Borussia Mönchengladbach Borussia sucht den neuen Criens

Mönchengladbach · Im Sturm fehlte den Gladbachern immer wieder die letzte Entschlossenheit. Anschauungsunterricht erhielt Neu-Nationalspieler Lars Stindl durch Sandro Wagner. Kandidaten des Typs Stoßstürmer gibt es für Manager Max Eberl. Die Zukunft von André Hahn hängt damit zusammen.

 Die Geburts-Sekunde des Joker-Mythos: Hans-Jörg Criens trifft in der Verlängerung des Pokal-Halbfinals der Borussen gegen Werder Bremen zum 5:4. Er war für Uwe Rahn ins Spiel gekommen und hatte schon das 4:4 erzielt.

Die Geburts-Sekunde des Joker-Mythos: Hans-Jörg Criens trifft in der Verlängerung des Pokal-Halbfinals der Borussen gegen Werder Bremen zum 5:4. Er war für Uwe Rahn ins Spiel gekommen und hatte schon das 4:4 erzielt.

Foto: Horstmüller (Archiv)

Waren es nun die Gegentore, die Borussia in der entscheidenden Phase der vergangenen Saison davon abgehalten haben, das mögliche Mehr zu erreichen? Natürlich, wer 1:0 führt und dann die Null hält, hat zwangsläufig Erfolg. Das ist alte Lucien-Favre-Lehre. Weswegen Borussias aktueller Trainer Dieter Hecking auch die Defensive meinte, als er anmerkte, Entschlossenheit und Klarheit hätten gefehlt. Doch auch vorn fehlte etwas. "Wir müssen die Angriffe entschlossener zu Ende bringen", monierte Hecking. Ganz sicher wird dies ein wichtiges Thema sein in der Vorbereitung.

Was Entschlossenheit und Klarheit angeht, könnte Kapitän Lars Stindl von seinen bisherigen Erlebnissen im Nationalteam berichten. Dort ist derzeit Sandro Wagner total hip. Der Hoffenheimer, mit dem Stindl zweimal das DFB-Angriffsduo bildete, hat nicht nur ein turmhohes Ego, sondern auch Torinstinkt. Sicher, es war nur San Marino, doch muss man erst mal drei Tore machen (Stindl schaffte keines, er spielte 55 Minuten). Was Bundestrainer Joachim Löw da vorführen ließ, ist, was auch Hecking als Plan B definiert: gute, alte Fußballschule, Flanke, Kopfball, Tor und so weiter.

Klar ist: Wie beim DFB wird es bei Borussia Plan A bleiben, den Gegner "stindelig" zu kombinieren, das Tiki-Taka im Stil von Raffael, Hazard und eben Stindl. Doch es braucht auch mal einen, der das Einfache tut, wenn es kompliziert ist: rums und rein das Ding. Dass Stindl Wagner einpackt und mitbringt, ist nicht drin. Hecking würde nicht Nein sagen zu einem wie Wagner. Aber: Ein Wagner, ein Nils Petersen oder ein Mark Uth würden wohl kaum als Plan B nach Gladbach kommen.

So sucht Borussia die Nadel im Heuhaufen: den Stürmer, der möglichst zweistellig trifft, sich aber hinter der A-Lösung einsortiert. Was es braucht, ist ein neuer Hans-Jörg Criens. Der "Lange", in den 80ern und frühen 90ern Gladbachs Kult-Stürmer, war der Prototyp des Jokers, er belegt noch immer Platz vier im bundesweiten Joker-Ranking mit 14 Toren nach 67 Einwechslungen. Criens war zu Beginn seiner Tage in Gladbach der, der von der Bank kam. Wie 1984 gegen Bremen im Pokal-Halbfinale, der Mutter seiner Joker-Spiele. Dass aus Plan B später Plan A wurde und Criens noch immer viertbester Torschütze aller Borussen-Zeiten ist, könnte den Kandidaten, mit denen Manager Max Eberl verhandelt, zeigen: Tore sind immer ein Argument, auch wenn man zunächst hinten ansteht.

Wer könnte infrage kommen? Spieler wie der Kanadier Cyle Larin (22, 40 Tore und sechs Vorlagen in 76 Spielen für Orlando), einer der effektivsten Mittelstürmer der US-Liga, vielleicht. Borussia hat ihn beobachtet. Für ihn wäre die Bundesliga ein großer Schritt. Wie für Marcus Ingvartsen (21, 23 Tore und vier Vorlagen in der vergangenen Saison), den Top-Torjäger des FC Nordsjaelland. Bremen soll an ihm dran sein, doch der Kontakt wäre da, denn Otto Addo, künftig Top-Talent-Trainer bei Borussia, kommt vom dänischen Erstligisten.

Dies ist nur eine Ideenbörse, doch wären das denkbare Ansätze. Beide wären für vergleichsweise kleines Geld zu haben. Und beide sind fast 1,90 Meter groß - wie Criens. Offensive Kopfballstärke im Strafraum jenseits von Verteidiger Jannik Verstergaard wäre ein brauchbares Plus.

Das Kopfballspiel ist nicht eben die Stärke von André Hahn, der sonst vieles hat von einem Strafraum-Stürmer. Er war in der vergangenen Saison der Mann für den Plan B. Viel Arbeit am Kopfball-Pendel könnte Hahns Manko beheben, doch will er weiter hinten dran stehen? Es scheint nicht so, Hahn wird mit Frankfurt in Verbindung gebracht, nach RP-Informationen ist auch eine Rückkehr nach Augsburg denkbar. Ob Hahn wirklich geht, ist vielleicht auch eine Frage der Alternative, die Borussia findet.

Was Selbstbewusstsein angeht, hat Borussia indes offenbar einen damit reichlich ausgestatteten Offensivmann gefunden: Moreto Cassama. Der 19-Jährige hat seinen Wechsel aus dem Nachwuchs des FC Porto nach Gladbach selbst verkündet (Borussia hat sich dazu noch nicht geäußert). Allerdings ist er ein offensiver Mittelfeldspieler und mit nur 165 Zentimeter Körperlänge sowieso kein Strafraum-Rammbock. Julio Villalba (18) könnte das schon eher sein. Der Paraguayer, der im Januar gekauft und an seinen Heimatklub verliehen wurde, ist trotz seiner nur 1,74 Meter ein wuchtiges Energiebündel. Doch zum neuen Typ Criens fehlen ihm einfach ein paar Zentimeter.

(kk)
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