Borussia Mönchengladbach Der beste Schotte ist ein Borusse

Glasgow · Beim Gladbacher Champions-League-Sieg in Glasgow besticht André Hahn mit schottischen Qualitäten wie Kampf, Zielstrebigkeit und unbändigem Willen. Auch am Samstag bei den Bayern wird seine Mentalität gefragt sein.

Borussia Mönchengladbach: die Einzelkritik gegen Celtic Glasgow
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Celtic - Borussia: Einzelkritik

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In dem Souvenir-Laden am Loch Lomond, dem größten See Schottlands, der unweit von Glasgow liegt, gab es ein Sonderangebot. Die Biografie von William Wallace, bekannt als Brave Heart. Ob André Hahn das Leben des schottischen Helden kennt, ist nicht bekannt. Doch das Heldenepos wäre eine gute Anleitung gewesen für das, was der Stürmer von Borussia Mönchengladbach am Mittwochabend im Celtic Park bot: Wenn man so will war der blonde Stürmer im Champions- League-Spiel seines Teams bei Celtic der beste Schotte. "So wie André spielt, würden sie ihn hier lieben", sagte Gladbachs Trainer André Schubert. Weil die Art, wie Hahn seinen Job als Fußballprofi interpretiert aber so was von zum schottischen Stil passen würde: kämpfen, nicht aufgeben, an sich glauben.

Schubert könnte seinen Mittelstürmer "Brave Heart" nennen, doch er hat sich einen wüsten Begriff ausgedacht, den Hahn "als Kompliment sieht": Mentalitätsmonster. Dass dieses Monster im "Paradies", wie der Celtic-Park genannt wird, den Schotten beim 2:0-Sieg der Gladbacher das Fürchten lehrte, lag daran, dass Hahn sich für das dritte Gruppenspiel der Königsklasse etwas vorgenommen hatte. Am Samstag hatte er beim 0:0 gegen den Hamburger SV noch einen Elfmeter verschossen, genau wie sein Sturmpartner Lars Stindl. "Wir wollten dem Team und den Fans etwas zurückgeben. Ich denke, das haben wir geschafft", sagte Stindl. Jeder der beiden erzielte ein Tor und legte jeweils dem anderen eines auf.

Doch was geworden wäre ohne eine dieser typischen Hahn-Aktionen, das ist die Frage. Borussia dominierte das Spiel, so sehr sogar, dass die Celtic-Fans, die für ihren unglaublichen Support bekannt sind, weitgehend zum Schweigen gebracht wurden. Es gab auch Chancen zur Führung. Doch erst als Hahn einen Ball, der quasi schon im Aus war, zurück ins Spiel grätschte, hinüber zu Stindl, der dann aus spitzem Winkel traf, belohnte sich Borussia. Später gelang Hahn das auch persönlich, als er nach Stindls Pass der Celtic-Defensive enteilte und mit der Pike traf. "Ich wollte das Tor unbedingt", sagte der Ex-Augsburger.

Hahn ist kein Feintechniker, ihm springt auch mal der Ball weg. Doch das wird ihm meist verziehen, denn er ist ein ehrlicher Arbeiter. Und er ist robust, sein Körper ist sein Kapital und das setzt er ein. Wie gegen den HSV, als er mit voller Wucht gegen Keeper René Adler knallte und sich eine Platzwunde an der Lippe zuzog. Mit drei Stichen wurde er genäht, doch das hielt ihn in Glasgow nicht davon ab, kämpferischer Vorarbeiter seines Teams zu sein. "Ich setzte in Situationen, in denen andere abdrehen, noch nach", sagte Hahn, und die Szene vor dem 1:0 war der sichtbare Beleg dafür. Die Szene kann als Lehrvideo dienen, um zu zeigen: Gib nicht auf, wenn du ein Ziel hast, gib alles dafür.

Hahn ist wie er ist, weil er in seiner Karriere bisher nichts geschenkt bekommen hat. Sie schien sogar schon vorbei, bevor sie richtig losging. "Er ist durch harte Arbeit dahin gekommen, wo er jetzt ist. Jetzt spielt er in der Champions League", sagte Lars Stindl über Hahn, der 2014 auch sein Länderspieldebüt feierte.

Stindl ist der kreativere Part des Duos, er ist einer von der Sorte wie Raffael oder Thorgan Hazard, die derzeit beide fehlen: ein Zwitter aus Mittelfeldregisseur und Torjäger. Hahn ist ein klassischer Mittelstürmer. Als solcher macht er seinen Job gerade dann, wenn es eng ist. In Glasgow, aber auch in Bern, wo er beim 3:1 bei den Young Boys die 2:1-Führung erzielte. Oder in der vergangenen Saison, als er nach schwerer Verletzung zurückkehrte und Borussia fast im Alleingang auf Platz vier schoss.

Unter anderem mit seinem 1:1 bei den Bayern, wo die Borussen morgen spielen. Die Vorlage an diesem Tag kam von Lars Stindl. "Wir hätten wohl beide nichts einzuwenden, das zu wiederholen", sagte Stindl. Hahn wird es ähnlich sehen. Die vergangenen beiden Spiele in München hat Gladbach nicht verloren. Und jeweils hatte Hahn eine Schlüsselrolle. Beim 2:0-Sieg im März 2015 war er ein unermüdlicher Arbeiter, der das Aufbauspiel der Bayern erfolgreich störte. Dass er nicht auch traf, verhinderte der Pfosten, Raffael schoss beide Tore. In der vergangenen Saison war Hahn dann Torschütze.

Spätestens, wenn das morgen wieder der Fall sein sollte, dürfte der 26-Jährige auch wieder ein Thema für Bundestrainer Joachim Löw werden. Der steht zwar eher auf fußballerische Feingeister. Aber Kämpfer wie Hahn kann jeder gebrauchen. Auch der amtierende Weltmeister.

(kk)
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