Jannik Vestergaard "Ich möchte Sicherheit ausstrahlen"

Mönchengladbach · Der 1,99 Meter lange Innenverteidiger Jannik Vestergaard spricht in Borussias Trainingslager über Privates, die Probleme in der Hinrunde und die neuen Ziele.

Jannik Vestergaard: Däne mit niederrheinischen Wurzeln
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Das ist Jannik Vestergaard

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Foto: Dirk Päffgen

Von den letzten 14 Spielen im vergangenen Jahr haben Sie zwölf über 90 Minuten gemacht. Haben Sie sich besonders auf die Pause gefreut?

Vestergaard Ich habe mich jetzt nicht am Limit gefühlt. Klar, wir hatten die Möglichkeit, uns zu sortieren, so dass wir richtig angreifen können in der Rückrunde. Deshalb war die Pause sicher nicht verkehrt, aber ich glaube nicht, dass wir sie körperlich dringend brauchten.

Privat darf man Ihnen gratulieren: Sie haben sich mit Ihrer Freundin Pernille verlobt. Wie sehr gibt das Ihnen einen Schub?

Vestergaard Für mich ist das in erster Linie als Mensch sehr wichtig. Fußball kostet viel Energie. Wenn es zu Hause gut läuft und man glücklich ist, merkt man das sicher auch etwas auf dem Platz. Man ist entspannter, kann Probleme in Ruhe angehen und bessere Lösungen finden. Ich bin wie jeder Mensch auf der Suche nach dem Glück und bin froh, es gefunden zu haben.

Wie zufrieden ist der Mensch Jannik Vestergaard mit dem Fußballer Jannik Vestergaard in der Hinrunde gewesen?

Vestergaard Ich habe mich gut in Gladbach eingefunden. Verbessern kann man sich immer und darf diesen Willen auch nicht verlieren. Leider haben wir als Mannschaft nicht die Punkte geholt, die wir verdient gehabt hätten. Deshalb kann ich mit mir selbst nicht ganz zufrieden sein, auch wenn ich gezeigt habe, wer ich als Fußballer bin.

Was wollen Sie denn verkörpern als Innenverteidiger?

Vestergaard Ich möchte Sicherheit ausstrahlen. Für eine Mannschaft ist das wertvoll, wenn da hinten jemand ist, dem sie vertrauen kann. Und selbst, wenn es nicht läuft, soll jeder sehen, dass ich 100 Prozent gebe. Die Jungs sollen sich an mir orientieren können. Ich will auch dirigieren und Verantwortung übernehmen.

Durch den Trainerwechsel gab es einen Cut. Wie sehen Sie die ersten Tage unter Dieter Hecking? Es hat den Anschein, als plane er Sie als Abwehrchef ein.

Vestergaard Da müssen Sie den Trainer fragen. Es ist noch zu früh, um über irgendwelche Startformationen zu sprechen. Wir trainieren sehr hart und sehr spezifisch. Hinten müssen wir wieder stabiler werden. Nach vorne haben wir sehr viel Qualität. Wenn wir die Stabilität finden, bin ich mir sicher, dass sich die Qualität auch durchsetzen wird.

Dass man Sie im Zentrum findet, ergibt sich allein schon aus Ihrer Größe. Nervt es, immer darauf angesprochen zu werden?

Vestergaard Nerven ist vielleicht zu viel gesagt. Irgendwann ist es nicht mehr so interessant, alle wissen, dass ich groß bin.

Also haben Sie alle möglichen Sprüche schon gehört?

Vestergaard Ja, das kann man sagen. Wenn mich jemand zum ersten Mal sieht und irgendeinen Witz bringt, den er lustig findet und der vielleicht auch mal lustig war, dann bitte nicht böse sein, wenn ich nicht mitlache. Die habe ich alle 10.000-mal gehört.

Am häufigsten wird Ihre Größe thematisiert, wenn es um Standards geht, insbesondere um Ecken.

Vestergaard Das ist auch ein Punkt, in dem ich mich unbedingt verbessern möchte. Mit etwas Glück hätte ich in der Hinrunde ein paar Mal getroffen. Da wurde auf der Linie gerettet, in Berlin kam ich einmal gut zum Kopfball, in Freiburg ging der Ball knapp drüber. Zufriedenstellend ist es nicht, weil ich finde, dass ich oft zum Abschluss komme.

Es gilt aber für die gesamte Mannschaft, dass Borussia bei Ecken sehr wenig zustande gebracht hat. Mit Bremen waren Sie vergangene Saison noch das gefährlichste Team nach Ecken.

Vestergaard Wir hatten in Gladbach in der Hinrunde oft eine Elf, die vorne nicht ihre absolute Stärke im Kopfballspiel hat. Mit Thorgan Hazard, Lars Stindl, Raffael, Mo Dahoud oder Ibrahima Traoré sind das Leute, die nicht unbedingt dafür prädestiniert sind. Die Kopfballtore müssen von uns hinten aus der Abwehr kommen. Aber Josip Drmic ist zurück, André Hahn haben wir noch.

Ist das Eckball-Thema trotzdem überbewertet? Statistisch gesehen, sind Eckbälle kein so großer Faktor.

Vestergaard Das mag sein, aber es sind so einfache Tore. Die Flanke muss gut sein, du musst dich bei Manndeckung gegen deinen Gegner durchsetzen und den Ball aufs Tor bringen. Eigentlich ist es simpel. Diese Tore tun sehr gut und tun auf der anderen Seite sehr weh. Zum Beispiel in Augsburg, wo wir keine Chancen zugelassen haben und dann machen sie ein Standardtor.

Haben Sie nochmal mit Ihrem Landsmann Andreas Christensen gesprochen, was ab Sommer 2017 mit ihm passiert?

Vestergaard Nein, ich glaube er macht sich keine großen Gedanken darüber und will sich einfach auf den Fußball konzentrieren. Irgendwann passiert das alles von alleine.

Was sind die Ziele fürs neue Jahr? Es ist wohl davon auszugehen, dass Sie in der nächsten Saison noch in Gladbach sind.

Vestergaard Ja, da gehe ich von aus. Zunächst müssen wir schauen, dass wir ordentlich Punkte in der Bundesliga sammeln. Dann werden wir in den anderen beiden Wettbewerben gucken, was geht. Da haben wir die Möglichkeit, etwas Besonderes zu erreichen. Was dann in der nächsten Saison ist, ist noch zu weit weg. Wir müssen ganz einfach von Spiel zu Spiel denken, uns im Training verbessern und eng zusammenrücken.

Ist die Stimmung nun besser als im Herbst? Alle scheinen sich reinzuhängen unter dem neuen Trainer.

Vestergaard Wir haben sicherlich etwas Abstand gewonnen zu den schlechten Ergebnissen. Aber ich finde, dass wir intern schon immer eine gute Stimmung hatten. Die Unterstützung ist groß, egal wer spielt. Keiner wird hängengelassen. Wir geben jetzt Gas und wollen wieder unsere Siegermentalität entwickeln.

Das 0:4 auf Schalke wird rückblickend als Knackpunkt unter André Schubert gesehen. Da waren Sie indirekt ein Faktor, weil Sie in der Halbzeit beim Stand von 0:0 nach einer guten Leistung ausgewechselt wurden. Haben Sie das damals verstanden?

Vestergaard Der Trainer hat diese Entscheidung getroffen und dazu werde ich nichts mehr sagen. Natürlich hat unsere Negativserie auf Schalke angefangen, aber ich kann nicht einschätzen, ob meine Auswechslung so eine entscheidende Rolle gespielt hat.

Noch ein Spiel mit Symbolcharakter war das Derby gegen Köln. Auch da standen Sie im Mittelpunkt, als Sie Anthony Modeste gegen den Kopf köpften und der Ball ins Tor sprang.

Vestergaard Es war frustrierend, weil das Spiel plötzlich offen war, obwohl wir so gut gespielt hatten. Wir hätten höher führen müssen. Zweitens habe ich gar nicht verstanden, wie das Tor gefallen ist. Ich habe das Kopfballduell gewonnen und plötzlich hörte ich, wie der Gästeblock jubelte. Sicherlich hatte das Symbolcharakter, aber auch die zwei verschossenen Elfmeter gegen Hamburg, der Freistoß an die Latte gegen Köln. Es sind auch ein paar unerklärliche Dinge zusammengekommen. Gegen Modeste habe ich eigentlich die richtige Entscheidung getroffen. Wenn ich das noch 100-mal so mache, fällt 100-mal kein Tor. Deshalb ist das abgehakt.

Heute stehen die ersten Testspiele an gegen die Würzburger Kickers (14 Uhr) und den SV Zulte Waregem (17 Uhr). Was erwarten Sie von diesen Partien?

Vestergaard Wir haben natürlich schwere Beine, aber da müssen wir über unsere Grenzen hinauskommen. Wir wollen wenig zulassen und eine geschlossene Leistung zeigen. Wir haben vorne sehr gute Kreativspieler. Wenn die wieder diese Stabilität hinten spüren, hoffe ich, dass sie auch ihre gute Intuition zurückgewinnen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es dann werden kann.

(jaso)
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