Borussia Mönchengladbach Ist Hahns Weggang ein Verlust?

Mönchengladbach · André Hahn hat in drei Jahren bei Borussia ein paar große Momente gehabt, oft schieden sich an den Qualitäten des Offensivspielers aber die Geister. So ging es auch unseren Redakteuren Karsten Kellermann und Jannik Sorgatz.

 Künftig macht sich André Hahn beim Hamburger SV lang.

Künftig macht sich André Hahn beim Hamburger SV lang.

Foto: Dirk Päffgen

Pro Hahn (von Karsten Kellermann)

Seine Mentalität wird auch fehlen

Borussias Ex-Trainer André Schubert hat einen Begriff geprägt, der den Fußballspieler André Hahn perfekt beschreibt: Mentalitätsmonster. Meint: Hahn ist körperlich sehr präsent, haut sich immer ein. Mit mehr Willen als Technik, aber Spieler wie Hahn tun jeder Mannschaft gut, die auch und gerade aus dem Teamgeist ihre Stärken saugt.

Was Hahn nicht kann, ist bekannt, doch das können viele andere Borussen: kombinieren und zaubern. Was Hahn hat, ist fast ein Alleinstellungsmerkmal. Hahn steht für das, was man sich auch im modernen Fußball erkämpfen kann.

Sind solche Spieler da, sieht man die Defizite und lamentiert. Sind sie weg, heißt es: Wäre er doch noch da, einen wie ihn könnten wir nun gut gebrauchen. Es sind nicht harte Fakten, die für Spieler wie Hahn sprechen, sondern weiche Faktoren. Doch die können großen Wert haben, wenn es eng wird.

Hahn hatte lange Phasen ohne Tor, doch wenn er traf, war es oft wichtig: In seiner Startphase war er stets der Dosenöffner und brachte damit die Teilnahme an der Europa League auf den Weg. In Glasgow war er fast allein verantwortlich für den 2:0-Sieg, den ersten Auswärtserfolg in der Champions League. In der Schlussphase der abgelaufenen Saison hat er gegen Augsburg sein letztes Tor für Gladbach gemacht. Ein typisches Hahn-Tor: in letzter Sekunde und mit dem letzten Willen. Er machte am Ende zu wenige davon, um sich unentbehrlich zu machen.

Hahn kam als kraftvoller Flügelmann, zuletzt war er Mittelstürmer. Doch Borussias Plan A hat andere Anforderungen. Nur Plan B oder C zu sein, ist wenig zufriedenstellend. Nun wird Hahn Hamburger, der HSV feiert den Zukauf eines "Mentalitätsspielers". Dem Vernehmen nach bekommt Borussia 6,5 Millionen Euro für Hahn.

Seine Tore wiegt das vielleicht auf. Aber seine Mentalität? Wie schwer der Verlust wiegt, kann man schwer bemessen. Kaufen kann man sie jedenfalls nicht einfach so. Man hat sie oder man hat sie nicht. Und Hahn hat sie im Übermaß. Das ist seine Qualität. Das hat ihn an guten Tagen so wertvoll gemacht für Borussia. Und es wird Tage geben, an denen seine Mentalität fehlen wird und es heißt: Ach, wäre der Hahn noch da!

Contra Hahn (von Jannik Sorgatz)

Er passte nicht mehr zu Borussia

Er hatte es tatsächlich geschafft, seinen Lauf über drei Monate zu konservieren. Ein paar Sekunden stand André Hahn im Play-off-Hinspiel bei den Young Boys Bern auf dem Platz, schon lag der Ball wieder im Tor. In der Bundesliga traf er zudem am ersten Spieltag der vergangenen Saison gegen Bayer Leverkusen — sieben Einsätze seit Ende April 2016, sieben Tore, alle 80 Minuten eins.

Das war die eine von zwei starken Phasen, die in Erinnerung bleiben werden, die andere hatte Hahn gleich zu Beginn seiner Gladbacher Zeit im Spätsommer 2014. Fünf Tore schoss er da in den ersten sechs Spielen in drei verschiedenen Wettbewerben, alle 94 Minuten eins. Was Hahn an guten Tagen für Borussia geleistet hat, konnte jedoch nicht das aufwiegen, was an den schlechten fehlte.

Abgesehen von den beiden Läufen stehen 82 weitere Einsätze mit nur sieben Treffern zu Buche. Anfangs war Hahn ein wuchtiger Flügelflitzer. Als das nicht mehr zum Erfolg führte, zeigte Lucien Favre ihm die Option im Sturmzentrum auf. Die füllte der 26-Jährige mit dem Arbeitseifer eines hyperoffensiven Verteidigers aus, wenngleich insgesamt spärlich torgefährlich.

Kritik am Fußballer Hahn lässt sich kaum ohne den Zusatz "bei allem Respekt" üben. Denn in Sachen Einsatz auf dem Platz und Freundlichkeit daneben war er drei Jahre lang ein Vorbild. Sportlich wurde dagegen schnell klar, dass es eine Art von Fußball geben mag, die zu Hahn passt, diese allerdings nicht in Gladbach gepflegt wird. Der HSV ist so ein Kandidat, und Hahn dürfte in der Hansestadt funktionieren.

Wie unter Lucien Favre und André Schubert gehört Borussia unter Dieter Hecking zu den fünf Mannschaften mit dem meisten Ballbesitz. Der Stil passt nur dann zu Hahn, wenn er den Ball exakt einmal berühren kann — bei einer Direktabnahme in Richtung Tor. Vergangene Saison unterboten nämlich nur fünf Feldspieler seine Passquote von 59 Prozent. Bei allem Respekt: Ohne Mehrfachbelastung und ein Jahr vor Vertragsende ist es völlig richtig, dass die Wege sich trennen. So nimmt Borussia nun mehr als doppelt so viel ein, wie sie 2014 als Ablöse an Augsburg bezahlt hat.

(kk/jaso)
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