Borussia Mönchengladbach Wendt und Raffael sind Rekordhalter der Neuzeit

Mönchengladbach · Doppelpacks, Fehlschützen und Jubiläumstore: In Borussias 34 Europapokalspielen seit ihrer Rückkehr auf die internationale Bühne im August 2012 ist viel passiert. Verbesserungspotenzial haben die Gladbacher vor allem in den Heimspielen.

 Der eine spielt oft in Europa, der andere jubelt oft: Oscar Wendt und Raffael.

Der eine spielt oft in Europa, der andere jubelt oft: Oscar Wendt und Raffael.

Foto: dpa, Jan-Philipp Strobel

Wenn Borussia den 1. FC Köln in irgendeiner Statistik einholt, dann ist das für Gladbach-Fans in der Regel von Interesse. Deswegen sei erwähnt, dass die Borussen mit dem Heimspiel gegen den AC Florenz ihre 160. Europapokalpartie absolvieren — auf dieselbe Anzahl kommt der 1. FC Köln bislang.

In Sachen Punkteausbeute hat Gladbach die Kölner aber schon vor zwei Jahren hinter sich gelassen. Genau 300 Zähler weist die ewige Europapokal- Tabelle für Borussia aus — von den deutschen Klubs haben nur die Bayern (832), Borussia Dortmund (396), der Hamburger SV (375) und Bayer Leverkusen (306) bislang besser gepunktet.

49 ihrer 300 Zähler hat Borussia in der Neuzeit geholt, also seit 2012, als der Klub nach 16 Jahren in der unfreiwilligen Zuschauerolle auf die europäische Bühne zurückkehrte. 49 Punkte in 34 Spielen, verteilt auf 13 Siege, zehn Unentschieden und elf Niederlagen: Das macht nach der seit der Saison 1995/96 gültigen Dreipunkteregel einen Schnitt von 1,44 pro Spiel — und kann bei weitem nicht mit jenen Werten mithalten, mit denen sich Gladbach im Jahr 1996 vorerst vom internationalen Geschäft verabschiedete.

Damals wies die Ausbeute pro Spiel die Borussia noch als Topteam Europas aus. 2,01 Punkte pro Partie, 2,26 Tore, 60 Prozent gewonnene Spiele, nur 19,2 Prozent verloren: Selbst 2012, als Gladbach wieder auf der Bildfläche erschien, kam kein Großklub Europas auf solche Werte. Dass Borussia diesen Status nun nicht halten konnte, darf niemanden überraschen, zu sehr ist die Schere zwischen Groß und Klein in den vergangenen beiden Jahrzehnten auseinandergegangen. Aber Borussias Europapokal-Statistik der Neuzeit kann sich auch so sehen lassen.

Kein Gladbacher hat in den vergangenen viereinhalb Jahren so viele Europapokalspiele bestritten wie Oscar Wendt. Der schwedische Linksverteidiger kam in 25 der 34 Partien zum Einsatz. Ihm folgen Torwart Yann Sommer und Abwehrspieler Tony Jantschke mit 24 Spielen.

Bei den Torjägern liegt Raffael vorne. Der Brasilianer erzielte neun Tore in 22 Einsätzen und könnte damit bald der sechste Borusse sein, der im Europapokal auf eine zweistellige Trefferzahl kommt. Hinter dem 31-Jährigen liegen Branimir Hrgota (acht Tore) und Thorgan Hazard (sieben). Da Raffael auch bester Vorlagen-Geber ist mit neun Assists (Hazard und Lars Stindl je sechs), führt er mit 18 Punkten auch überlegen die Scorerliste vor Hazard (13) und Hrgota (zwölf) an.

Und noch ein paar Bestmarken aus den 34 Partien: Patrick Herrmann — mit vier Toren bislang Borussias bester Torjäger in der Europa League — wurde am häufigsten eingewechselt (elfmal), Ibo Traoré am häufigsten ausgewechselt (neunmal), und Christoph Kramer sah die meisten Gelben Karten (fünf). Insgesamt 42 Spieler kamen seit dem 1:3 daheim gegen Dynamo Kiew am 16. August 2012 zum Einsatz, von denen genau die Hälfte auch mindestens ein Tor erzielte.

Elf Jokertore verzeichnet Borussia seit ihrer Europapokal-Rückkehr, erfolgreichster Einwechselspieler war Igor de Camargo, der seine drei Treffer allesamt als Einwechselspieler erzielte. Wie später Thorgan Hazard beim 7:0 gegen FK Sarajevo schnürte de Camargo gegen Limassol (2:0) einen Joker-Doppelpack. Das hatte sonst für Borussia nur Henning Jensen beim 5:0 gegen den 1. FC Köln in der Uefa-Cup-Spielzeit 1972/73 geschafft.

Die erfolgreichste Saison eines Gladbacher Stürmers gelang Branimir Hrgota 2014/15, als der Schwede acht Tore erzielte. Häufiger in einer Europapokalspielzeit trafen zuvor nur Jupp Heynckes (zwölf Tore 1972/73 und elf 1974/75) sowie Allan Simonsen (zehn 74/75 und neun 78/79). Mit seinen drei Toren beim 7:0 gegen Sarajevo war Hrgota zudem der vierte Borusse nach Heynckes, Simonsen und Uwe Rahn mit einem Dreierpack. Zu Beginn der laufenden Saison folgten ihm Raffael und Hazard, die sich die Tore beim 6:1 gegen die Young Boys Bern gerecht aufteilten. So gab es erstmals zwei Gladbacher Dreierpacks in einem Spiel.

Unter den 65 Treffern in den vergangenen 34 Partien sind außerdem noch ein paar Jubiläumstore: So gelang Juan Arango mit seinem Freistoß zum 3:2 gegen Lazio Rom (Endstand: 3:3) Borussias 300. Europapokaltor. Hrgota schoss beim 5:0 gegen Apollon Limassol Borussias 200. Tor im so genannten EC 3 (zunächst Uefa-Cup, seit 2009 Europa League). Und Lars Stindl erzielte beim 4:2 gegen den FC Sevilla Tor Nummer 200 in einem Gladbacher Europapokal-Heimspiel.

Während sich die Auswärtsbilanz in Gladbachs Europapokal-Neuzeit durchaus sehen lassen kann bei einem ausgeglichenen Konto mit sechs Siegen, sechs Niederlagen und fünf Unentschieden, ist im eigenen Stadion noch Luft nach oben. Fünf der 17 Heimspiele gingen verloren. Zum Vergleich: In den ersten 62 Heimspielen zwischen 1960 und 1996 kassierte Borussia nur vier Niederlagen.

Auffällig ist, dass Gladbach in 16 der 17 Heimpartien seit 2012 in Führung ging (nur der FC Sevilla ließ beim 2:3 im Februar 2015 kein Gladbacher Führungstor zu), aber nur sieben Spiele letztlich auch gewann. Verbesserungswürdig ist auch die Bilanz vom Elfmeterpunkt: Drei der acht Strafstöße wurden vergeben: Wendt beim 0:0 in Limassol, Martin Stranzl beim 3:3 gegen Lazio und Raffael beim 1:2 gegen Manchester City scheiterten. Borussias Gegner bekamen sieben Elfmeter zugesprochen — und trafen sechsmal. Nur Sevillas Gameiro zielte einmal zu genau und schoss an die Latte.

Deutlich erhöht hat sich bei Borussia die Zahl der Platzverweise. Während in den ersten 125 Europapokalspielen einzig Hans-Günter Bruns 1987 gegen Espanyol Barcelona die Rote Karte sah, mussten seit 2012 mit Granit Xhaka, Lars Stindl (jeweils Gelb-Rot) und Julian Korb (Rot) schon drei Gladbacher vorzeitig vom Platz.

Verbessern möchten die Borussen gegen Florenz mit Sicherheit auch ihre jüngste Bilanz gegen italienische Klubs. Weder gegen Lazio Rom (3:3, 0:2) noch gegen Juventus Turin (1:1, 0:0) gelang ein Sieg. Da es aber auch nur eine Niederlage gab, ist der Gesamtvergleich mit italienischen Mannschaften (vier Siege gegenüber drei Niederlagen in insgesamt 14 Partien) immer noch positiv. Mit den Spielen gegen Florenz kommt Gladbach demnach auf 16 italienische Nächte, gegen Mannschaften keiner anderen Nation trat es im Europapokal häufiger an (gegen spanische Klubs sind es ebenfalls 16 Partien).

Und Florenz? Auf den AC Florenz trifft Borussia dagegen erstmals — obwohl die Fiorentina ebenfalls auf eine große Europapokal-Historie verweisen kann. Kurios: Beide Vereine kommen im EC 3 auf 96 Partien, wobei Gladbach in der Ewigen Tabelle (23. Platz) deutlich vor Florenz (39. Rang) liegt. Nun geht es im direkten Duell darum, wer in der laufenden Saison noch sein 100. Spiel im Uefa-Cup bzw. in der Europa League bestreiten darf.

(togr)
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