Eigendynamik entwickelt, die früher oder später den Namen Luuk de Jong in die öffentlichen Diskussionen einfließen lässt. Auch er kam 2012 in ein in der Vorsaison funktionierendes Kollektiv, auch er war ein anderer Spielertyp als sein Vorgänger, auch auf ihn hätte man die Spielweise hin modifizieren müssen.

Das Ende der Geschichte ist bekannt: De Jong und Favres Borussia fanden auf dem Rasen eben keinen konstruktiven Kompromiss, und unter dem Strich fungiert der teuerste Spieler der Vereinshistorie heute als Missverständnis. Drmic ist der zweitteuerste Borusse aller Zeiten.

Doch vielleicht kann das desillusionierende 0:4 von Dortmund Josip Drmic letztlich sogar helfen: Denn wenn Borussias Verantwortliche schmerzhaft erkennen mussten, dass der Umbruch doch größer ist als angenommen, wenn doch an mehr Stellen auf dem Platz neu justiert werden muss, dann böte sich auch die vorderste Sturm-Position dafür an.

(RP)
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