Borussia Mönchengladbach Wie Hecking den richtigen Ton trifft

Mönchengladbach · Pragmatisch, direkt, unaufgeregt – Borussias Trainer weiß nach mehr als einem Jahrzehnt Bundesliga, wie er Ziele mit Worten erreichen kann.

Dieter Hecking im Porträt: Trainerstationen, Erfolge
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Das ist Dieter Hecking

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Foto: dpa/Marius Becker

Pragmatisch, direkt, unaufgeregt — Borussias Trainer weiß nach mehr als einem Jahrzehnt Bundesliga, wie er Ziele mit Worten erreichen kann.

Dieter Hecking ist zu lange dabei, um sich von Testspielergebnissen aus der Ruhe bringen zu lassen. Missfallen hatten ihm die beiden Niederlagen im Trainingslager dennoch. "Da hat uns die letzte Gier gefehlt, nicht zu verlieren, sondern wenigstens 1:1 zu spielen", sagte Hecking nach dem 1:2 gegen Lucien Favres Nizza und bemängelte in gewisser Weise die Einstellung seines Teams. Ähnliche Worte gab es ein paar Tage später nach dem 1:2 gegen Nürnberg. Heckings Schlussfolgerung: "Es müssen sich Typen entwickeln, die sich dann dagegen stemmen." Das taten die Borussen prompt gegen Málaga und gaben diesmal keine Führung aus der Hand, sondern drehten selbst einen Rückstand in der Schlussphase. Das untermauerte den Eindruck, dass der Trainer verblüffend häufig den richtigen Ton trifft — wie so oft in sieben Monaten bei Borussia.

14. Januar: "Wenn die Mannschaft mir nochmal ihr zweites Gesicht zeigen wollte, dann hat sie das gut gemacht."

Nach zwei schwachem Auftritten beim Telekom Cup in Düsseldorf, unmittelbar nach dem sehr gelungenen Trainingslager in Marbella, verteilt Hecking den ersten Rüffel — sarkastisch und treffend, nicht polternd.

28. Januar: "Natürlich sind wir sehr begeistert von unserem Auftritt, aber: Gemach, gemach!"

Christoph Kramer spricht nach dem ersten Sieg, dem furiosen 3:2 in Leverkusen, regelrecht beseelt über den neuen Trainer. Doch der drückt sanft auf die Euphoriebremse.

23. Februar: "In der Halbzeit haben wir uns gesagt: Wir haben noch ein Viertel der 180 Minuten, das müssen wir klar für uns entscheiden."

Seine pragmatische Seite zeigt Hecking in Florenz in der Europa League. Die Mannschaft gehorcht und entscheidet die zweite Halbzeit mit 3:0 für sich - ziemlich "klar" also.

28. Februar: "Für mich zählt das Thema Müdigkeit nicht. Es gibt nichts Schöneres, als alle drei Tage zu spielen."

Ein Schleifer der alten Schule ist Borussias Trainer nun wirklich nicht, er laviert nur nicht gerne. Als "klare Kante" ist das in den vergangenen Monaten oft beschrieben worden.

15. März: "Das Spiel habe ich mir angeguckt, sie haben es verdient gewonnen - mehr aber auch nicht."

Vor dem Europa-League-Rückspiel gegen Schalke sorgt Hecking durchaus für große Augen. Es geht um Schalkes 3:0-Sieg gegen Augsburg. Lucien Favre sagte einst vor einem Pokalspiel in Offenbach: "Sie haben das Freundschaftsspiel gegen Wormatia Worms 1:0 gewonnen. Sie werden für uns bereit sein, das ist keine Frage."

17. März: "Es gehört zum Fußball dazu, dass man Niederlagen schnell verarbeiten muss. Wenn wir gegen Bayern die Enttäuschung noch mit uns herumtragen, dann wird es kein einfacher Nachmittag."

So beeindruckend tritt Schalke beim 2:2 in Gladbach dann wirklich nicht auf, aber Borussias Durchhänger, ein Platzfehler und ein umstrittener Handelfmeter sorgen dennoch für das erste kleine Trauma der Saison. Doch Hecking betont nur die eigenen Unzulänglichkeiten, also die Dinge, auf die er Einfluss hat - und zeigt Empathie.

15. April: "Es ist schade, wenn man in so einem Spiel als Verlierer vom Platz geht. Aber es war ein toller Fußball-Nachmittag, und ich bin stolz, wie meine Mannschaft hier agiert hat."

Es ist Platz für Grautöne. Wobei die begeisterten Worte nach dem 3:5 gegen Hoffenheim fast schon rosarot waren. Aber Recht hatte er: Es war eines der attraktivsten Bundesligaspiele der vergangenen Saison.

20. April: "Die, die nicht da im Bus gesessen haben, können das nicht beurteilen, wie schwer das ist. Ich möchte da kein Urteil zu abgeben wollen."

Bundesligatrainer müssen häufig mehr kommentieren als das Geschehen rund um die eigene Mannschaft. Nach dem Anschlag auf den BVB ist Hecking aber mal der Meinung, dass ihm das nicht zusteht.

13. Mai: "Wenn mir Anfang Januar jemand gesagt hätte, dass wir am letzten Spieltag noch die Chance haben auf Europa, hätte ich sofort eingeschlagen."

Nach dem 1:1 in Wolfsburg relativiert Hecking die Enttäuschung, das Zitat geht jedoch einher mit seinen Worten eine Woche später nach dem 2:2 gegen Darmstadt:

20. Mai: "Europa war zu Beginn unserer Zusammenarbeit gar nicht so das Ziel, aber es ist immer ärgerlich, wenn man am Ende sieht, was noch hätte kommen können."

Heckings Kommentare ähneln oft einer Liste mit Plus- und Minuspunkten, unterm Strich kommt dann ein gemäßigtes Urteil heraus. Das kühlt die Aufgeregtheit des Geschäfts gerne mal um ein paar Grad ab.

(RP)
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