Erinnerungen an Saison 2013/14 Borussias Krisen und der Ketchup-Flaschen-Effekt

Mönchengladbach · Die fünfte Krise der erfolgreichen Gladbacher Neuzeit scheint überwunden. Doch was Borussias womöglich befreiender Sieg in Hannover wert war, wird erst das Spiel am Freitag gegen Bremen zeigen.

Borussia-Trainer Dieter Hecking

Borussia-Trainer Dieter Hecking

Foto: dpa, jst fpt

Überall, wo es einen großen Fluss gibt, der naturgemäß mal über die Ufer geht, findet sich ein Bauwerk mit historischen Hochwassermarken. Nun stand Borussia das Wasser noch nicht bis zum Hals, aber analog zu den Hochwassermarken könnte der Klub nach dem erleichternden Sieg gegen Hannover 96 eine Gedenktafel mit der Aufschrift "Krise Jahresbeginn 2018" am Stadion anbringen. Es lässt sich darüber streiten, ob das ungeliebte "Wort mit K" schon wieder ausgedient hat. Fest steht, dass Borussia das Schlimmste erst einmal hinter sich hat. Vier Niederlagen in Folge ohne eigenes Tor hatte es immerhin zuletzt vor elf Jahren gegeben.

Im Herbst 2016 war Borussia in ihre bislang letzte Krise geraten, der Widerstand gegen die konkrete Benennung hielt sich damals in Grenzen. Jene Phase, die Anfang Oktober mit einem 0:4 gegen den FC Schalke unter André Schubert begann, endete erst Ende Januar mit einem 3:2 gegen Bayer Leverkusen unter Dieter Hecking. Dass Krisen für eine Zäsur auf der Trainerposition sorgen, ist in Gladbach inzwischen zur Rarität geworden. In den vergangenen sieben Jahren hat sich der Klub nur dieses eine Mal freiwillig von einem Trainer getrennt. Hamburger oder Wolfsburger Verhältnisse herrschen am Niederrhein schon lange nicht mehr. Deshalb war es keine Überraschung, dass in den vergangenen Wochen von Aktionismus keine Spur war.

Damals, als Borussia im Negativstrudel unter Schubert steckte, zählten wir die vierte Krise der erfolgreichen Gladbacher Neuzeit: Herbst 2012, Jahresbeginn 2014, Saisonbeginn 2015, Herbst 2016. Diese Gedenktafeln würden also schon am Stadion hängen, bevor sich jetzt eine neue dazugesellt. Alle Krisen vereint, dass sie auf eine Weise endeten, bei der einem zuerst das Wort "Paukenschlag" einfällt.

Da war 2012, vor inzwischen langer, langer Zeit, ein Gewaltschuss von Peniel Mlapa gegen Olympique Marseille in der Europa League, drei Tage später drehte Borussia in Hannover ein 0:2 und Juan Arango setzte einen Freistoß fast von der Außenlinie zum 3:2 in die kurze Ecke. 2014 gewann Gladbach nach neun sieglosen Spielen 2:1 bei Borussia Dortmund, der erste und einzige Sieg im Westfalenstadion in den vergangenen 20 Jahren. 2015 führte Borussia im ersten Spiel nach Lucien Favres Rücktritt binnen 21 Minuten schon 4:0 gegen den FC Augsburg, am Ende hieß es 4:2, und die Mannschaft hörte unter Schubert scheinbar gar nicht mehr auf mit dem Siegen. 2017 drehte Borussia bei Bayer Leverkusen erneut ein 0:2, diesmal hießen die Helden Lars Stindl und Raffael.

Alle erwähnten Spiele wirkten nicht nur wie eine große Befreiung, sie erwiesen sich im Nachhinein auch als eine solche. Und was ist nun vom 1:0 in Hannover am vergangenen Samstag zu halten? "Daraus können wir viel schöpfen, der Sieg gibt uns allen ein gutes Gefühl", sagte Kapitän Stindl. Christoph Kramers Volley-Linksschuss in den Winkel erfüllte rein optisch alle Kriterien eines Befreiungsschlages. Doch ein möglicher Ketchup-Flaschen-Effekt (erst kommt lange gar nichts und dann alles auf einmal) wird sich erst rückblickend festhalten lassen. Heißt: Ohne einen Erfolg gegen Werder Bremen morgen bleibt es eine Krise auf Abruf.

Vieles erinnert an die Saison 2013/2014, ebenfalls eine ohne Europapokal. Den erwähnten Sieg in Dortmund gab es am 25. Spieltag, danach hatte Gladbach 39 Punkte und war Siebter. Es folgte ein Heimspiel gegen Hertha BSC, ein 3:0, durch das sich die Mannschaft zurückmeldete im Kampf ums internationale Geschäft. "Es wäre falsch, gleich wieder von Europa zu reden. Wir konzentrieren uns von Spiel zu Spiel, auch wenn es langweilig klingt", sagte Yann Sommer nach dem Sieg in Hannover. Noch ist auf der neuesten Krisen-Gedenktafel kein Enddatum eingetragen. Damit es der 24. Februar 2018 wird, der vergangene Samstag, sind gegen Bremen drei Punkte nötig.

(jaso)
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