Borussia Mönchengladbach Das Wesentliche und die Tiefenstruktur

Mönchengladbach · Der erste Arbeitsnachweis der neuen Borussia liegt vor. Es ist ein ambivalenter Eindruck, den die Gladbacher beim 2:1 in Essen hinterlassen haben, denn so recht weiß man noch nicht, wo diese Mannschaft wirklich steht.

Rot-Weiss Essen - Borussia Mönchengladbach: Einzelkritik
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Essen - Gladbach: Einzelkritik

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Ob Borussia bereit ist für die Liga, in die sie gut starten will, ob sie bereit ist für das Derby — das lässt sich noch nicht klar beantworten. Das Wesentliche indes haben die Borussen erfüllt: Sie haben beim Regionalligisten gewonnen und die zweite Runde erreicht. Und sie haben jene Gier nach Erfolg an den Tag gelegt, die Trainer Dieter Hecking eingefordert hat als Merkmal für die kommende Saison. Sie haben den Rückstand gedreht, haben nicht den Kopf verloren und schließlich die nötigen Tore erzielt.

Allerdings: Drei Minuten gnadenloser Effektivität können nicht übertünchen, dass zuvor die Konsequenz und Zielstrebigkeit im Spiel nach vorn fehlten. Es wurde viel hin und her gespielt, quasi um den heißen Brei herum. Das nährt die These, dass die zweifellos begabte Gladbacher Offensive zu verspielt ist und ein typischer Torjäger ganz vorn fehlt. Andererseits: Wie Jonas Hofmann und Raffael schließlich die Tore erzielten, hatte schon etwas mittelstürmereskes: Hofmann im Nachfassen und Raffael aus kurzer Distanz trocken und humorlos. Und am Ende waren alle vier Mitglieder der Offensivabteilung am Sieg im ersten Pflichtspiel beteiligt: Raffael traf, Stindl und Hazard sammelten Assists ein und Traoré initiierte Tor Nummer eins - nach Stindls Balleroberung.

Dass die Borussen ihre Überlegenheit aber erst spät in Ertrag verwandelten, Essen damit die Gelegenheit gaben, sie in eine unangenehme Situation zu bringen und sich somit quasi selbst einen Charaktertest auferlegten, um ihn dann zu bestehen, ist die Quintessenz der Geschichte. Das Spiel belegt grundsätzlich die Grundthese, die bezüglich dieser Saison aufgestellt wird: Es wird alles hauteng. Sicher wird es Spiele geben, die leicht vom Fuß gehen, doch sollte Heckings Team stets darauf eingestellt sein, bis an die Schmerzgrenze zu gehen. Symbolträchtig könnte dafür Hazards Vorarbeit zum 2:1 sein. Der Belgier gehört normalerweise eher zur der Ästheten-Fraktion im Team. Die Art und Weise, wie er aber das Luftduell nach Traorés Flanke für sich entschied, war eine Aktion aus der Kategorie: Fußball muss auch gekämpft werden. Nehmen wir das Tor als Ganzes: Traorés Solo war Feinkost, Hazards Einsatz kampfstark und Raffaels Abschluss konsequent.

Es ist wie so oft in solchen Spielen: Die Botschaften liegen nicht an der rauen Oberfläche, sondern in der Tiefenstruktur. Die sonst vor allem spielerischen (oder zuweilen auch mal zu verspielten) Borussen können auch anders, wenn es nötig ist. sie haben offenbar den Willen, dem Ungemach zu trotzen. Damit war Essen ein guter Test für die ersten Liga-Spiele: Denn das Derby gegen Köln und auch das Spiel in Augsburg und nach der Länderspielpause auch das gegen Frankfurt dürften ähnliche Anforderungen stellen, wie nun der Pokal-Fight.

So gesehen stimmt Heckings These, dass das harte und ganz weitgehend glanzlose Stück Arbeit vielleicht hilfreicher sein wird, als ein entspannter Sieg. Es war sozusagen eine Übung unter Realbedingungen. Ja, die Borussen wissen, wie Erfolg geht. Aber sie haben auch zu spüren bekommen, dass er auf tönernen Füßen steht. Erfolg ist für die Borussen kein Selbstläufer, er muss immer wieder von neuem hart erarbeitet werden.

(kk)
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