Christofer Heimeroth im Interview "Ich bin infiziert von Borussia"

Mönchengladbach · Gladbachs Torwart spricht über nun bald zehn Jahre Vereinszugehörigkeit, die Rolle als Reservekeeper und seine Zukunftsplanung.

Das ist Christofer Heimeroth
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Foto: Dirk Päffgen

Ein Trainingslager ohne den Zimmerkollegen Tony Jantschke - ist das ungewohnt oder angenehm, weil Sie nun ein Einzelzimmer hatten?

HEIMEROTH Naja, allein auf dem Zimmer im Trainingslager, das kannte ich ja nun wirklich nicht, weil Tony und ich eben über die Jahre ein eingespieltes Duo gewesen sind. Aber nun ist er ausgefallen, und das ist nun mal so. Ich finde es zu zweit irgendwie angenehmer, aber natürlich ist es auch nicht verkehrt, mal seine Ruhe zu haben.

Wie oft mussten Sie Tony pro Tag Bericht erstatten aus Belek?

HEIMEROTH Eigentlich relativ selten. Wir hatten ab und zu mal Kontakt, klar. Aber er absolviert ja zu Hause auch seine Reha, und da ist es wahrscheinlich für ihn jetzt auch nicht so prickelnd, wenn er immer hört: In Belek passiert das, das und das. Deswegen habe ich ihn meistens in Ruhe gelassen.

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Foto: jdp/Jens Dirk Paeffgen

War Belek vielleicht Ihr letztes Trainingslager?

HEIMEROTH Mein Vertrag läuft aus im Sommer. Nichtsdestotrotz fühle ich mich topfit. Von daher gibt es keinen Grund für mich zu sagen, ich müsste meine Karriere im Sommer zwingend beenden. Es kommt aber natürlich nicht nur auf mich an, sondern auch auf den Verein. Ich würde gerne hier bleiben. Ich denke, dass wir uns irgendwann in nächster Zeit mal zusammensetzen.

Wäre ein Vereinswechsel mit 34 im Zweifelsfall auch eine Option?

HEIMEROTH Ich denke nicht, dass ich noch einmal woanders hingehen werde. Ich habe oft genug betont, dass ich mich in Gladbach super wohl fühle. Ich würde hier gerne meine Karriere beenden und danach weiter im Verein etwas machen.

Trainer vielleicht?

HEIMEROTH Trainer, Torwarttrainer, das wäre natürlich eine Option. Aber ich kann mir einiges vorstellen. Ich fände es auch interessant, in die administrative Ebene zu gehen. Sponsoring, Marketing, so etwas.

Soweit zur Zukunft, aber wie fällt auf der Zielgeraden der Karriere eigentlich Ihr Blick zurück aus?

HEIMEROTH Man reflektiert die vergangenen Jahre natürlich schon. Und gerade, wenn man wie ich so lange in einem Verein ist, guckt man mal, wie hat sich das Ganze entwickelt. Gerade in Gladbach war das ja auch eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Da denke ich schon mal: Wow, was hast du eigentlich in den letzten zehn Jahren so mitgemacht! Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich den Schritt von einem damals etwas größeren Klub wie Schalke 04 zur Borussia gemacht habe. Und dass ich mich hier immer wieder durchgebissen habe und immer noch da bin, das macht mich auch ein bisschen stolz.

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Foto: Dirk Päffgen

Würden Sie also, wenn sie noch mal 16, 17 wären, wieder alles dran setzen, um Fußballprofi zu werden?

HEIMEROTH Ja, hundertprozentig.

Trotzdem gilt auch: Sie haben im Dezember 2012 Ihr letztes Pflichtspiel gespielt. Und Sie halten die Motivation in jedem Training hoch? Ich stelle mir vor, ich würde jeden Tag Texte schreiben, aber erschienen in der Zeitung ist der letzte vor drei Jahren.

HEIMEROTH Um in Ihrem Bild zu bleiben: Ich würde in meinem Fall nicht sagen, meine Texte erscheinen gar nicht, sie erscheinen nur nicht im Hauptteil der Rheinischen Post, sondern sie erreichen eben nur eine kleinere Leserschar im Lokalteil. Und in dem fühle ich mich mit meinen Texten dann auch wohl.

Wie lange haben Sie gebraucht, um zu akzeptieren: Ok, ich bin nicht erste Wahl, aber ich muss mich deswegen nicht grämen.?

HEIMEROTH Das ist immer ein kleiner innerer Kampf, den man da mit sich ausficht. Denn es ist natürlich unbefriedigend, wenn man nicht spielt. Auf der anderen Seite ist es für einen Verein aber eben auch wichtig, im Torhüterteam eine gewisse Konstanz zu haben. Ich sehe eine gewisse Konstanz in meinen Leistungen - und das ist unter dem Strich wichtig für mich, genauso, wie eine Entwicklung in meiner Leistung zu sehen. Dann bin ich mit mir zufrieden und im Reinen.

Das funktioniert?

HEIMEROTH Nicht von heute auf morgen. Natürlich musste ich erst lernen zu akzeptieren, dass ich die Nummer zwei oder drei bin. Aber diese Fähigkeit habe ich mir in den letzten Jahren erworben.

Eine mentale Leistung vor allem, tippe ich mal.

HEIMEROTH Ja. Das zu erkennen, ist ein Prozess. Nicht zu spielen und trotzdem immer motiviert zu sein und auch innerhalb der Mannschaft etwas zu sagen zu haben, das muss sich entwickeln. Denn normalerweise hat ja einer, der immer spielt, mehr zu sagen als einer, der hinten dran ist.

Die Wertschätzung, die Ihnen über die Aufstellung verwehrt bleibt, ist ihnen jedenfalls als wichtiger Faktor im Team unbestritten.

HEIMEROTH Genau. Natürlich ist mir auch eine gewisse sportliche Wertschätzung wichtig. Es würde mir ja nicht reichen, wenn die Verantwortlichen sagen: "Du bist ein toller Typ, gut, den Fußball lassen wir jetzt mal außen vor." Aber sie sagen eben: "Du trainierst gut, du bringst in Freundschaftsspielen deine Leistung, und darüber hinaus hat dein Wort in der Kabine Gewicht." Das ist schön zu hören, und mit diesem Gesamtpaket kann ich leben.

Wie auch offenbar mit dem Gesamtpaket, das die drei Torhüter mit Uwe Kamps bilden, oder?

HEIMEROTH Absolut. Ich kann über Yann Sommer und Tobias Sippel überhaupt nichts Negatives sagen. Auch über den Uwe natürlich nicht. Wir sind da echt zusammengewachsen im letzten halben Jahr. Und das ist nicht selbstverständlich. Aber wenn man Leute hat, die ihren sportlichen Ehrgeiz dem Charakter unterordnen, dann funktioniert das gut. Wir wollen uns ja schließlich gegenseitig fordern und fördern.

Im Sommer sind Sie zehn Jahre Borusse. Wie lange braucht es, bis ein Verein nicht mehr nur Arbeitgeber, sondern Herzensangelegenheit ist?

HEIMEROTH Ich weiß nicht, ob man das zeitlich festmachen kann. Das kann sich früh einstellen, das kann sich aber auch nie einstellen. Es hat bei mir bei Borussia schon ein bisschen gedauert, weil es anfangs natürlich auch eine schwierige Zeit war. Aber ich glaube, nach fünf, sechs Jahren konnte ich dann endgültig sagen: Ich bin auch infiziert von diesem Klub. Da hat man irgendwann so viele Verbindungen und Emotionen zum Verein, dass man sagen kann: Das ist mein Klub. In Gladbach passen die Parameter eben alle - sportlich, aber vor allem auch, wenn man sieht, mit wie viel Herzblut die Mitarbeiter und Fans bei der Sache sind.

STEFAN KLÜTTERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH IM TRAININGSLAGER IN BELEK.

(RP)
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