Borussia Mönchengladbach Einfach mal die Chance nutzen, die man nicht hat

Meinung | Mönchengladbach · Borussias Torchancen-Kreation ist derzeit wie die Choreo der Fans am Samstag: Sie hat allein Selbstbezug. Trotzdem hatte das war das 1:1 gegen Hoffenheim auf der "Schief-geh-Skala" ein Schritt nach vorn. Jetzt geht es zum BVB – vielleicht eine günstige Gelegenheit.

Fabian Johnson vergibt Großchance zum Siegtreffer
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Johnson vergibt Großchance zum Siegtreffer

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Foto: Dirk Päffgen

Borussias Torchancen-Kreation ist derzeit wie die Choreo der Fans am Samstag: Sie hat allein Selbstbezug. Trotzdem hatte das war das 1:1 gegen Hoffenheim auf der "Schief-geh-Skala" ein Schritt nach vorn. Jetzt geht es zum BVB — vielleicht eine günstige Gelegenheit.

Borussias Fans haben schon viele tolle Choreografien produziert. Auch am Samstag gab es eine Darbietung in der Nordkurve. Passend zur Situation, könnte man meinen, schließlich sind die Borussen derzeit nicht gerade optimal unterwegs, zuletzt gab es sogar einige Pfiffe. Da tut jede Unterstützung gut. Doch war es keine Choreo für das Team oder den Verein, sondern eine mit eindeutig selbstreferenziellem Charakter: Die Ultras feierten ihre Nachwuchsgruppe. Nun, viel zu Anlass zur Party gab es ja zuletzt im Borussia-Park nicht, da kann man sich auch mal selbst feiern.

Trotzdem passte die Botschaft: Wie die Choreo zum Spiel Selbstzweck war, waren es auch Borussias Torchancen. Sie wurden zuweilen herrlich herauskombiniert, doch das Finale fehlte, mal abgesehen von Mo Dahouds Treffer. Und Torchancen, die keine Tore bringen, stehen eben ein bisschen verloren da in der Statistik, sie sind das Symbol des Unvollendeten. Hörbar wurde das bei Fabian Johnsons Großchance. Als der Amerikaner auf dem Weg zu Tor war, bereitete sich der Borussia-Park schon auf den Torschrei vor. Als der Schuss dann kam und das Ziel verfehlte, da blieb er den Menschen gleichsam im Halse stecken. Entsetzen statt Erlösung.

Trotzdem: Der Support am Samstag war in Ordnung. Ein wenig war es ein Schulterschluss zwischen Kurve und Team, immer wieder standen die Fans, eingegroovt von den Ultras, auf und trieben das Team an. Gerade in der Schlussphase gab das "Mönchengladbach olé" der Mannschaft noch einmal Kraft. Das hatte auch einen gewissen Effekt: Dieses Mal gab es kein Schockerlebnis wie vor einer Woche im Derby mit dem Last-Minute-Gegentor. Das ist auf der "Schief-geh-Skala" ein Schritt nach oben. In Krisenzeiten muss man auch mit kleinen Botschaften leben können. Immerhin hat Borussia zweimal in Folge nicht verloren.

Aber: Das hilft in der Summe wenig weiter. Fabian Johnson mahnte, nicht alles gut zu reden. Er hat recht. Borussia taumelt, sie steht an der Schwelle zum Abstiegskampf. Und nun kommt das Spiel bei Borussia Dortmund. Dort gab es in den letzten Jahren immer wieder wenig erbauliche Erlebnisse, zuweilen sogar haushohe Niederlagen. Aber eben auch diesen 2:1-Erfolg im Jahr 2014. Zuvor kriselte es bei den Borussen ebenfalls, und dann gab es doch recht überraschend diesen Paukenschlag.

In der vergangenen Saison war das 0:4 in Dortmund der Anfang vom Ende der Ära Lucien Favre. Damals wähnte sich Borussia mit dem BVB auf Augenhöhe, es gab ein böses Erwachen. Nun treffen sich zwei Klubs, die dem Anspruch hinterherlaufen. Darin liegt der Keim der Verunsicherung — bei beiden. Das kann die Chance für Gladbach sein. Entscheidend wird für die hiesigen Borussen sein, sich bietende Gelegenheiten mal wieder konsequent zu nutzen.

Vielleicht ist gerade Dortmund der richtige Ort dafür. Denn dort, mit Blick auf alle Faktoren, an eine Chance zu glauben, fällt schwer. Doch vielleicht nutzt das Team, das große Chancen nicht nutzen kann, gerade die Chance, die es nicht hat. Das wäre doch was: Erlösung statt Entsetzen.

(kk)
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