Borussia Mönchengladbach "Ich genieße die Zeit, aber ich hebe nicht ab"

Mönchengladbach · Erstmals spricht Mahmoud Dahoud über seinen Aufstieg zum Stammspieler bei Borussia, seine Ziele und Ränder unter den Augen.

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Das ist Mahmoud Dahoud

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Foto: afp, pst/dg

Die Nervosität hat einen schweren Stand bei Mahmoud Dahoud. Da hält es der 19-Jährige auf dem Platz genauso wie bei seinem ersten Interview. Vorher mag man bei ihm manch unruhigen Blick erhaschen, aber sobald es los geht, ist Dahoud in seinem Element. Dann spielt und redet er frei von der Leber weg. "Bei der ersten Aktion, die gut läuft, ist aller Druck weg. Wenn du einen Knoten im Kopf hast, machst du nicht, was du kannst", sagt Borussias Shootingstar der vergangenen Wochen, und er lächelt fast ein bisschen über die Frage, wie er es denn schaffe, jegliche Form von Lampenfieber auszuschalten. "Entweder du spielst Fußball oder du bleibst lieber draußen", sagt Dahoud. Der Deutsch-Syrer meint das nicht überheblich. Er empfindet das einfach so.

Draußen geblieben ist er bei Borussia zuletzt nicht mehr. In seinem letzten Spiel als Gladbacher Trainer brachte Lucien Favre, Dahouds großer Förderer, seinen Schützling erstmals von Beginn an. Seitdem ist der Mann mit dem schier unzähmbaren, pechschwarzen Wuschelhaar nicht mehr aus der Startformation wegzudenken. Mit ihm endete das Experimentieren rund um die bestmögliche Doppelsechs. Mit ihm hat Granit Xhaka nun offenbar den bestmöglichen Partner gefunden. Für Dahoud geht damit in diesen Wochen ein Traum in Erfüllung. "Es ist schön. Es ist ein Knoten geplatzt für mich. Es tut gut, das Vertrauen vom Trainer zu spüren und auch von den Kollegen als wichtiger Spieler anerkannt zu werden", sagt er.

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Foto: Dirk Päffgen

"Die Geduld war da"

Dabei hatte er sich viele Monate in Geduld üben müssen, denn obwohl Favre stets von den Qualitäten Dahouds schwärmte, reichte es für diesen nur zu Kurzeinsätzen. "Es war schon manchmal schwer, aber die Geduld war da", erzählt Dahoud. Geduld war letztlich auch das, was er maßgeblich unter Favre lernte — auf und neben dem Platz. Und auf dem Platz besticht er nun unter André Schubert durch Übersicht, Passsicherheit und einen Einfluss aufs Spiel, der für sein Alter bemerkenswert ist. "Für mich ist es in der U19 oder U23 viel schwieriger mich einzufinden als oben bei den Profis, weil es in der Bundesliga viel mehr System gibt. Unten ist es viel wuseliger", erklärt Dahoud sein schnelles Zurechtfinden in der Bundesliga.

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Foto: Dirk Päffgen

Dort imponiert er noch durch einen weiteren Punkt: durch seine enorme Laufleistung. "Nach vorne geht immer etwas, da weiß ich auch manchmal gar nicht, woher die Kraft noch kommt. Nach hinten ist es schon ein bisschen schwer. Aber man muss halt in beide Richtungen konzentriert arbeiten", sagt er. Doch die ersten Englischen Wochen seiner noch jungen Startelf-Karriere sind letztlich auch an einem Dauerläufer wie ihm nicht spurlos vorbeigegangen. Das gibt er offen zu. "Nach dem vierten Spiel in Folge hatte ich fast schon Ränder unter den Augen. Ich habe ein Foto von mir gemacht. Da sieht man es ganz deutlich", sagt Dahoud und schneidet zur Vorsicht noch mal die passende Grimasse zum Foto.

Wenn ein Jungspund derart in den Fokus der Öffentlichkeit durchstartet, sieht sich ein Verein bisweilen gezwungen, aktiv einen Gang rauszunehmen, um den Hype zu bremsen und dem Betreffenden die Bodenhaftung zu bewahren. Bei Dahoud scheint das nicht vonnöten. Das zumindest legt er selbst nahe. "Ich habe jetzt fünf Spiele von Anfang an gespielt. Aber ich ruhe mich doch jetzt nicht darauf aus und denke, ich bin jetzt Stammspieler. Ich hebe nicht ab, sondern will demütig sein und jeden Tag an mir arbeiten. Ich genieße diese Zeit gerade in vollen Zügen. Aber ich bereite mich auch darauf vor, dass es mal wieder abwärts geht. Und wenn so eine Zeit kommt, muss ich mich eben wieder durchbeißen", sagt Dahoud.

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Foto: dpa, cas hak

Im Training lernen ("Manchmal bin ich zu verspielt, aber das ist eben auch meine Art. Und meine Flugbälle sind ein Skandal", schmunzelt er), aber privat abschalten, das ist Dahouds Devise. "Mit Freunden bei mir zu Hause sitzen, quatschen, lachen, und meine Mutter kocht etwas Leckeres, das ist es. Aber der Typ, der Fifa spielt oder feiern geht, bin ich nicht", sagt er. Aber wenn er sich in den kommenden Jahren so weiterentwickelt, ist er womöglich irgendwann mal ein Mann für die deutsche A-Nationalmannschaft. Träumt er davon? "Wer träumt denn nicht davon?", lautet Dahouds Gegenfrage. Er lernt eben schnell. Auf dem Platz wie in Interviews.

(klü)
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