Borussia Mönchengladbach Anklage nach Nordkurven-Attacke

Mönchengladbach · Weil ein "Einpeitscher" von Borussia Mönchengladbach einen 36-jährigen Fan im Stadion lebensgefährlich verletzt haben soll, wurde er wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung angeklagt. Das Opfer erinnert sich nicht.

 Der Angeklagte war "Einpeitscher" in der Nordkurve. Auch beim Spiel gegen Darmstadt 98 feuerte er zumindest noch in der ersten Halbzeit seine Mannschaft an.

Der Angeklagte war "Einpeitscher" in der Nordkurve. Auch beim Spiel gegen Darmstadt 98 feuerte er zumindest noch in der ersten Halbzeit seine Mannschaft an.

Foto: Imago

Die gefährliche Attacke vor der Bundesligapartie Borussia Mönchengladbach gegen Darmstadt 98 am 20. Dezember vergangenen Jahres wird bald gerichtliche Folgen haben. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage erhoben. Ausgerechnet ein führender Vertreter der Mönchengladbacher Fanszene, ein so genannter Einpeitscher oder Vorsänger, soll vor Anpfiff des Fußballspiels einen anderen Anhänger des Klubs so getreten haben, dass dieser lebensgefährliche Verletzungen davon trug. Nun ist der 29-jährige mutmaßliche Angreifer, der als einer der Anführer der Ultras gilt und ein Ansprechpartner für den Verein bei Fragen zum Verhalten der Fans war, wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung angeklagt.

Wie Staatsanwalt Stefan Lingens gestern mitteilte, geschah die Tat im Stadion in der Nähe der Zugänge zu den Zuschauerblöcken. Das spätere Opfer (36) hatte eine Palette Bier auf dem Arm, geriet ins Straucheln und kippte das Bier über den "Einpeitscher". Das war wohl der Auslöser für den Angriff. Der 29-Jährige soll in Rage geraten sein und den 36-Jährigen nicht nur geschlagen, sondern auch mehrfach auf den Kopf des Kontrahenten eingetreten haben, als der bereits am Boden lag. Das hatte die Polizei später berichtet. Nach der Tat hatten sich unabhängig von einander mehrere Zeugen gemeldet, die den Angriff beobachtet haben wollen und Aussagen dazu machten. Einige sollen mittlerweile zurückgerudert sein. Andere Zeugen behaupten, das alkoholisierte Opfer sei in den Tritt hineingefallen. Wie Staatsanwalt Stefan Lingens mitteilte, erlitt das Opfer eine Hirnblutung. Außerdem wurde seine Zahnprothese zerbrochen, Teile davon rutschten in die Luftröhre. Mit einem Rettungshubschrauber wurde der 36-Jährige nach der Attacke in die Uni-Klinik nach Düsseldorf gebracht und kam auf die Intensivstation. Eine gute Woche später verließ er das Krankenhaus aus eigener Verantwortung. Wie Stefan Lingens sagte, erinnere sich das Opfer nicht mehr an den Angriff erinnert. Der Beschuldigte habe sich im Ermittlungsverfahren nicht zu den Vorgehen am 20. Dezember eingelassen. Er schweigt.

Im Prozess wird es also maßgeblich auf Zeugenaussagen ankommen. Das Stadion selbst ist zwar zu weiten Teilen videoüberwacht, der Beschuldigte auch vor und nach der Tat auf den Aufnahmen zu sehen, aber der Angriff an sich konnte nicht von den Kameras erfasst werden.

Der 29-Jährige stellte sich selbst der Polizei - allerdings erst während der zweiten Halbzeit und "nach dringender Aufforderung von Fanbeauftragten", so Lingens. Bis dahin hatte der Mann noch seinen Job als Einpeitscher erfüllt, und am Zaun die Fan-Gesänge angestimmt. Gegen den 29-Jährigen wurde nach der Attacke Haftbefehl erlassen. Der wurde jedoch gegen Auflagen, wie regelmäßige Meldungen bei der Polizei, ausgesetzt. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft und gewähltes Vorstandsmitglied des Fanprojekts. Sein Vorstandsposten ruht wegen des Vorfalls jedoch derzeit.

Termine für den Prozess gibt es noch nicht. Sehr wahrscheinlich wird das Gericht mehrere Verhandlungstage ansetzen. Dem Angeklagten droht eine mehrjährige Haftstrafe.

(RP)
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