Interview mit Max Eberl, Teil II "International zu spielen ist keine Selbstverständlichkeit"

Mönchengladbach · Im zweiten Teil des RP-Interviews spricht Borussia Mönchengladbachs Manager Max Eberl über die Bilanz von Trainer André Schubert, den kommenden Gegner Hertha BSC und Demut trotz wachsenden Erfolgs.

Max Eberl: Seine Karriere in Gladbach, Leipzig und München
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Das ist Max Eberl

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Foto: dpa/Uwe Anspach

André Schubert ist schon dabei, das Team weiterzuentwickeln. Sind Sie zufrieden mit seiner Arbeit?

Eberl Man muss ja nur die nackten Zahlen nehmen: 22 Spiele, 42 Punkte. Das ist eine Bilanz, die nicht wegzudiskutieren ist. Wir sind sehr froh, in dieser Saison überhaupt noch mal über den Europapokal nachdenken zu dürfen. In der Rückrunde wird aber nur darüber gesprochen, dass wir etwas verspielen.

Ist es nicht so? Gerade, wenn man die Spiele in Mainz, Wolfsburg und Schalke anschaut: Borussia war total überlegen, blieb aber punktlos.

Eberl Es ist einfach so, dass wir nicht alle Spiele gewinnen können. Der Saisonstart mit fünf Niederlagen war ebenso wenig die Wahrheit wie die zehn Spiele, die wir im Anschluss daran nicht verloren haben. Eine Bundesliga-Saison ist immer ein Wellental. Natürlich ärgern wir uns über einzelne Spiele, die verlorengehen. Aber wir sollten dankbar sein, überhaupt noch darum zu spielen nach dem komplizierten Saisonstart. Das ist die Demut, die ich gerne weiter bei uns hätte statt des Wahnsinns, zu sagen, dass wir dreimal im Europapokal waren und nun das vierte Mal selbstverständlich sein muss. Wir sind erfolgshungrig und wir werden alles versuchen, aber es ist kein Selbstläufer. André hat den Turnaround geschafft. Dass jetzt an der Balance zwischen Offensive und Defensive noch gearbeitet wird, muss man ihm und der Mannschaft auch zugestehen. Es hat sich viel verändert, personell und in der Art des Fußballs.

Kam mancher Umbruch zu schnell?

Eberl In der Hinrunde haben wir uns für das aktive Spiel feiern lassen. Dass der Ansatz auch Schwächen hat, wissen wir. Und auch, dass sie behoben werden müssen. Aber das braucht Zeit. Dass zu viel gewechselt wurde, würde ich nicht sagen. Die Mannschaft gibt das her und wir haben schon immer von unserer Flexibilität gelebt. Die Idee des Trainers ist die Basis, auf der dann variiert werden kann. Klar ist aber, dass es kein System gibt, das nicht irgendwann am Ende angelangt ist. Es ist immer Bewegung drin. Mit Lucien Favre haben wir in der vergangenen Saison nahe an der Perfektion des Ballbesitzes gespielt - für unsere Verhältnisse. Jetzt spielen wir eine neue, aktivere Art des Fußballs, bei der aber die Basis, gut zu stehen, auch eingehalten werden muss.

Es wird schwerer, demütig zu sein ...

Eberl Wir wollen ja alle nach Europa und sind erfolgshungrig. Aber es gibt eben andere Klubs, die nun mal eher die Chance haben. Wenn diese Klubs schwächeln, müssen wir da sein, aber auf Top-Niveau. Wie in der vergangenen Saison. Aber wenn wir auch nicht stabil sind, sind wir in einem ganzen Reigen an Teams dabei, die um die internationalen Plätze spielen. International zu spielen ist für Borussia keine Selbstverständlichkeit, sondern etwas Besonderes.

Hertha, der Gegner vom Sonntag, spielt in dieser Saison die Rolle, die Borussia vorher spielte?

Eberl Hertha spielt eine unfassbar stabile Saison. Und Hertha hat den Vorteil, dass nicht jeden Tag gefragt wird, ob sie etwas verliert. Da sagt jeder: fantastisch, toll. Diesen psychologischen Bonus hatten wir vergangenes Jahr. Jetzt werden wir im Kontext Champions League wahrgenommen, in dem ich uns aber noch nicht dauerhaft sehe. Aber wir müssen uns rechtfertigen, wenn wir Spiele verlieren. Das muss Hertha momentan nicht, diesen Vorteil haben Newcomer. Aber ich bin stolz darauf, dass wir nicht nur Newcomer waren, sondern die Qualität erarbeitet haben, auch danach weiterhin oben mitzumischen.

Die Qualität ergibt sich auch aus einem breit aufgestellten Kader.

Eberl Wir sind froh, dass wir solch einen breiten Kader haben. Wir hatten sieben Langzeitverletzte in dieser Saison, allesamt Spieler, die uns im letzten Jahr in die Champions League gebracht haben. Vor fünf Jahren hatten wir sechs Langzeitverletzte und haben uns erst in der Relegation gerettet. Jetzt haben wir das aufgefangen und spielen sogar um Europa mit. Wir haben trotz der prekären Situation großen sportlichen Erfolg. Ich hätte es gerne gesehen, wenn der gesamte Kader zur Verfügung gestanden hätte. Aber wir sind im Reigen dabei und wollen jetzt das Bestmögliche daraus machen.

KARSTEN KELLERMANN FÜHRTE DAS INTERVIEW

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