Borussia Mönchengladbach Drmic und das späte Glück

Die Testspielsiege gestern gegen Würzburg und Waregem sind gut für die Motivation. Trainer Hecking hat wichtige Erkenntnisse gewonnen.

Borussia Mönchengladbach - SV Zulte Waregem: die Bilder des Spiels
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Last-Minute-Erfolg gegen Zulte Waregem

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Dieter Hecking hatte noch nicht genug. Es war mittlerweile dunkel geworden in Marbella, der Wind blies kühl zwischen den Bergen durch, aber der Trainer wollte das Tagesziel noch unbedingt erreichen. In der Teamsitzung am Mittag hatten die Borussen sich vorgenommen, beide Testspiele zu gewinnen. "Holt nochmal den Ball, es ist noch Zeit!", rief der 52-Jährige kurz vor dem Ende. Tatsächlich gab es noch einen Freistoß, die letzte Szene der Partie gegen den SV Zulte Waregem. Raffael brachte den Ball von halbrechts herein, Jannik Vestergaard stieg hoch - wie am Vormittag im Training mit Co-Trainer Dirk Bremser geübt - und traf zum 2:1.

Josip Drmic hatte da bereits Feierabend, aber auch er besaß einen Anteil daran, dass Hecking nach dem Spiel sagen konnte: "Es freut mich für die Mannschaft, dass sie sich belohnt und das Spiel noch gedreht hat. Das sind so kleine Dinge, die man in der Vorbereitung gerne mitnimmt." Für Drmic dürfte der Applaus der knapp 100 Borussia-Fans so ein "Ding" gewesen sein, als er in der 66. Minute ausgewechselt wurde. Bald sollen es ja wieder bis zu 50.000 werden, die dem Angreifer zujubeln. Wobei Drmic das in Gladbach noch gar nicht erleben durfte.

Die mit nach Spanien gereisten Fans honorierten nicht nur sein Tor zum 1:1 kurz nach der Pause, sondern auch eine engagierte Leistung im Angriff. "Gleich von Anfang an zu spielen nach der langen Leidenszeit und den Einsatz mit einem Tor zu vergolden, ist sehr, sehr schön", sagte Drmic, der mit einem Knorpelschaden zwei Drittel des vergangenen Jahres ausgefallen war. "Ich hoffe, dass es so weitergeht."

Schon in der dritten Minute hatte der Schweizer ganz offensichtlich Bock, einen Haken hinter die Sache mit dem Tor zu machen. André Hahn war im Strafraum gefoult worden, aber Raffael setzte sich durch und verschoss den Elfmeter. Das nächste Zeichen kam von Drmic, der aus 18 Metern knapp das Tor verfehlte. Doch kurz darauf ging Zulte Waregem in Führung. Timothée Kolodziejczak, der echte Neue, hatte eine Flanke nicht verhindert. Dem Rückstand lief Borussia hinterher, bis in der 53. Minute der halbe Neue traf: Drmic lief im freien Raum mit dem Ball, bediente auf der rechten Seite Hahn und hatte dann das Glück, dass er der Ball vom gegnerischen Torwart zu ihm zurückkam. Der finale Teil des Angriffs war eine leichte Übung.

Drmic selbst würde diesen Text wohl nicht mit der Überschrift "Drmic ist wieder da" versehen, er meinte: "Ob ich da bin, weiß ich noch nicht. Es liegt noch viel Arbeit vor mir." Ein paar Einsätze und Erfolgserlebnisse seien noch nötig. "Ich muss noch viel machen für mein Knie. Heute hat es wieder etwas Neues erfahren", sagte der 24-Jährige. "Das waren mit die härtesten knapp 70 Minuten, die ich je gespielt habe."

Die erste Halbzeit spielte Borussia im 3-4-1-2, die zweite im 4-4-2. Da Drmic jeweils ein Teil des Zweiersturms war, änderte sich durch Heckings Umstellung nicht so viel für ihn, im Gegensatz zu Kolodziejczak. "Mit seiner zweiten Halbzeit war ich sehr zufrieden", sagte der Trainer über den 25-Jährigen. "Da hat er viele gute Sachen gemacht, unter anderem im Zusammenspiel mit Jannik Vestergaard, aber auch viele gute Bälle im Spielaufbau gespielt." Hecking war aufgefallen, dass seine Mannschaft Probleme hatte mit Zulte Waregems offensiver Dreierreihe. Aus dem linken Innenverteidiger "Kolo" in einer Dreierkette wurde nach der Pause ein Linksverteidiger in einer Viererkette. Auch der Franzose ist noch nicht bei 100 Prozent, nur muss er eben nicht physisch aufholen wie Drmic, sondern sich noch besser an seine Mitspieler gewöhnen.

Mit weniger Glück hätte Borussia das Spiel gegen den Dritten der belgischen Liga auch verlieren können. Doch sie hatte insgesamt mehr Chancen und nutzte eine davon ganz spät. Die Art und Weise war untypisch: In der gesamten Hinrunde hatte Gladbach kein Kopfballtor erzielt. Zudem gelangen in der Bundesliga nur fünf Tore in der zweiten Halbzeit, in den beiden Testspielen gegen Würzburg und Zulte Waregem fielen alle vier nach der Pause. Wer wollte, konnte noch auf zwei Auswärtssiege innerhalb von fünf Stunden verweisen. Aber das hatte Borussia nach dem gelungenen Doppel-Spieltag gar nicht nötig.

(RP)
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