Borussia Mönchengladbach Patrick Herrmann ist nicht zu bremsen

Mönchengladbach · Jürgen Klopp, dem Trainer von Borussia Dortmund, im Erfolg ein launiger Entertainer, im Misserfolg indes eher ein Griesgram, verschlug es die Sprache. Als er nach dem 1:3 von Borussia Dortmund bei Borussia Mönchengladbach gefragt wurde, ob er an einer Verpflichtung von Patrick Herrmann interessiert gewesen sei, bevor dieser seinen Vertrag in Gladbach verlängerte, sagte Klopp mit Lippen, die noch schmaler waren also sonst, nur: "Nö."

Borussia Mönchengladbach - Borussia Dortmund: Einzelkritik
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Gladbach - Dortmund: Einzelkritik

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Dabei war er Augenzeuge einer Vorführung des Gladbacher Eigengewächses, die zeigte, dass eben dieser Patrick Herrmann haargenau ins Spiel von Klopps Borussia Dortmund passen würde: Nachdem Max Kruse im Mittelfeld den Ball erobert und Herrmann auf die Reise geschickt hatte, rannte der 24-Jährige unaufhaltsam los, vorbei an zwei Dortmundern und schließlich verfolgt von Neven Subotic, dem er dann auch noch einige Meter abnahm, bevor er den Ball 55 Meter später quer legte zu Raffael. Der Brasilianer vollendete problemlos zum 2:0.

Pressing auf den Gegner (Kruse), blitzschnelles Umschalten und totaler Zug zum Tor (Herrmann) — all das sind Eigenschaften, die auch das Spiel des BVB definieren. In besseren Tagen. Herrmann und die anderen Gladbacher führten Dortmund nun vor, wer aktuell die modernere und bessere Borussia ist. 20 Punkte beträgt die faktische Distanz, doch auf dem Spielfeld war es mehr. In Abwesenheit von Marco Reus, der für den BVB nicht spielen konnte, war Herrmann einer der Hauptdarsteller in einer Gladbacher Mannschaft, die als Ganzes überzeugte und darum den vielen, aber unzusammenhängenden Einzelkünstlern in Schwarz-Gelb klar überlegen war. Jeder machte einen richtig guten Job, Herrmann war abgestellt für die spektakulärsten Szenen.

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Foto: dpa, geb hak

Während Herr Klopp also sprachlos war ob des rasenden Rechtsaußen, war Borussias Stadionsprecher Torsten Knippertz wie das Gros der 54.000 Menschen im ausverkauften Borussia-Park schier aus dem Häuschen. Eine neue Maßeinheit für Geschwindigkeit müsse es geben, die fortan in Herrmann gemessen werden solle, gab Knippertz via Mikrofon bekannt, während Patrick Herrmann seine Torbeteiligungen mit seinen Kollegen feierte.

Es war einmal mehr ein großer Tag für Herrmann, der in der Rückrunde zur Symbolfigur wird dafür, dass Borussia bislang einen großartigen zweiten Saisonteil hingelegt hat. 26 Punkte hat sie beisammen, und Herrmann trägt dazu fleißig mit Toren und Vorlagen bei. Zehn Treffer hat er insgesamt beisammen, sieben davon schaffte er seit Beginn der Rückrunde. Zweimal gelang ihm ein Doppelpack. Gegen den BVB hätte er auch treffen können, doch nach einer ganz feinen Ballannahme am Strafraumeck verzog er mit links knapp (44.), und als ihn dann Tony Jantschke bediente, wehrte Roman Weidenfeller seinen Schuss ab (49.).

"Ein Tor wäre natürlich noch schön gewesen, aber das war mir leider nicht vergönnt. Aber drei Punkte haben wir — und was will man mehr gegen Dortmund", sagte Herrmann. "Ich habe den Ball immer wieder ein bisschen angestüpselt, als ein Gegenspieler kam, dann habe ich sie immer auf dem falschen Fuß erwischt und irgendwann war der Weg dann frei zum Tor", erklärte er seinen grandiosen Sololauf.

Da er lange genug unterwegs war, um zu überlegen, wie dieser Angriff am besten zum guten Ende geführt werden könne, entschloss er sich, nicht selbst zu schießen, sondern Raffael einzubeziehen. "Er war einfach besser postiert, er war links komplett blank, da muss man nicht lange drüber nachdenken, was man tut", sagte Herrmann. Auch das zeichnet ihn in diesen Tagen aus: Er hat die Ruhe vor dem Tor und trifft die richtigen Entscheidungen.

In Hoffenheim, als er auf und davon war, schoss er selbst, nun legte er quer. Sein Trainer Lucien Favre ist ein großer Fan von so viel Umsichtigkeit. Die Chance so herauszuspielen, dass das Tor zwangsläufig fallen muss, das ist ganz nach des Schweizers Gusto. Entsprechend gut gefiel ihm das Gesamtkunstwerk 2:0. "Ein phantastisches Tor, das war ein Top-Konter, ein Dribbling und Schnelligkeit zusammen", sagte Favre. "Er weiß, wann er einen Lauf ansetzen muss", lobte Sportdirektor Max Eberl Herrmann.

Dass der Manager trotz des Interesses einiger Topklubs (der BVB gehörte offenbar nicht dazu, obwohl es gepasst hätte, siehe oben) bis 2019 mit Herrmann verlängert hat, hat auch damit zu tun, dass sich Herrmann ausgesprochen wohl fühlt im Projekt Borussia — und, dass er an dessen Potenzial glaubt. "Man sieht natürlich, dass in Gladbach was entsteht. Mit Stindl, der jetzt verpflichtet wurde, und den Spielern die wir gehalten haben, sieht, dass es nach vorne geht", sagte Herrmann.

Die Ziele in dieser Saison sind klar definiert. "Wir sind Dritter und damit über den Erwartungen. Wir haben einen super Lauf, den wir fortsetzen wollen. Wir haben gegen Dortmund als Mannschaft überragend gespielt. So müssen wir weitermachen. Wir wollen unsere Position bis zum Schluss verteidigen und werden alles dafür geben", sagte Herrmann.

Dass die Borussen gegen den BVB in Höchstgeschwindigkeit das Pokal-Aus in Bielefeld wegwischen wollten, war zudem gleich erkennbar. Nur 28 Sekunden dauerte es, bis das Ball zum ersten Mal im Dortmunder Tor lag, geschossen hatte das 1:0 Oscar Wendt. Das zweite skandinavische Tor des Tages erzielte der starke Sechser Havard Nordtveit, der für den gesperrten Christoph Kramer ins Team kam. Nordtveits 3:0 war nach 67 Minuten war die endgültige Vorentscheidung.

"Das frühe Tor hat uns natürlich gut in die Karten gespielt und war für die Moral ganz wichtig nach dem Aus in Bielefeld. Ansonsten haben wir taktisch gut gestanden und sind nach vorn immer gefährlich gewesen", fasste Herrmann den gelungenen Arbeitstag zusammen. Der endete für ihn mit stehenden Ovationen der Fans, als er in der Schlussminute ausgewechselt wurde.

(kk)
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