Borussia Mönchengladbach Borussia braucht Typen wie Xhaka

Belek · Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl findet: Spieler sollen ihren Charakter haben und nicht stromlinienförmig sein.

Borussia Mönchengladbach: Granit Xhaka trifft per Hammer-Freistoß in Villarreal
9 Bilder

Xhaka trifft per Hammer-Freistoß in Villarreal

9 Bilder

Facebook? Twitter? Instagram? Max Eberl guckt am Trainingsplatz in Belek kurz von seinem Handy hoch und schüttelt den Kopf. "Privat nutze ich diese sozialen Medien nicht", sagt Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor. Ein Gewinn an Lebenszeit sei das, sagt er. Beruflich sieht die Sache indes anders aus. Wenn es für den Kaderplaner Eberl darum geht, sich aus einer Fülle von Informationen ein detailliertes Bild von einem möglichen Zugang zu machen, dann liefern Borussias Scouts ihm einen mehrseitigen Bericht mit allem, was das Internet über den Kandidaten hergibt.

Denn in Gladbach wägen sie einen Transfer längst nicht mehr nur danach ab, ob er dem Team sportlich weiterhilft und finanziell realisierbar ist. Es geht um mehr. "Du holst einen Fußballer, aber du holst eben auch einen Charakter, einen Menschen mit einer ganz eigenen Psyche, mit eigenen Vorlieben und Sorgen. Darauf gilt es zu achten", sagt Eberl. Die Katze im Sack will Borussia im Millionen-Geschäft Profifußball nicht mehr kaufen.

Doch birgt die komplette Durchleuchtung eines Profis vor seiner Verpflichtung nicht die Gefahr, dass sich die Klubs mit profillosen, gleichtickenden Kickern füllen? Eberl sagt Nein. "Die Jungs sollen weiterhin alle ihren Charakter haben und nicht stromlinienförmig sein. Ein Spieler soll ein Typ sein, und ich glaube, jeder ist auch ein Stück weit ein Typ", erklärt er. Manchmal ist ein wenig Extravaganz sogar von Vorteil. "Wenn ein Spieler sportlich interessant ist und du überdies feststellst, dieser Typ hat etwas Verrücktes, und du guckst deinen Kader an und sagst, so einen haben wir noch nicht, dann kann das ein Aspekt sein, der den Spieler noch ein Stück weit interessanter macht."

Granit Xhaka ist ein Typ. Mit 19 kam er nach Gladbach. Für 8,5 Millionen Euro und mit vielen Vorschusslorbeeren. Ein paar schlechte Spiele und ein paar unüberlegte Interviews später mehrten sich Zweifel, ob Borussia in seinem Fall ein guter Transfer gelungen sei. Heute ist der Schweizer 22. Er reißt immer noch Sprüche. Aber er genießt als Spaßvogel Sympathien in Team und Verein. Und er ist inzwischen Führungsspieler. "Wenn wir von Typen sprechen, ist Granit einer, der genau in diesen Reigen rein passt. Er übernimmt von seinem Naturell her eine Rolle, mit der andere in seinem Alter bestimmt überfordert wären", sagt Eberl. Genau deswegen wollen sie bei Borussia Xhaka (Vertrag bis 2017) auch gerne jetzt schon ein zweites Mal langfristig binden. Die Gespräche laufen. Beide Seiten wissen, was sie aneinander haben.

Für einen Verein wie Borussia muss dabei heute zunehmend von Interesse sein, dass sich ein Profi als Angestellter in der Öffentlichkeit angemessen präsentiert und äußert. Denn diese Öffentlichkeit ist eben durch besagte soziale Netzwerke in den vergangenen Jahren viel größer geworden. Das birgt Fallstricke. "Jeder Spieler muss deswegen sensibilisiert sein, was er kommuniziert", sagt Eberl. "Von uns aus kann und soll ein Spieler eine Meinung vertreten, und er kann auch wie vielleicht früher ein Stefan Effenberg mal ausflippen, aber es darf den Erfolg der Mannschaft nicht gefährden", betont der Sportdirektor. Aussagen von Profis in der Öffentlichkeit werden immer dann zum Bumerang, wenn sich die Spieler dadurch angreifbar machen. "Es gibt bestimmt Profis, die sich zum Beispiel mit dem Thema Pegida auseinandersetzen und auch eine Meinung dazu formulieren können, aber eben nicht jeder", sagt Eberl.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort