Borussia Mönchengladbach Biotop Borussia

Mönchengladbach · Obwohl mit dem Aufschwung der vergangenen Jahre Qualität und Konkurrenz im Kader gestiegen sind, gibt es nach wie vor keine Unruhestifter unter den unzufriedenen Spielern. Das spricht für die Personalplanung und eine funktionierende Selbstregulation.

Borussia Mönchengladbach: Beste Torjäger in der Vorbereitung 2016
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Torjägerliste der Sommer-Vorbereitung 2016

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Foto: Dirk Päffgen

Es ist ja nicht so, dass es in der jüngeren Vergangenheit keine unzufriedenen Spieler in Gladbach gegeben hätte. Luuk de Jong und Josip Drmic hatten sich ihre Wechsel bestimmt anders vorgestellt, Havard Nordtveit fand die zwei Jahre hinter Christoph Kramer bestimmt nicht prickelnd, Tony Jantschke musste Granit Xhakas Beförderung zum Kapitän hinnehmen, Julian Korb mit seinem Absturz zum Bankdrücker in der Rückrunde klarkommen, und Branimir Hrgota fühlte sich entgegen des Favre'schen Duktus irgendwann bestimmt vergessen. Doch sie alle wie auch andere Borussen in vergleichbarer Situation verzichteten darauf, öffentlich ihrem Ärger Luft zu machen, medial Forderungen zu stellen oder anderweitig das eigene Ego an die erste Stelle zu setzen. Stattdessen besticht das Gladbacher Binnenklima im Gegensatz zu anderen Ligastandorten durch konstant vermittelte Harmonie und Konsens nach außen. Ein Biotop - gewiss mit Fäusten in mancher Tasche, aber doch ein Biotop.

Woran liegt das? Vor allem an zwei Aspekten:

1. An der Kaderplanung Die Zeiten, in denen Borussia große Namen, teils im Winter ihrer Karriere (Jörg Böhme, Craig Moore) und teils mit ihnen Allüren, fehlende Selbstreflexion und überzogene Ansprüche holte, sind seit Jahren vorbei. Selbst Rekord-Transfers wie de Jong und Drmic ordnen sich vom Naturell her ins Kollektiv ein und sahen sich nicht als König mit neuer Gefolgschaft in schwarz-weiß-grün. Dass Kaderplaner bei ihren Neuverpflichtungen immer auch auf charakterliche Integrität achten, wird man gewiss in jedem Verein hören, aber Max Eberl, Steffen Korell und Co. können den Nachweis auf breiter Front liefern.

Der Fokus auf entwicklungsfähige Top-Talente bringt es eben mit sich, dass diese ihre Chance suchen, aber eben mit der passenden Portion Demut und Lernwillen, weil sie wissen, dass ihnen Borussia die Möglichkeit gibt, in jungen Jahren Spielpraxis auf höchstem Niveau zu bekommen. Hinzu kommt: Die Neuen kommen in gewachsene Strukturen in und um den Kader herum hinein, die aus der Relegation 2011 eine andauernde Überzeugung ins eigene Tun gezogen haben. "Ich glaube, der Zusammenhalt, der sich damals entwickelt hat, ist noch da. Das merkt man gerade in den schwierigen Phasen. Dazu ist im Verein alles geradeaus, sehr gut strukturiert - auch das kommt sicher aus der Phase damals", sagte Jantschke zuletzt im Interview mit unserer Redaktion.

2. An der Selbstregulierung im Kader Was in der Kabine passiert, bleibt in der Kabine - diese aus Klubsicht Idealvorstellung aus dem Mannschaftssport greift in Gladbach. Und in diesem Zusammenhang funktioniert die vielleicht erstaunlichste Form der Selbstregulierung in Richtung unzufriedener Spieler: Die, die die Faust in der Tasche ballen, lassen sie auch da, weil sie schnell nach ihrer Ankunft bei Borussia gemerkt haben, dass ein Ausscheren sie nicht voranbrächte, sondern eher ins Abseits stellen würde. "Bei Borussia gibt es keinen, der über der Mannschaft steht. Das ist das Prinzip, und das merkt auch jeder, der neu dazu kommt. Das findet auch jeder gut, denn so liegt nicht zu viel Last auf einem Einzelnen, wie es manchmal in anderen Vereinen ist", sagt Jantschke. Selbst während des besorgniserregenden Saisonstarts im Vorjahr hielt die gemeinsame Linie, selbst ein Max Kruse, der später in Wolfsburg öfter in die Schlagzeilen geriet, bewegte sich in Gladbach jedenfalls nach außen hin innerhalb der Grenzen des großen Ganzen.

Schlechte Zeiten für Stinkstiefel am Niederrhein also. Umso bessere Zeiten dafür für Erfolg.

(klü)
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