Borussia Mönchengladbach Strobl gilt als "Mister Zuverlässig"

Mönchengladbach · Vor anderthalb Wochen hat Havard Nordtveit seinen Abschied verkündet, jetzt steht sein Nachfolger fest: Tobias Strobl von der TSG Hoffenheim unterschreibt bis 2020. Überraschend auf den ersten Blick, aber nicht auf den zweiten.

Tobias Strobl: Der Polyvalente bei Borussia Mönchengladbach
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Das ist Tobias Strobl

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Foto: Dirk Päffgen

Es dauerte nicht lange, bis der Begriff wieder in den sozialen Netzwerken auftauchte. "Ein Eberl-Transfer", schrieben User bei Twitter und Facebook, als die Nachricht die Runde machte, dass Strobl Borussias erster Zugang für die Saison 2016/17 ist.

Böse Zungen werden behaupten, dass Stürmer für zehn Millionen Euro Ablöse, die am Ende nicht einschlagen, genauso "Eberl-Transfers" sind. Allerdings haben andere Merkmale einen weitaus höheren Wiedererkennungswert, wenn Gladbachs Sportdirektor neue Spieler holt. Die Verpflichtung des Hoffenheimers Strobl ist gleich in mehrerlei Hinsicht typisch.

Die Vielseitigkeit: Strobl füllt die Lücke, die Nordtveit mit seinem Wechsel nach England hinterlässt, nahezu eins zu eins. Von seinen 80 Bundesligaspielen hat der gebürtige Münchner laut transfermarkt.de 33 in der Innenverteidigung, 32 vor der Abwehr und elf hinten rechts absolviert.

"Ich kann mehrere Positionen in der Defensive spielen. Ich glaube, das ist meine Stärke und ich hoffe, dass ich mich bei Borussia gut einbringen werde", wird Strobl auf der Vereinshomepage zitiert. Momentan setzt ihn Hoffenheims Coach Julian Nagelsmann auf der Sechs ein. Dessen Vor-Vorgänger Markus Gisdol nannte Strobl einst "Mister Zuverlässig und "Mister Universal".

Der Typ: "Strobl ist einer der eher unauffälligen Spieler, die dennoch für jede Mannschaft enorm wichtig sind, weil sie durch ihre Zweikampfstärke für viele Ballgewinne sorgen", ordnet die Borussia ihren Zugang selber ein. "Er passt auch charakterlich sehr gut zu uns", sagt Eberl.

Ein Streifzug durch Strobls Instagram-Account bestätigt den Eindruck, dass Strobl ein ruhiger und vernünftiger Zeitgenosse ist: mit der Nichte im Kletterpark, Dinner mit der Freundin am Valentinstag, Besuch bei der Familie in München, Steakessen mit Freunden und die üblichen Selfies mit Teamkollegen. Mit 25 Jahren hat er das durchschnittliche Alter eines Bundesligaprofis und passt ins Schema "erfahren, aber noch entwicklungsfähig".

Der Preis: So kann man es nicht einmal nennen, denn Strobl kommt ablösefrei. Die Borussia muss bis auf branchenübliches Handgeld, wovon auszugehen ist, nicht zusätzlich investieren, um Nordtveit zu ersetzen. Allein deshalb verdient die Strobl-Verpflichtung das Etikett "Kann man nicht viel falsch machen".

Der Zeitpunkt: Wenn der Frühling kommt, lässt eine Transfermeldung aus dem Borussia-Park nicht lange auf sich warten. So war es in den vergangenen Jahren immer:

  • 23. März 2016: Tobias Strobl
  • 26. März 2015: Lars Stindl
  • 14. April 2014: Ibrahima Traoré
  • 31. März 2014: André Hahn
  • 11. April 2013: Max Kruse

Sportdirektor Eberl pflegt damit indirekt sein Streberimage. 2014 war er bei Fabian Johnson, der in Hoffenheim mit Strobl gespielt hat, noch schneller. Am 24. Februar wurde der Wechsel damals bekanntgegeben.

Aus der "Löwen"-Schule

Strobl ist im Münchner Westen aufgewachsen, Sein erster Klub war der SV Aubing, von dem er mit elf Jahren zum TSV 1860 München wechselte. Die "Löwen" sind bekannt für ihre starke Jugendarbeit. Kevin Volland, Julian Weigl, Lars und Sven Bender, Daniel Baier, Moritz Leitner, Christian Träsch, Marcel Schäfer — sie allen wurden dort wie Strobl und Johnson ausgebildet.

Von 1860 München II führte Strobls Weg zu Hoffenheim II. Im Februar 2012 debütierte er in der Bundesliga. Als Holger Stanislawski Trainer beim 1. FC Köln wurde, erinnerte er sich an seinen Schützling aus Hoffenheim und holte Strobl für eine Saison als Leihspieler. Gisdol überzeugte ihn im Sommer 2013 von einer Rückkehr zur TSG.

Nie überragend, aber stets solide

Der Defensivallrounder Strobl scheint einer zu sein, der weiß, was er kann, und die Dinge sein lässt, die er nicht kann. "Was Tobias Strobl in der jungen Hoffenheimer Mannschaft besonders hervorhebt, ist seine Konstanz: dass er seine Fähigkeiten zuverlässig auf den Platz bringt und fast nie eine schlechte Partie abliefert", sagt Blogger Julian Ritter (@bimbeshausen), der 2014 ausführlich über ihn geschrieben hat. Die Taktikgurus von "spielverlagerung.de" loben Strobl für sein Stellungsspiel.

Er galt in seiner Jugend nie als herausragendes Talent, für die Jugend-Nationalmannschaft hat er nie gespielt. "Ich glaube, dass nicht viele damit gerechnet haben, dass ich irgendwann mal in der Bundesliga spielen werde. Ich glaube aber, dass das ein Vorteil für mich war. Ich konnte mich in Ruhe entwickeln, war nie im Mittelpunkt", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" mal über sich selbst.

Bayerischer Meister im Golf

Strobls Leidenschaft neben dem Fußball, der Golfsport, mag keine besondere für einen Profi sein. Außergewöhnlich ist jedoch der Erfolg, den er darin hatte: Mit 15 war Strobl Bayerischer Meister in seiner Altersklasse. "Du musst dich für jeden Schlag voll konzentrieren, du darfst den Rhythmus nicht verlieren. Das finde ich Wahnsinn", sagt er über sein großes Hobby (hier geht's zu einem Video-Interview). Mit einem stets fokussierten und vielseitigen Fußballer, der noch nicht am Ende des Weges angekommen ist, kann die Borussia sicherlich etwas anfangen.

Hoffenheim kann den sportlichen Verlust mit einem Mutmacher aus dem Bereich des Aberglaubens aufwiegen: Traoré steckte 2014 mit dem VfB Stuttgart im Abstiegskampf, als sein Wechsel bekannt wurde, und schaffte den Klassenerhalt. Genauso erging es Stindl 2015 mit Hannover 96. Demnach dürfte sich Strobl in der Saison 2016/17 auf ein Duell mit seinem alten Verein freuen.

(jaso)
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