Borussia Mönchengladbach Dänen vertraut Borussia

Sinsheim · Andreas Christensen und Jannik Vestergaard bilden eines der besten Innenverteidiger-Duos der Liga- zumindest an guten Tagen.

Andreas Christensen (links) und Jannik Vestergaard (rechts) standen Hoffenheims Sandro Wagner im Weg bei einem eigenen Torerfolg.

Andreas Christensen (links) und Jannik Vestergaard (rechts) standen Hoffenheims Sandro Wagner im Weg bei einem eigenen Torerfolg.

Foto: Imago

Gefühlte drei Jahre lang war er "der 19-Jährige", es folgten gefühlte fünf Jahre, in denen Andreas Christensen "der 20-Jährige" war. Seit einer Woche darf sich der erstaunlich routiniert wirkende Innenverteidiger nun "der 21-Jährige" nennen, und wenn man ihn fragen und er auch noch antworten würde, dann dürfte er von einer der anstrengenderen Wochen bei Borussia Mönchengladbach berichten. Insgesamt ist zwar wenig vorgefallen, aber es gab eben diesen hoch intensiven Samstagnachmittag in Sinsheim beim 3:5 gegen 1899 Hoffenheim. Dort sah Christensen für seine Verhältnisse ungewohnt alt aus.

Es begann beim 0:1, als er das Kopfballduell gegen Sandro Wagner verlor. Es endete in der Nachspielzeit, als Christensen gegen Andrej Kramaric einen halben Elfmeter verursachte und ein halbes Stürmerfoul erlitt. Schiedsrichter Christian Dingert ließ diplomatisch-unentschlossen laufen. Erst zweimal in diesem Kalenderjahr hatte Christensen weniger als die Hälfte seiner Zweikämpfe gewonnen, jeweils fünf von elf gegen RB Leipzig und Eintracht Frankfurt. Am Samstag fuhr er mit einer 13-Prozent-Quote nach Hause. Man könnte konstatieren, dass er einen seiner schlechtesten Auftritte im Gladbach-Trikot hatte, wenn er den Beobachter nicht mit einem Rekord verwirrt hätte. Jeden seiner 58 Pässe brachte er zum Mitspieler - eine perfekte Quote hat in dieser Bundesligasaison noch niemand geschafft.

Mit Blick auf das Duell mit Borussia Dortmund am Samstag wird sich Trainer Dieter Hecking wieder den Christensen wünschen, der mit 21 Jahren so routiniert und vorausschauend auftritt wie ein 27-Jähriger. Der BVB ist Christensens Angstgegner - drei Niederlagen, 2:11 Tore, so lautet die Bilanz bislang. Im August 2015 war das 0:4 im Westfalenstadion gleichzeitig Christensens Bundesligadebüt. Lucien Favre fand ihn augenscheinlich noch überforderter als Marvin Schulz, so dass Christensen erstmal auf die Bank musste. Im Januar 2016 beim 1:3 hatte Christensen in der Innenverteidigung Nico Elvedi als Juniorpartner. Und im Dezember 2016 beim 1:4 agierte Christensen in einer Dreierkette zwischen Elvedi und Tobias Strobl. Erst mit Jannik Vestergaards Hereinnahme in der 73. Minute wurde das Debakel-Potenzial eingedämmt.

Seit Hecking von André Schubert übernommen hat, stand Vestergaard in jeder Pflichtspielminute auf dem Platz und musste Christensen lediglich 99 Minuten gegen den FC Schalke entbehren. Das Duo funktioniert: Nur alle 81 Minuten gibt es ein Gegentor mit den beiden auf dem Rasen, wobei das 3:5 gegen Hoffenheim den Schnitt mal eben von vormals 101 Minuten heruntergedrückt hat.

In die Ambivalenz des Spiels fügte sich Vestergaard genauso ein wie sein Nebenmann: Die Zweikampfquote stimmte mit 67 Prozent, vorne erzielte er sein drittes Saisontor, doch gegen die wuchtigen Angreifer der TSG hatte der 24-Jährige in entscheidenden Situationen das Nachsehen. Gegen Dortmund heißt die Herausforderung Tempo statt Wucht, solange Dortmunds Trainer Thomas Tuchel seinem Top-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang zwischen den Spielen gegen den AS Monaco und dem FC Bayern keine Pause gönnt.

2017 liegt Christensens Zweikampfquote bei 71 Prozent, Vestergaard kommt auf 63. So bilden sie an guten Tagen eines der besten Innenverteidiger-Duos der Liga. Als viele ihrer Gladbacher Kollegen jüngst in der Länderspielpause ein paar Tage frei hatten, hingen sie bei der dänischen Nationalmannschaft wieder aufeinander, unter anderem 90 Minuten lang beim 0:0 in Rumänien. Bei Instagram postete Vestergaard ein Bild mit Symbolcharakter: Er in einem Sessel sitzend, Christensen auf der Lehne, beide mit einem Buch in der Hand. "Jetzt lesen wir auch noch Bücher übereinander", schrieb Vestergaard darunter.

Heute brechen die entscheidenden und wahrscheinlich letzten Wochen dieser sportlichen Zweisamkeit an, weil Christensen - Stand jetzt - zum FC Chelsea zurückkehrt. An den Geschichten, die Borussia bis dahin noch produziert, werden die beiden Dänen intensiv mitschreiben.

(RP)
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