Borussia Mönchengladbach So viel zugelassen wie noch nie unter Hecking

Augsburg · Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie eng es in der Bundesliga zugeht, Borussias 2:2 beim FC Augsburg lieferte ihn. Der FCA hatte Chancen für mindestens drei Tore, und trotzdem hätte Gladbach die Zeichen frühzeitig auf Sieg stellen können.

Borussia-Trainer Dieter Hecking.

Borussia-Trainer Dieter Hecking.

Foto: afp, CS

Borussia verliert 1,67:2,86

Max Eberl und Dieter Hecking haben mehrmals gemahnt, angemerkt, frohlockt (ein wenig kommt es immer auch auf den persönlichen Standpunkt an), dass es in dieser Bundesligasaison so eng wie selten oder gar wie nie zuvor zugehen könnte. Der Saisonstart untermauert ihre These, allen voran die eigene Mannschaft. Sogar im DFB-Pokal gegen Rot-Weiss Essen, den Regionalligisten, betrug der Unterschied nur ein Tor. So war es bei Gladbach in den vergangenen neun Pflichtspielen, in 16 der vergangenen 17, in 22 von 28 unter Hecking. Viermal gewann der VfL mit zwei Toren, einmal mit drei, nur beim 3:5 gegen die TSG Hoffenheim verlor er mit mehr als einem. Doch diesmal konnte sich Borussia glücklich schätzen über ein Unentschieden, denn so viel hatte sie in diesem Kalenderjahr noch nicht zugelassen. Der "Expected Goals"-Wert lag bei 2,86 für den FC Augsburg, bislang waren Eintracht Frankfurt und Bayern München (je 2,36) gegen Heckings Gladbach am produktivsten gewesen. Auch da ging es eng zu — 0:0 und 0:1 endeten die Spiele in der Rückrunde.

Fünfmal vier Punkte in 18 Spielzeiten

Was bei Borussia als "historisch" zu bezeichnen ist, definieren in der Regel die glorreichen 70er: Wenn der Mannschaft etwas Positives gelingt, was es seitdem nicht gegeben hat, dann darf man das Adjektiv schon mal auspacken. Zwei Siege in Folge zum Saisonstart wären also ein Zwischending gewesen, nichts für die Chronik, dennoch bemerkenswert. 1995 gewann Gladbach 1:0 gegen den SC Freiburg und 3:1 beim 1. FC Kaiserslautern, seitdem sieht die Bilanz in 18 Erstliga-Spielzeiten so aus:

Was den Rest der Saison angeht, hat der Start aber so gut wie keine Aussagekraft. Der beste gelang 2010 mit 7:4 Toren, danach ging es in die Relegation. 2014 gab es zwei Unentschieden, am Ende wurde Borussia Dritter. Und die Aufholjagd nach dem Fehlstart 2015 war dann wirklich mal historisch.

Bayerische Probleme

Ob es bei sieben vergeblichen Anläufen bleibt, ein Bundesligaspiel beim FC Augsburg zu gewinnen, hängt nicht allein von Borussia ab. Doch der FCA machte am Samstag vor allem in der zweiten Halbzeit nicht den Eindruck, dass ihm das siebte Jahr im Oberhaus zum Verhängnis werden wird. 2018/2019 werden die Gladbacher es also wieder versuchen, zum dann bereits achten Mal. Nur in Nürnberg (neun) und München (31) benötigten sie mehr Anläufe.

Ungewöhnliche Torjäger

Der Augsburg-Fluch hat sich damit auch gegen die Oscar-Wendt-Sieggarantie durchgesetzt. Zum 13. Mal traf der Schwede für Borussia, bislang hatte sie anschließend immer gewonnen. Hinten wackelten Gladbachs Außenverteidiger zwar gewaltig, aber vorne scheint in dieser Saison mit ihnen zu rechnen zu sein. Gegen Köln war Nico Elvedi mit seinem Tor aus Mittelstürmer-Position der umjubelte Derbyheld, gegen Augsburg wuchtete Wendt nun den Ball fast aus dem Fünfmeterraum per Kopf ins Tor. Somit gibt es wieder einmal mehrere Wahrheiten: Einerseits hat Borussias gepriesene Offensivabteilung noch nicht getroffen, andererseits hat die Defensivabteilung schon drei Ligatore auf dem Konto.

Ein Fehlpass, ein Tor, zwei Karten

Der dritte Torschütze neben Elvedi und Wendt heißt Denis Zakaria. Der Schweizer war selbst überrascht, als er wie ein Eishockeyspieler beim Penaltyschießen alleine auf Augsburgs Keeper Marwin Hitz zulief. "Denis ist auf einem richtig guten Weg", sagte Hecking, "mit seinen 20 Jahren dürfen wir aus darauf freuen, dass da noch mehr kommt." In zwei Bundesligaspielen ist bereits eine ganze Menge gekommen: Zakaria ist der Mann, auf dessen Konto nur ein Fehlpass ist, dafür aber schon ein Tor und sogar zwei Gelbe Karten. "Ja, das geht schnell mir", sagte er über seine Verwarnung, die ihn diesmal mehr hemmte als gegen Köln, und gelobte Besserung: "Ich bin hier, um zu lernen, jeden Tag." Ab Dienstag lernt er erst einmal bei der Schweizer Nationalmannschaft. Was Zakaria bislang in Gladbach gezeigt hat, ist natürlich auch Trainer Vladimir Petkovic aufgefallen.

(jaso)
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