Borussia Mönchengladbach Kramer ist der zehnte Leverkusener in 23 Jahren

Mönchengladbach · Erst zwei Spieler sind von Borussia Mönchengladbach zu Bayer Leverkusen gewechselt. Die Transfer-Autobahn zwischen beiden Klubs ist seit Jahren einspurig. Nicht immer waren Bayer-Profis für die Borussia ein Glücksgriff.

Borussia Mönchengladbach: Die meisten Spieler kamen vom FC Schalke 04
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Von diesen Klubs holte Borussia die meisten Spieler

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Foto: dpa/Marius Becker

3, 46, 57, 52, 61 — dabei handelt es sich nicht um die Gewinnzahlen einer argentinischen Weihnachtslotterie, sondern um die Autobahnen, die von Leverkusen nach Mönchengladbach führen. Die Fahrt ist, wie fast überall in Nordrhein-Westfalen, umständlich und staulastig. Weitaus angenehmer reist es sich dagegen auf der Transfer-Autobahn zwischen den Bundesliga-Klubs beider Großstädte. Mit der Verpflichtung von Christoph Kramer bedient sich Borussia Mönchengladbach zum zehnten Mal in den vergangenen 23 Jahren bei Bayer Leverkusen. In diesem Zeitraum waren nur Spieler des SC Freiburg (acht) und des FC Schalke (sechs) annähernd so beliebt.

Bereits im vergangenen Sommer schnappte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl in Leverkusen zu. Josip Drmic, der sich bei Bayer im Sturm nicht hatte durchsetzen können, wurde für zehn Millionen Euro geholt. Nun also kommt Weltmeister Kramer nach einem ähnlich durchwachsenen Intermezzo für 15 Millionen Euro, was den Werksklub gleichauf mit dem FC Basel zu dem Verein macht, der in der Bundesliga-Historie am meisten Geld aus Mönchengladbach erhalten hat.

Die Geschäfte zwischen der Borussia und Bayer werden allerdings sehr einseitig abgewickelt. Holger Fach ging als frischgebackener Pokalsieger 1995 nach Leverkusen. Den Namen Walter Posner (zwei Bundesligaspiele für Gladbach in der Saison 1974/75) hat man eher als Leverkusen-Fan auf dem Schirm. Für Bayer machte der Verteidiger in neun Jahren fast 300 Spiele.

Anhand der Profis, die die 42 Kilometer Luftlinie zwischen Leverkusen und Mönchengladbach zurücklegten, lässt sich meist der Entwicklungsstand der Borussia zu jener Zeit nacherzählen. Heiko Herrlich machte 1993 als junger Stürmer den Anfang, traf für den VfL 34-mal in zwei Jahren, wurde Torschützenkönig und Pokalsieger — und zog dann nach einem der unschönsten Transfer-Hickhacks der Bundesliga-Geschichte weiter zu Borussia Dortmund.

Ioan Lupescu kam 1996 als gestandener rumänischer Nationalspieler aus Leverkusen, das zuvor nur knapp dem Abstieg entgangen war. Auch er blieb zwei Jahre in Gladbach. 1998 wurde in Markus Feldhoff ein Stürmer an der Schwelle zum ewigen Talent geholt, der diese am Niederrhein schließlich überschritt und mit der Borussia genauso abstieg. Jörg Schmadtke, der kurz nach dem Wechsel seine Karriere beendete, war da schon Co-Trainer.

Es dauerte bis 2003, dass Gladbach die Geschäftsbeziehungen mit Leverkusen wieder aufnahm. Der Nigerianer Pascal Ojigwe lief nur siebenmal in der Bundesliga für den VfL auf. Immerhin konnte er sich damit trösten, dass Transferflops am Bökelberg eher die Regel als die Ausnahme waren. Er fiel nicht weiter auf.

Deutlich bergauf ging es mit Oliver Neuville — zwar nicht für den ganzen Verein, aber für die Bilanz ehemaliger Leverkusener in Mönchengladbach. Auf der Zielgeraden seiner Laufbahn avancierte der wuselige Stürmer zum Publikumsliebling. Den zweiten Bundesliga-Abstieg konnte Neuville nicht verhindern, dafür aber einiges zur direkten Rückkehr ins Oberhaus beitragen. Zudem schoss er bei der WM 2006 als Spieler der Borussia das legendäre Last-Minute-Tor für Deutschland gegen Polen und kurz darauf das "Tor des Jahres" in einem Testspiel gegen Galatasaray.

Wieder trister wurde es 2008 mit dem achten im Bunde, Jan-Ingwer Callsen-Bracker. Meist war der Abwehrspieler verletzt, 14 Einsätze für die Borussia stehen in seiner Vita, davon gingen elf verloren und einen der drei Siege gab es im DFB-Pokal gegen Fichte Bielefeld.

Viermal hatte bis dahin Rolf Rüssmann in Leverkusen eingekauft, zweimal Christian Hochstätter und einmal Christian Ziege. Eberl war schon fast fünf Jahre Borussias Sportdirektor, als er 2013 den Deal mit Christoph Kramer einfädelte. Der war bis dahin eher ein Insidertipp aus der 2. Bundesliga, Bayer hatte ihn an den VfL Bochum verliehen. Ein Jahr nach seinem Wechsel nach Gladbach, wieder auf Leihbasis, war Kramer plötzlich Weltmeister.

Josip Drmic wechselte 2015 mit Vorschusslorbeeren, die stammten jedoch aus seiner Zeit beim 1. FC Nürnberg, für den der Schweizer 17 Tore in einer Saison erzielt hatte. In Leverkusen wurde er nicht glücklich, und wo es bereits an Glück mangelte, kam in Gladbach — frei nach Jürgen Wegmann — auch noch Pech dazu. Nach einem erfolglosen halben Jahr verlieh die Borussia Drmic an den Hamburger SV. Dort zog er sich einen Knorpelschaden zu und verpasste die EM.

Unterm Strich wäre Kramer also gut beraten, sich als Leverkusener in Mönchengladbach einfach an seiner eigenen Erfolgsgeschichte zu orientieren.

(jaso)
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