Borussia Mönchengladbach Syrer, Niederrheiner, Derby-Held

Mönchengladbach · Der Mönchengladbacher Mahmoud Dahoud entscheidet die Begegnung mit dem 1. FC Köln durch seinen Treffer. Das ganze Getöse um den Profifußball mag der Einwanderer-Sohn, der für DFB-Auswahlteams spielt, nicht.

 Mahmoud Dahoud erzielte das Siegtor gegen Köln.

Mahmoud Dahoud erzielte das Siegtor gegen Köln.

Foto: afp, PST

Es gab so viel Aufregung um das Derby, so viel Popanz, so viel Geschnatter im Internet um Feindschaft und Fankultur. Und dann war der, der es zugunsten von Borussia Mönchengladbach entschied, einer, dem all die Aufregung im Fußballzirkus "sehr suspekt" (Trainer André Schubert) ist, der "das Ballyhoo nicht haben möchte" (Sportdirektor Max Eberl). Mahmoud "Mo" Dahoud, der das 1:0-Siegtor gegen den 1. FC Köln schoss, hatte das schon mit einer einzigen Geste belegt: Als er um ein paar Worte zu seinem Glanztag gefragt wurde, reckte er nur den Daumen hoch und sagte leise: "Dankeschön." Später gab er im ganz kleinen Kreis dann doch zarte Einblicke in sein Gefühlsleben. "Es ist auf jeden Fall einer meiner schönsten Tage als Borusse", sagte er. Und: "Es ist ein tolles Gefühl, das Siegtor im Derby gemacht zu haben. Ich habe das mit Unterstützung von Granit Xhaka und des gesamten Teams geschafft." Dann verschwand er flugs.

Dahoud, Sohn syrischer Einwanderer, aber genauso viel Rheinländer, mag das gleißende Scheinwerferlicht nicht. Er zieht sich meist die Kapuze über den Kopf, wenn er durch die Mixed-Zonen der Stadien geht. Auch der Verein schirmt ihn ab. Dahoud ist Lehrling, zumindest im Bereich Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache. Auch da wird es sicher irgendwann in die Offensive gehen müssen, doch für den Moment sind alle zufrieden, wie es ist.

Dahouds Bühne ist der Rasen. Ex-Trainer Lucien Favre hat ihn behutsam aufgebaut, André Schubert hat ihn zu einem Fixpunkt des Teams gemacht. Dahoud ist ein Sechser, das ist eine verantwortungsvolle Position. Für Ruhe und Ordnung sorgen nach hinten und nach vorn kreativ sein - natürlich hat der 20-Jährige noch Schwankungen und macht Fehler, doch Dahoud kriegt den Spagat meist hin: mit großer Laufarbeit (12,5 Kilometer gegen Köln), steter Anspielbarkeit, gewiefter Zweikampfführung (14 von 16 gewonnen), sicherem Passspiel (91 Prozent angekommene Zuspiele) und Torgefahr (ein Treffer, drei Torschüsse, drei Torschussvorlagen).

"Er hat sehr viel Qualität. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein 20-Jähriger ein Spiel so an sich ziehen kann", sagte Torhüter Yann Sommer. Im Derby schloss sich zudem ein Kreis: Im Hinspiel, das 0:1 verloren ging, gab Dahoud sein Startelf-Debüt, es war Favres letztes Spiel. Nun war er der Held des Derbys. Dank eines tollen Tores: Nico Elvedi brachte es auf den Weg, Lars Stindl leitete im Fallen weiter auf Raffael, der Dahoud bediente. Und der schoss den Ball mit dem Außenrist ins Netz.

Da er und sein Vorarbeiter Granit Xhaka, im Jahr zuvor Derbysieg-Torschütze, die Balance zwischen hinten und vorn recht gut hinkriegten und die Borussen deutlich besser standen in der Defensive als zuletzt, und dann, als es doch noch recht wacklig wurde, Yann Sommer toll hielt, gab es einen 1:0-Sieg. Es war der erste in der Ära Schubert, und von daher einer mit Bedeutung: "Wir haben gezeigt, dass wir auch ein 1:0 durchbringen können", sagte der Trainer, dem die Gegentorflut der vergangenen Wochen einige Kritik eingebracht hatte. Etwas weniger Hurra als sonst, etwas mehr defensive Fleißarbeit — das war der Derbysieg. Mönchengladbach ist wieder mitten im Europa-Rennen.

Dahoud genoss im Stillen. Öffentlich jedenfalls. Privat sei er gar nicht so schüchtern, verriet Nico Elvedi, der Defensivmann. "Ruhig ist er eigentlich nicht", sagte Elvedi. Vor allem aber ist Dahoud ein toller Spieler. Weswegen sich schon Gerüchte um ihn ranken. Pep Guardiola wolle ihn mit zu Manchester City nehmen, heißt es. Und er sei bei Borussia Dortmund ein Thema. Doch sie bleiben gelassen in Gladbach. "Er hat einen langfristigen Vertrag bei uns", sagte Schubert.

Von Dahoud ist zu all den Gerüchten nichts zu hören. Und trotz aller Zurückhaltung, oder gerade deswegen, zeigte er all jenen, die rund um das Derby allzu aufgeregt sind, worum es geht: um Fußball. Dahoud spielte stark und schoss sein Tor, basta. Mehr Statement brauchte es nicht. "Er will einfach nur Fußball spielen", sagte Sportdirektor Eberl.

(RP)
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