Borussias Youngster überzeugen Das Zentrum schlägt zurück

Mönchengladbach · Nach dem 1:1 des HSV drehen Borussias Routiniers auf, vor allem Raffael. Doch auch die Jungspunde dahinter überzeugen.

Michael Cuisance (links) spielte von Beginn an auf der Sechs.

Michael Cuisance (links) spielte von Beginn an auf der Sechs.

Foto: dpa, pst nic

Bevor es losging mit dem Spiel zwischen Borussia und dem HSV, gab es eine Verabschiedung. André Hahn, im Sommer von Borussia zu den Hanseaten gewechselt, bekam ein Dankeschön von den Gladbachern für 100 Pflichtspiele und 21 Tore während seiner Zeit am Niederrhein. Fast eine Stunde später bekam er ein weiteres Gastgeschenk. Nach einem Ballverlust der Borussen schaltete der HSV schnell um, und Hahn tauchte allein vor Borussias Torwart Yann Sommer auf. Er schob den Ball ins Tor zum 1:1. Arge Jubelstürme gab es nicht, das ist so üblich, wenn Ex-Spieler tun, was sie oft tun, nämlich gegen den früheren Verein zu treffen.

Nach dem Zwischenstand hatte es nach zehn Minuten nicht ausgesehen. Da war Borussia derart überlegen, als wolle sie den Gegner zerquetschen. Wer wissen will, wie das ging, der sollte sich eine Zusammenschnitt der Taten des Kapitäns Lars Stindl in jenen Minuten anschauen. Der hatte nach dem 0:1 beim SC Freiburg offen über eine möglicherweise mangelnde Einstellung gesprochen und Besserung gelobt. Nun zeigte er vom Anpfiff weg, was er damit meinte. Und am Ende brachte der Wille, sich zu rehabilitieren, auch noch den 3:1-Sieg.

Dass er gestern Abend in Abwesenheit zur Nummer zwei der Fußballer in NRW gekürt wurde (nur der Schalker Leon Goretzka bekam mehr Stimmen), könnte eine Antriebsfeder für Stindl gewesen sein. Eine zweite war sicher Raffael, sein kongenialer Sturmpartner und gestern Schütze des 2:1 und 3:1. Der hatte in Freiburg gefehlt, was Stindls Spieltrieb gehemmt hatte. Wie um zu demonstrieren, wie schön es sein kann, wenn sie aufziehen, kombinierten sie in der neunten Minute derart schnell, dass die Hamburger wie Slalomstangen wirkten - Raffael bediente letztlich Thorgan Hazard, der sein sechstes Saisontor erzielte, zum zweiten Mal traf er aus dem Spiel heraus. Es war ein Treffer wie vom Reißbrett - zack, zack, zack.

Stindl sammelte in der Szene einen Assist-Assist ein, zehn Minuten später war er erfolgreich in der Defensive unterwegs, als er auf der eigenen Linie klärte. Stindl war also höchst engagiert, und sein Elan stachelte die anderen an. Beide Sechser, beide 18 Jahre jung, machten einen guten Job - und beide hätten fast getroffen: Erst traf Reece Oxford, den Trainer Dieter Hecking überraschend vor die Abwehr beordert hatte, die Querlatte, dann Michael Cuisance den Pfosten.

Stindls Einsatz war beachtlich, aber auch die Art und Weise, wie die junge Doppelsechs agierte. Dass Cuisance einen starken Aufbau-Pass hat, hat er schon gezeigt, doch gegen den HSV war er auch in die andere Richtung sehr diszipliniert. Oxford, der heute 19 wird, scheint sich auf der Position, auf der er bei West Ham United auch mal Mesut Özil ausgeschaltet hatte, weit wohler zu fühlen als hinten rechts, wo er in Freiburg spielte.

Weil die Borussen nach der schnellen Führung aber nicht im Tempo blieben und ihre Konsequenz nicht beibehielten, konnte sich der HSV berappeln. Und dann war es ausgerechnet Oxford, der an der Mittellinie den Ballverlust hatte, der dem HSV den Weg zum 1:1 eröffnete. Es blieb der einzige Patzer der jungen Doppelsechs. Und Borussias Zentrum schlug zurück, oder genauer: Raffael. Erst erzielte er in der 74. nach Vorarbeit des eingewechselten Vincenzo Grifo das 2:1, fünf Minuten später besorgte er das 3:1, dieses Mal legte Hazard auf. Der zentrale Block war entscheidend in diesem Spiel: Die Routiniers Stindl und Raffael vorn, dahinter die Jungspunde Cuisance und Oxford. Heckings Mischung passte.

Den Fans jedoch passte das Spiel in einigen Abschnitten nicht. Sie pfiffen in der Phase nach dem 1:1, als sich die Borussen schwertaten. Das wiederum regte Manager Max Eberl extrem auf. Fast zehn Minuten lang machte er seinem Ärger Luft. "Ich finde es eine bodenlose Frechheit, wenn wir einen Rückpass spielen und es Pfiffe gibt. Hier wird ehrlich Fußball gespielt, es wird mit jungen Spielen gearbeitet, mit zwei 18-Jährigen im Mittelfeld, und es wird gepfiffen, als wenn wir zurückliegen bei einem Spielstand von 1:1 - dafür habe ich kein Verständnis", sagte Eberl. "Ich finde es schade, dass gepfiffen wurde, gerade in der Phase, als es wichtig gewesen wäre, uns die Unterstützung zu geben", sagte Trainer Hecking.

(kk)
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