Borussia Mönchengladbach Borussias zwei Gesichter

Mönchengladbach · Mit Rasenballsport hat die Bilanz nichts zu tun. Doch das, was Borussia bislang in und gegen Leipzig fabrizierte, passt zum aktuellen Status quo der Gladbacher.

Das Team von Trainer André Schubert tut sich auf fremden Platz schwer.

Das Team von Trainer André Schubert tut sich auf fremden Platz schwer.

Foto: Dieter Wiechmann

0:0 endete 1990 ein Testspiel bei Lok Leipzig, und in der Saison 1993/94 gab es ein 1:1 beim VfB. Eben dieser wurde in derselben Spielzeit mit 6:1 aus dem Bökelbergstadion geschossen, es ging so locker zu für die Borussen, dass Thomas Kastenmaier während einer Spielpause sogar auf dem Schemel eines Fotografen Platz nahm - um dann, wohl genügend ausgeruht, die Ecke zu treten, die zum 2:0 führte. Daheim hui und auswärts gerade das Gegenteil - so ist vor der morgigen Dienstreise auch die Bilanz der Gegenwarts-Borussen in der Bundesliga. Die letzten neun Heimspiele wurden gewonnen - mit einer Torbilanz von 29:5. Die erste Halbzeit zuletzt gegen Bremen, das rauschhafte 4:0 war, das sagt mancher Experte, "Weltklasse". Da es vorher einen Sieg im Topspiel gegen Leverkusen gab, darf man sagen: Borussia macht weiter, wo sie in der vergangenen Saison aufgehört hat.

Bis dato gilt das jedoch auch für die Auswärtsproblematik. Und das obwohl hier Besserung in Sicht war, da das erste Champions-League-Play-off in Bern ebenso gewonnen wurde wie das Pokalspiel in Drochtersen. Doch das Bundesligaspiel beim Aufsteiger Freiburg ging dann sehr, sehr sang- und klanglos 1:3 verloren, trotz der 1:0-Führung. Dass Freiburg zudem eines der Teams ist, das Fußball zwar auch zelebriert, ihn aber vor allem läuft und arbeitet, passt es auch in eine weitere Problemkategorie der Borussen: Sie tun sich schwer gegen Gegner dieser Art: Augsburg, Mainz, auch Ingolstadt, das am Samstag kommt. Rasenballsport Leipzig ist spielstark, aber auch kämpferisch - das hat schon Borussia Dortmund beim 0:1 zu spüren bekommen.

Gladbachs Thorgan Hazard kündigte nach dem Bremen-Spiel an: "Wir wollen eine Serie starten." Dazu muss aber erst mal das Problem mit den zwei Gesichtern gelöst werden: Borussia ist daheim eine ganz andere als in der Fremde. Ängstlicher, verhuschter, ideenloser. Weswegen in den letzten elf Auswärtsspielen nur fünf Punkte geholt wurden bei 10:22 Toren. Der einzige Sieg gelang im sportlich bedeutungslosen Spiel in Darmstadt am letzten Spieltag.

Wenn die Borussen auf Reisen gehen, gibt es hernach wegen der anhaltenden Erfolglosigkeit stets Debatten, auch um die Dreierkette von Trainer André Schubert. Öffnet sie dem Gegner Tor und Tür? Ist sie sogar Teufelszeug? Aber bitte: Daheim geht es doch. Wie alles andere auch. Beim 4:1 gegen Bremen wählte Schubert eine Mischform mit Andreas Christensen als rochierendem Sechser. Doch ist das Auswärtsproblem wohl kein Ketten-Problem, sondern eines der Herangehensweise: Wer so passiv ist wie Borussia in Freiburg, der holt nichts, egal wie viele Männer hinten stehen. Krasse individuelle Fehler und Passivität legen jede Defensive lahm. Kurios ist: Als die Schubert-Zeit in Gladbach begann, spielte sein Team auswärts nach Belieben auf: In den ersten vier Spielen gab es zehn Punkte und 15:6 Tore.

Das 3:3 in Hoffenheim, das in dieser Bilanz drin ist, markiert jedoch einen Übergang, denn da wurde nach dem 1:0 nicht konsequent weitergespielt. Dann kam das 0:5 in Leverkusen. Seither gab es neben dem Darmstadt-Sieg zwei Remis. Somit kann Borussia morgen in Leipzig nicht nur zum ersten Mal überhaupt siegen, sondern auch ein Argument gegen die Debatte um ihre Janusköpfigkeit einbringen. "Wir müssen eine ganz andere Borussia sein als in Freiburg", sagte Hazard. Problem erkannt. Die Lösung liegt wie üblich auf dem Platz. Und sie hat sehr wohl etwas mit Rasenballsport Leipzig zu tun.

(kk)
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