Thorben Marx "Derby-Niederlage? Habe ich nie erlebt!"

Mönchengladbach · Ex-Borusse Thorben Marx war ein ausgemachter Köln-Experte und wusste, wie Stabilität geht. Und er spricht über Gladbachs neuen alten Stürmer.

 Derby-Schreihals: Thorben Marx hat in seiner Zeit als Borusse besonders gern gegen Köln gespielt - schließlich hat er nie verloren.

Derby-Schreihals: Thorben Marx hat in seiner Zeit als Borusse besonders gern gegen Köln gespielt - schließlich hat er nie verloren.

Foto: imago

Thorben Marx (36) hatte einen spannenden Freitag. Das Lifestyle-Portal Tivela, das er mit dem Ex-Borussen Mike Hanke betreibt, ist seit Freitag online. Marx ist nun also ganz offiziell Geschäftsmann. Den Fußball, der 15 Jahre lang sein Job war, hat er aber weiter im Blick. Und natürlich Borussia, für die er von 2009 bis 2015 spielte. In der Zeit hatte er insbesondere Spaß an den Derbys gegen den 1. FC Köln. Karsten Kellermann sprach mit ihm darüber und auch über die Gladbach-Rückkehr seines früheren Mitspielers Raúl Bobadilla.

Herr Marx, Sie sind ein Experte für das rheinische Derby. Während Ihrer sechs Jahre bei Borussia ging kein einziges Spiel gegen Köln verloren.

Marx Gerade die Tatsache, dass ich kein Derby verloren habe, ist mir wichtig. Das Gefühl wollte ich nie erleben - und es ist mir erspart geblieben. Ich wusste ja schon, bevor ich nach Gladbach kam, wie wichtig die Spiele gegen Köln sind.

Wie kam das?

Marx Michael Frontzeck war Trainer in Bielefeld. Er ist ja gebürtiger Gladbacher und Ur-Borusse. Als wir dann mit Arminia in Köln gespielt haben, hat er gesagt, dass er die ganze Mannschaft zum Essen einlädt, wenn wir gewinnen. Da bin ich das erste Mal mit der Sache konfrontiert worden und habe das Derby-Gefühl gespürt. Bei Borussia war mit das Erste, was mir gesagt wurde, wie wichtig das Derby ist. Sobald ich unterschrieben hatte, wurde ich überall auf das Thema angesprochen. Von den Fans, im Verein, eigentlich von jedem, der mit dem Verein irgendetwas zu tun hat.

Und wie fühlt es sich an, wenn man dann auf dem Platz steht im Derby?

Marx Das ist schon anders als in anderen Spielen, das muss ich sagen. Man merkt die ganze Woche über dieses Kribbeln und die Vorfreude auf den Spieltag.

Einer der wichtigsten Siege gegen Köln in Ihrer Zeit war das 5:1 im Heim-Derby.

Marx Das stimmt. Aber vorher, in der Hinrunde der Saison 2010/11 gab es auch schon einen tollen Sieg. Ein 4:0 in Köln ...

... nach dem Michael Frontzeck auf dem Rasen den Diver machte ...

Marx Ich erinnere mich an die Szene. So habe ich ihn vorher nie erlebt. Wir waren vor dem Spiel Letzter, Köln Vorletzter. Darum war es ein sehr wichtiger Sieg für uns.

Einer, der dabei zwei Tore gemacht hat, war Raúl Bobadilla.

Marx Er war klasse drauf an dem Tag. Wie Michael Bradley, mein Mit-Sechser. Auch er hat getroffen. Alle Tore fielen nach der Pause. Wahnsinn, was da los war. Und es war ein Regenspiel unter Flutlicht, es war also eine ganz besondere Atmosphäre.

Bobadilla ist nun zurückgekehrt zu nach Mönchengladbach. Was halten Sie davon?

Marx Er hatte schon immer sehr viel Talent und Potenzial. Ich habe ihn vor kurzen im Zusammenhang mit Tivela getroffen und habe gemerkt, dass er sich auch als Mensch weiterentwickelt hat. Er ist ein Spieler, der für die Gegner sehr unangenehm ist, und kann seiner eigenen Mannschaft weiterhelfen. Die Konkurrenz ist groß für ihn, aber insgesamt finde ich, dass der Transfer Sinn macht, und hoffe, dass es eine erfolgreiche Zusammenarbeit wird.

Nun ist das Derby der Saisonauftakt. Das ist ein Kracher. Besser kann eine Saison nicht losgehen, oder?

Marx Das ist richtig. Aber ich finde es auch gefährlich. Mit einem Sieg kannst du direkt in einen Lauf kommen und viel für die Stimmung der gesamten Saison tun ...

Wie in der Saison nach der Relegationsrettung mit dem 1:0 in München..

Marx Genau. Das hat uns viel Antrieb gegeben. Aber wenn du das Derby verlierst, kommst du in einen Negativlauf.

Also geht es in einem Derby um mehr als nur drei Punkte.

Marx Das würde ich schon sagen. Es geht um eine Grundstimmung im gesamten Verein und drumherum. Darum halte ich ein Derby am ersten Spieltag für sehr knifflig.

Ist das erste Spiel generell schwierig?

Marx Ich würde sagen, das gilt für die ersten zwei, drei Spieltage. Weil man noch nicht weiß, wo man steht. Da spielt der Kopf eine große Rolle. Wenn du die ersten beiden Spiele verlierst, läufst du gleich den Punkten hinter, darum muss man das auf jeden Fall vermeiden. Ein gelungener Start ist wichtig für eine Saison.

Ein wichtiger Faktor dürfte auch sein, wie stabil die Borussen in dieser Saison sind. Erklären Sie mal, wie Stabilität geht.

Marx Es geht zunächst darum, mehr Wert auf die Defensive zu legen. Man muss vernünftig absichern, darum dürfen nicht alle nach vorn rennen. Man muss ruhig bleiben und Geduld haben. Meine Stärke war sicherlich weniger das super Offensivspiel, sondern das Teamspiel: Räume zulaufen, den Ball erobern, den Mitspielern Ruhe geben. Das sind Stabilitäts-Faktoren.

Das heißt: Stabilität heißt, cool zu bleiben.

Marx Ja, so kann man es sagen. Grundsätzlich ist Stabilität im Fußball die Basis für den Erfolg. Ohne Stabilität gewinnst du keine Spiele. Das sieht man bei allen Top-Mannschaften. Es ist wichtig, wenig Gegentore zu bekommen. Dann reicht auch mal ein 1:0, um die Punkte mitzunehmen. Das bringt Selbstvertrauen und zahlt sich am Ende der Saison aus. Und wenn du weißt, dass du hinten stabil bist, dann gibt dir das ein sicheres Gefühl.

Wie wichtig sind die Sechser für die Stabilität?

Marx Es geht ja um die richtige Balance. Und der Sechser ist nun mal das Bindeglied zwischen Offensive und Defensive. Aus dem Zentrum hast du das ganze Spiel im Blick und musst die Kommandos geben. Natürlich sind die Offensivspieler auch wichtig und stehen mehr im Fokus. Sie setzen die Akzente nach vorn, machen die Tore. Aber auch ein Mann wie Christoph Kramer ist wichtig.

Was trauen Sie Borussia neuer Mannschaft in der nun startenden Saison zu?

Marx Vom Potenzial, von der Spielanlage und vom Talent her gehören die Borussen in meinen Augen schon zu den sechs besten Mannschaften der Liga. Andere Verein haben vielleicht mehr Geld. Aber vom Klima und von den Spielern her, kann man das den Gladbachern zutrauen. Die Mannschaft hat enorm viel Potenzial, wenn alle Spieler fit sind. Das Team ist eingespielt, auch wenn es mit Mo Dahoud und Andreas Christensen zwei Abgänge gab, die sicherlich nicht leicht zu kompensieren sind. Aber wenn sich die Mannschaft an den Stellen schnell findet, ist viel drin für die Borussen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort