Borussia Mönchengladbach Die Gemeinsamkeit der acht Hecking-Siege

Mönchengladbach · Borussia benötigt nicht häufiger den Ball und muss auch nicht öfter aufs Tor schießen, um in der Bundesliga erfolgreich zu sein. Auf die "Packing"-Werte kommt es an.

Borussia Mönchengladbach: In der Tabelle unter Dieter Hecking Sechster
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Die Hecking-Tabelle

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Foto: dpa/Matthias Balk

Als 70 Minuten gespielt waren, lag Borussia in allen Bereichen vorne: mehr Torschüsse, mehr Pässe, höhere Passquote, mehr gelaufen — und vor allem zwei Tore mehr geschossen als der FSV Mainz 05. Bis dahin hatte Dieter Heckings Mannschaft ein sehr gutes Auswärtsspiel gezeigt, das — in Schulnoten ausgedrückt — nach allenfalls ausreichenden 20 Minuten am Ende immer noch ein gutes war. "Unterm Strich steht für mich ein verdienter Auswärtssieg", resümierte Hecking.

Auf Seiten der Mainzer erhob Martin Schmidt keinen Einspruch, nachdem der Gästetrainer wie gewohnt das erste Wort gehabt hatte. "Der Gegner hat es sehr gut gemacht, so hatten wir es nicht erwartet, die vielen langen Bälle", sagte der Schweizer. Schwindende Kräfte reichten am Ende jedoch, um Borussia noch einmal in Schwierigkeiten zu bringen. Sechs Spieler gingen in der vergangenen Woche im DFB-Pokal und in der Bundesliga über 210 Minuten, Jonas Hofmann kam auf 201, Nico Schulz und Mo Dahoud spielten jeweils 170. An Einsatz mangelte es nicht: Borussia lief zwei Kilometer mehr als Mainz und gewann 57,5 Prozent aller Zweikämpfe — Bestwert in diesem Jahr.

Nummer fünf der Bundesliga

Trotzdem geriet Gladbach am Ende ins Schwimmen, der Anschlusstreffer fiel zum Glück erst in der 89. Minute, so dass das ganz große Zittern ausblieb. Zumindest in der Torschussbilanz und beim Ballbesitz konnte Mainz noch vorbeiziehen. Ein Blick auf die Bilanz unter Hecking zeigt jedoch, dass diese beiden Zahlen am wenigsten darüber aussagen, warum welches Team gewonnen hat. Im April stellte seine Mannschaft zwar auch unter Beweis, dass sie den Gegner dominieren und am Ende in die Knie zwingen kann, gemeint sind die Siege gegen Hertha BSC (1:0) und den 1. FC Köln (3:2). Allerdings war der Erfolg in Mainz typischer für Borussia unter Hecking. Acht Siege in 15 Spielen liefern inzwischen eine beachtliche Stichprobenmenge.

Verdient oder unverdient — der ehemalige Leverkusener und Frankfurter Stefan Reinartz hat sich schon vor seinem Karriereende mit dem Heiligen Gral der Fußball-Statistik beschäftigt, die Firma "Impect" ist dabei entstanden. Nach der Saison 2015/2016 war Schluss, so dass Reinartz bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer im ARD-Studio stand und ein Millionenpublikum mit dem Begriff "Packing" vertraut machen durfte. Dessen Kernwährung sind "überspielte Verteidiger". Zur bildlichen Vorstellung: Bei einem Zuspiel hat der Passgeber vier Verteidiger vor sich, bei der Ballannahme sein Adressat nur noch einen — macht drei "überspielte Verteidiger".

Der Gewinner eines Bundesligaspiels liegt in 88 Prozent aller Fälle auch in dieser Statistik vorne. Mehr gelaufen ist er nur in 60 Prozent aller Fälle. Mehr Torschüsse: ebenfalls 60 Prozent. Mehr Zweikämpfe gewonnen: 56 Prozent. Mehr Ballbesitz: sogar nur 54 Prozent. Gladbach untermauert unter Hecking die Aussagekraft dieser Werte — und ist für Reinartz und seine Kollegen der Vorzeigeklub für ihr Modell. Bei den acht Ligasiegen unter Hecking hat sie ausnahmslos mehr Verteidiger überspielt als der Gegner, bei den fünf Niederlagen jedes Mal weniger.

So wichtig sind einzelne Faktoren für Borussia in diesem Jahr:

  • Mehr überspielte Verteidiger: bei acht von acht Siegen
  • 1:0 in Führung gegangen: sieben von acht
  • Mehr Zweikämpfe gewonnen: sieben von acht
  • Mehr gelaufen: sechs von acht
  • Mehr Torschüsse: drei von acht
  • Mehr Ballbesitz: zwei von acht

Mit durchschnittlich 42 überspielten Verteidigern ist Gladbach sogar die Nummer fünf der Liga. Nur Bayern München, RB Leipzig, 1899 Hoffenheim und Borussia Dortmund sind besser. Noch bleiben drei Spiele, um zwischen "Packing"-Werten und Realität für noch mehr Deckungsgleichheit zu sorgen. In der entgegengesetzten Richtung ist Gladbach nur 13., lässt also auch einiges zu. "Unter Hecking stieg dieser Wert noch an, von 38 unter Schubert auf 43", sagt Stefan Reinartz. "Mit der gestiegenen Offensivkraft steigt also auch das Risiko in der Defensive." Doch Borussia sei angesichts der gesunkenen Gegentorzahl in der Rückrunde viel effektiver. Die Marschroute für die drei Spiele gegen den FC Augsburg, den VfL Wolfsburg und den SV Darmstadt kennt sie jetzt — mehr Verteidiger überspielen und die 100-Prozent-Quote bestätigen.

(jaso)
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