Borussia verliert in Wolfsburg Jedes Prozent weniger kann teuer werden

Meinung · Es ist nicht leicht, ein Bayern-Besieger zu sein. Wer die beste Mannschaft im Lande schlägt, sollte gut genug sein, jeden Gegner zu besiegen – das klingt wie eine realistische Formel, auch für Borussia Mönchengladbach. Doch eine solche Logik gibt es im Fußball nicht.

Borussia Mönchengladbach beim VfL Wolfsburg: Einzelkritik
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Wolfsburg - Borussia: Einzelkritik

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Foto: Dirk Päffgen

Es ist nicht leicht, ein Bayern-Besieger zu sein. Wer die beste Mannschaft im Lande schlägt, sollte gut genug sein, jeden Gegner zu besiegen — das klingt wie eine realistische Formel, auch für Borussia Mönchengladbach. Doch eine solche Logik gibt es im Fußball nicht.

Da wird immer nach 90 Minuten abgerechnet und dann geht es wieder bei null los. Das bekam Borussia, eine Woche zuvor noch Bayern-Besieger, beim 0:3 in Wolfsburg zu spüren. Sie spielte nicht schlecht insgesamt, versuchte die Aufholjagd nach der Pause auch mit der nötigen Ruhe, hatte auch gute Chancen. Doch war die Hypothek der verpatzten Anfangsphase zu groß. Borussia war in den ersten 25 Minuten zu passiv, das nutzte Wolfsburg, um mit starken Spielzügen das vorentscheidende 2:0 herauszuschießen.

Es gab zuvor eine Phase, in der die Borussen auch schon einige frühe Gegentore kassiert hatten. Das wurde zuletzt abgestellt. Wolfsburgs Frühstart war nun ein Faktor der Niederlage — und die Borussen hatten ihren Anteil daran. Es zeigte sich einmal mehr, und das hat auch Trainer Dieter Hecking den Seinen gesagt nach dem 0:3, das eine hübsche Serie von vier Spielen ohne Niederlage und mit zehn Punkten beendete: Wer nicht ans Maximum geht, wird eher nichts holen in der Bundesliga. Und Maximum heißt nicht viel Ballbesitz, sondern es geht darum, in den entscheidenden Disziplinen das Maximum abzurufen: Effektivität, Konzentration, Stabilität — alles über die volle Distanz.

Die Sache mit dem Ballbesitz kann sein wie der Gesang der Sirenen: Er kann Verführerisches vorgaukeln, doch kann es eine Mär von Überlegenheit sein, eine bloße Täuschung, die in Sicherheit wiegt, und dahinter lauert die Gefahr der Niederlage. Ballbesitz ist nicht immer gleich Kontrolle. Siehe Borussias Spiele in Berlin und gegen die Bayern. Da gönnte sie dem Gegner über weite Strecken den Ball, aber eben nicht die Punkte. Auch wer seltener den Ball hat, kann die Kontrolle haben — wenn er daraus das Richtige macht.

Hecking nahm sein Team in Wolfsburg in Schutz, sprach viel von dem, was der Gegner gut gemacht habe. Doch er wird intern anders sprechen. Denn den Ehrgeizigen dürfte es extrem ärgern, dass sein Team ausgerechnet in Wolfsburg den Sprung auf Rang zwei verpasst hat — in einem Spiel, in dem mehr drin gewesen wäre. Aber eben nur mit 100 Prozent. Jedes Prozent weniger kann teuer werden. Bayern-Besieger haben da keinen Bonus. Im Gegenteil.

Umgekehrt gilt für die Wolfsburg-Verlierer: Es geht Samstag gegen Schalke wieder bei null los. Die Borussen haben beim 0:3 aber immerhin eine wichtige Erfahrung gemacht: Ein Fußballspiel fängt mit dem Anpfiff an und nicht mittendrin. Das ist keine neue Erkenntnis, musste aber offenbar mal wieder aufgefrischt werden. Doch auch das gehört wohl zur Wachstumsphase eines Teams.

(kk)
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