Borussia Mönchengladbach Toreschießen als Romantik-Killer

Meinung | M'gladbach/Gelsenkirchen · Nach der Partie beim FC Schalke 04 stellt sich die Gretchenfrage des Fußballs: Worauf kommt es im Wesentlichen an? Die Antwort ist für Borussia Mönchengladbach so ernüchternd wie das Ergebnis.

FC Schalke 04 - Borussia Mönchengladbach: Einzelkritik mit Noten
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Schalke - Gladbach: Einzelkritik

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Foto: afp, PST

Wenn Dinge unerklärlich scheinen, gibt es meist wortgewaltige Erklärungsversuche: "Seltsam", "grotesk", "absurd", "unglücklich", "unverdient" et cetera et cetera et cetera — so wurde das 1:2 der Borussen beim FC Schalke zusammengefasst, betitelt, analysiert. Der eine oder andere vermutete sogar eine höhere Macht hinter den Geschehnissen des Abends: den Fußballgott. Immerhin wurde nicht spekuliert, dass es sich bei der Veranstaltung um eine X-Akte handeln könnte.

Jenseits aller Romantik jedoch muss man feststellen: Vor allem war diese Niederlage eines — eine Niederlage. Daran ändert kein Ballbesitz etwas, und auch keine noch so große Summe von Torschussversuchen. Diese Daten belegen nur, dass sie völlig unnötig war.

Nach Spielen wie diesen — und die hat es schon oft gegeben in der Vergangenheit, unter anderem, aus Borussen-Sicht, mal ein 0:4 in Köln, bei dem das damalige Gladbacher Team nahezu ebenso überlegen war, wie nun das auf Schalke (aber auch bei anderen Teams, und auch pro Borussia!) — stellt sich immer wieder die Gretchenfrage: Was ist das Wesentliche des Spiels? Nun, der Blick auf die Tabelle legt eine klare Tendenz nahe: das Ergebnis und, auf dem Weg dahin, das Tor.

Wie es letztlich zustande kommt, darüber spricht im Rückblick nur der, der nicht erfolgreich war. Der andere, der Erfolgreiche wird Komplimente verteilen für die Leistung des Gegners, wird lächeln und sagen: "Mund abputzen und weitermachen."

Man darf fragen: Ist es nicht auch eine Qualität, den Ball aus aussichtsreicher Position ins Tor zu treten, zumal bei gehäufter Versuchszahl? Muss man sich vorwerfen lassen, wenn es nicht klappt, selbst wenn der Torwart des Gegners großartig hält? Wie schwerwiegend sind Glück und Pech in der Debatte? Oder aber: Wie viel Unvermögen ist beim Pech dabei, was dann das Glück des anderen wird?

Denn hätte Gladbach in Halbzeit eins all seine Chancen genutzt, da hat Kapitän Granit Xhaka Recht, dann hätte es zur Pause 4:0 oder 5:0 gestanden und die seltsamen Tore, die Schalke "erzielte", hätten nicht mehr als eine statistische Rolle gespielt. Doch es stand 0:0, weil Borussia nicht nutzte, was sich bot, und so kam alles anders. Fußball ist manchmal gemein.

Es war eine Phantom-Niederlage, denn "am Ende hätte man viele fragen können, und keiner hätte gewusst, dass es so steht", befand Gladbachs Sportdirektor Max Eberl. Doch auch Phantomschmerzen tun dem, der sie hat, weh. Und so ist es auch mit dieser Niederlage: Sie ist sehr schmerzhaft. Denn da es im Fußball keine B-Note gibt, steht am Ende nichts vom tollen Spiel der Borussen zu Buche, nichts von den hübschen Kombinationen und all der Überlegenheit im gegnerischen Stadion. Da steht nur: Zwei zu Eins für Schalke. Und: Drei Punkte für Schalke, null für Gladbach. Und, dass die Borussen weiterhin seit Ende Oktober auswärts ohne Sieg sind. Merke: Auch eine Phantomniederlage hat reale Folgen.

Man kann vermuten, dass der, der so viel Glück hat, sein diesbezügliches Konto abgeräumt hat, und umgekehrt, dass der, der so viel Pech hat, nun nichts mehr zu befürchten hat. Das würde heißen: Der Rest der Saison läuft für Gladbach, Schalke hingegen tut sich schwer.

Doch dummerweise gibt es keine Formel, die das belegt, allein die Hoffnung, dass es so kommt. Was bleibt, ist die Erkenntnis, die so neu wie das Spiel selbst und in der gedanklichen Konsequenz ein echter Romantik-Killer ist: Das Tor ist das Wesentliche beim Fußball. Und wer es nicht macht, der hat ein Problem. Das ist dann auch die einzig mögliche und sehr logische Erklärung für das unerklärliche 1:2 "auf" Schalke.

(kk)
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