Borussia Mönchengladbach Das sind die Ultras

Mönchengladbach · Sie machen im Stadion Stimmung, halten sich für die wahren Fans und akzeptieren nur ihre eigenen Regeln.

 Beim Fanmarschi demonstrierten im Herbst 1500 Ultras und Fans für die Fankultur.

Beim Fanmarschi demonstrierten im Herbst 1500 Ultras und Fans für die Fankultur.

Foto: Reichartz

Vergangene Woche in Hamburg hatten Borussias Ultras Grund zum Feiern. Nicht wegen des Spiels, das ging 2:3 verloren. Doch hatten die Fahnen, Doppelhalter und Plakate mitgebracht, um sich selbst zu zelebrieren: Seit sieben Jahren besteht nun die größte Gladbacher Ultra-Vereinigung "Sottocultura". Es gibt weitere: "Ascendente", das ist sozusagen die Nachwuchsriege der Ultras. Und es gibt die Ultra-nahen Gruppierungen "Begleitservice" und "Obsession".

 Wütende Ultras sind auf dem Zaun im Fanblock.

Wütende Ultras sind auf dem Zaun im Fanblock.

Foto: Wiechmann

Philip Hülsen, der das sozialpädagogische Fanprojekt "de Kull" leitet, in dem auch die Mitglieder der Ultraszene betreut werden. "Die Szene", sagt Hülsen, "hat ihren Ursprung im italienischen Fußball. Sie wächst schnell und ist inzwischen die größte Jugendkultur Europas. Es gibt da ganz verschiedene Strömungen, es ist eine sehr heterogene Szene". Heterogen bedeutet: Die Szene ist sehr vielfältig "Es kann jeder Ultra sein. Es kommt nicht darauf an, wer man ist oder woher man kommt. Das Selbstverständnis der Ultras ist unpolitisch", sagt Hülsen. Dass es auch politisch Extreme in der Kurve gibt, liegt da nahe — "jede Fanszene ist ein Querschnitt der Gesellschaft", sagt Hülsen.

 Auch das ist ein Werk der Gladbacher Ultras: Die Choreographie zum Champions-League-Spiel gegen Manchester City.

Auch das ist ein Werk der Gladbacher Ultras: Die Choreographie zum Champions-League-Spiel gegen Manchester City.

Foto: Dirk Päffgen

1996 gab es die ersten Ultras in Gladbach. "Commando Ultra Nero Verde" nannte sich die Gruppe. Später gab es auch das "Scenario Fanatico", das dann aber von Borussia verboten wurde, und die "Mönchsbande". 2003 gründeten sich die "Ultras MG", die sich nach dem Fahnenklau am Rande eines Derbys 2008 auflösten. 2009 wurde dann "Sottocultura" gegründet. Etwa 600 Mitglieder hat die Gladbacher Ultra-Szene aktuell, zudem gibt es einen Förderkreis mit rund 800 Mitgliedern, dem auch viele Nicht-Ultras angehören.

"Sub-Kultur" heißt "Sottocultura" übersetzt, und als solche verstehen sich die Ultras: als Freidenker der Fanszene. Sie sind gegen Kommerz und kämpfen gern für die Rechte der Fans. Vor allem aber: Sie sehen sich als der aktivste Teil der Fanszene. Die Ultras machen Stimmung. Und die Ultras organisieren Choreos. "Sie sorgen für optischen und akustischen Support", sagt Thomas Jaspers, Fanbetreuer Borussias.

Allerdings polarisieren die Ultras in der Fanszene. Wie sehr, das zeigen die emotionalen Debatten in diversen sozialen Netzwerken am Rande des Derbys. Dass sie sich als "bessere Fans" sehen, werfen ihnen Kritiker vor. Dass sie nicht zulassen, was von anderen kommt. Beispielsweise Gesänge in der Kurve. Dort sorgen die Ultras für organisierten Support (worauf sie morgen beim Derby gegen Köln verzichten).

Vor allem aber haben die Ultras eigene Spielregeln, die ihrem Kodex, nicht immer aber der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Zum Selbstverständnis der Ultras gehören auch Pyrotechnik und Provokation, "sie haben ein eigenes Rechtsverständnis, das dem der Polizei wiedersprechen kann" weiß Hülsen. Zudem pflegen Ultras gern den martialischen Auftritt — wie einst in Zürich.

Außerdem ist ein Teil der Ultra-Szene gewaltbereit. Ursprung ist auch da das eigene Selbstverständnis und das ist bei den Gladbach-Ultras insbesondere definiert über die Raute: Wer nicht dafür ist, ist der Feind. Daher ist das Konfliktpotenzial groß. "Wenn zwei rivalisierende Ultragruppen aufeinander treffen, kommt es meist zu Auseinandersetzungen. Das ist vergleichbar mit dem Verhalten von Jugendgangs, es geht darum, territoriale Ansprüche zu verteidigen", erklärt "Peppo" Hülsen.

(RP)
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