Borussia Mönchengladbach Stranzls Verletzung ist der GAU für Borussia

Mönchengladbach · Es ist in Borussia Situation der GAU, der größte anzunehmende Unfall: Martin Stranzl, der am Freitag sein Comeback nach fast sechs Monaten Pause feierte, hat sich beim 0:3 gegen den Hamburger SV schwer verletzt. Der Abwehrchef zog sich einen Bruch der Augenhöhle zu und fällt erneut für sechs bis acht Wochen aus.

Martin Stranzl bricht sich die Augenhöhle
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Martin Stranzl bricht sich die Augenhöhle

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Foto: imago sportfotodienst

Damit muss Borussia einen Großteil der Champions-League-Saison, die am Dienstag mit dem Spiel beim FC Sevilla beginnt, ohne Stranzl bestreiten. Und auch für den Kampf gegen die Krise in der Bundesliga, der am Samstag mit dem Derby beim 1. FC Köln weitergeht, kann Trainer Lucien Favre nicht auf den Routinier bauen.

Sportdirektor Max Eberl hatte schon im Trainingslager am Tegernsee gesagt, dass Stranzl zu den Spielern im Kader gehört, die besser nicht ausfallen sollten. Bis zum HSV-Spiel war es so, und nun wird es weiter so sein. Borussia hatte voll auf Stranzl gesetzt: als Typ, als Vorkämpfer und als Anführer. Um Stranzl herum ein stabiles Defensiv-Gebilde zu basteln und die neuen jungen Männer (Marvin Schulz, Andreas Christensen, Nico Elvedi) mit seinem Beistand langsam aufzubauen, das war der Plan. Wenn die Abwehr dann steht, ist sein Fehlen auch zu verkraften, siehe den letzten Teil der vergangenen Saison, als Stranzl ebenfalls fehlte. Doch das Verletzungspech des 35-Jährigen führt die Planungen ad absurdum. Eberl versuchte eine personelle Korrektur, indem er um die Dienste des Ex-Borussen Dante buhlte am Ende der Transferperiode, doch der Brasilianer entschied sich für den VfL Wolfsburg.

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Nun hat Borussia ein ausgewachsenes Stranzl-Problem, oder besser: Das Problem, keinen Stranzl zu haben. Da aktuell auch Roel Brouwers schwächelt — beim 1:2 in Bremen patzte er bei Jannick Vestergaards Kopfballtor, gegen den HSV beim Treffer von Nicolai Müller — muss Favre nach anderen Alternativen suchen. Nach dem gruseligen Abend am Freitag stellte er klar, indes bezogen auf Mo Dahoud als Option für das defensive Mittelfeld, dass "wir in dieser Situation nicht die Verantwortung an Spieler von 19 oder 20 Jahren geben können". Christensen und Schulz, die schon reichliche Negativerlebnisse einsammelten in dieser Saison, aber auch Elvedi, der bislang nur im Regionalliga-Team spielte, sind also nicht die, die nun gefragt sind.

Da müssen erfahrenere Männer ran. Tony Jantschke kann einer sein, er machte in der vergangenen Saison einen starken Job im defensiven Zentrum, spielte dort nun aber nur einmal, meist war er rechter Verteidiger und nun gegen den HSV "Sechser". Es war ein Experiment, gestand Favre, doch eines, das misslang. Jantschke leitete mit einem bösen Fehlpass das 0:1 ein. Alvaro Dominguez, der auf dem Weg der Besserung ist, kann mittelfristig als Hoffnungsträger herhalten, aber nicht akut. Bleibt einer, der den Job kennt, ihn aber bei Borussia nicht macht, weil er für das Mittelfeld eingeloggt ist: Havard Nordtveit, der in Norwegens Nationalteam oft den Abwehrchef gab. Möglich, dass er nun bei Favres Suche nach einem internen Stranzl-Ersatz nun doch mal in den Fokus gerät.

Es wäre allerdings der nächste Akt des bisherigen Trial- and-Error-Verfahrens bei der Verteidiger-Suche. Vier verschiedene Paare stellte Favre in den fünf Pflichtspielen der Saison schon auf. Bislang jedoch gab es immer noch die Hoffnung auf Stranzl. Die ist nun für eine üppige Zeitspanne dahin. Und die Zeit ist knapp in den englischen Wochen. So wird bei der Formatierung der neuen Innenverteidigung auch ein bisschen Glück nötig sein, wenn es um ein standhaftes Modell geht. Glück, dass Borussia im Fall Stranzl nicht hatte. Da ist es sogar ausgewachsenes Pech mit einem tragischen Touch. Vor allem für Stranzl.

Er hatte seinen Vertrag um ein Jahr verlängert, weil er in seinen Körper hineingehört hatte und herausfand, dass er bereit sei für eine weitere Spielzeit. Dann musste er nach dem 2:0 bei den Bayern am 22. März wegen eines Knochenödems im linken Knie pausieren und verpasste schon einen Großteil der Rückrunde der Vorsaison. Er arbeitete im Sommer hart für sein Comeback, musste es aber immer wieder verschieben. Und nun dieser traurige Unfall, an dem ausgerechnet sein Kollege Nordtveit beteiligt war im Luftduell der beiden Borussen mit Hamburgs Doppeltorschützen Pierre-Michel Lasogga: "Ja, ich habe Martin wohl getroffen", sagte Nordtveit.

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Stranzls Pech darf als symbolisch eingestuft werden für das, was gegen den HSV passierte: Es ging nichts. Und es kam immer noch schlimmer. Der Österreicher wurde mit der Trage vom Platz und dann gleich ins Krankenhaus gebracht. "Bruch der Augenhöhle" lautete die erste Vermutung, die eine CT-Untersuchung dann bestätigte. Stranzl wurde noch in der Nacht im Bethesda-Krankenhaus operiert. "Erfolgreich", teilte Borussia am Samstag mit. Immerhin. Ein GAU ist es trotzdem. Für Stranzl. Und für Borussia. Beiden kann man nur gute Besserung wünschen.

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