Emotionales Interview von Sahin "Ich werde diese Gesichter niemals vergessen"

Dortmund/Düsseldorf · Nicht einmal 24 Stunden nach dem Sprengstoff-Anschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus mussten die BVB-Profis das Spiel gegen den AS Monaco nachholen. Das ging nicht spurlos an den Spielern vorbei. Nuri Sahin gab in einem Interview Einblick in sein Seelenleben.

Es wurde am Mittwochabend in Dortmund zwar Fußball gespielt, doch die 2:3-Heimniederlage des BVB gegen Monaco rückte schnell in den Hintergrund. Zu präsent war noch der Anschlag mit drei Sprengkörpern auf den BVB-Bus am Abend zuvor. Im Anschluss an die Nachholpartie gaben die Dortmunder Spieler erstmals Einblicke in die zurückliegenden Stunden. "Es ist sehr schwer darüber zu reden. Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Ich wünsche niemanden, dass er so etwas erleben muss", sagte der sichtlich mitgenommene Nuri Sahin dem norwegischen Ex-Profi Jan-Age Fjörtoft im Interview mit dem TV-Sender Viasport.

Sahin wurde in der zweiten Halbzeit eingewechselt — bis dahin seien seine Gedanken um alles andere als Fußball gekreist. "Bis ich in der zweiten Halbzeit auf dem Platz stand, habe ich überhaupt nicht an Fußball gedacht, ganz ehrlich." Die Attacke habe ihm und der Mannschaft vor Augen geführt, dass es so viel mehr als Fußball auf dieser Welt gibt. "Ich weiß, dass Fußball sehr wichtig ist, wir lieben Fußball. Aber wir sind Menschen."

Wenig Schlaf, viele Gedanken

Als Fjörtoft auf den Anschlag einging, rang Sahin sichtlich um Fassung. "Ich bekomme Gänsehaut. Ich kann diese Gesichter nicht vergessen. Ich werde diese Gesichter niemals vergessen. Als ich Marc gesehen habe... Ich saß neben Schmelle. Ich werde nie sein Gesicht vergessen, es war unfassbar", sagte Sahin über den beim Anschlag verletzen Marc Bartra und Kapitän Marcel Schmelzer.

Schmelzer selbst sprach in der Mixed Zone von "unendlichem Glück", dass nur Bartra verletzt worden sei. "Wir sind sehr glücklich, dass wir heute hier überhaupt stehen können. Eigentlich musst du noch über alles sprechen und dann ist schon der Spieltag, worauf man als Sportler jedes Jahr hinarbeitet. Das unter einen Hut zu packen ist nicht einfach. Es war eigentlich ein gemachter Champions-League-Abend für Borussia Dortmund, aber nicht vor dem Hintergrund."

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Dass es kein gewöhnlicher schwarz-gelber Abend in der Königsklasse war, machte Julian Weigl deutlich, vor allem die Vorbereitung auf das Spiel sei schwierig gewesen: "Die meisten Jungs haben wie ich auch nur wenig geschlafen. Es gibt nicht den goldenen Weg, wie man damit umgehen kann, weil es für jeden das erste Mal war. Ich habe versucht, die Zeit mit meiner Familie zu verbringen und ein bisschen runterzukommen. Wir haben das Bestmögliche daraus gemacht."

"Das kommt mir ein bisschen zu kurz"

Schon kurz nach der Bekanntgabe der neuen Terminierung für das Champions-League-Spiel hatte es von verschiedenen Seiten Kritik daran gegeben. Auf der Pressekonferenz kritisierte Trainer Thomas Tuchel die Uefa scharf. "Das ist kein gutes Gefühl, es war ein Gefühl der Ohnmacht. Die Termine werden vorgegeben und wir haben zu funktionieren. Wir hatten das Gefühl, dass wir behandelt werden, als wäre eine Bierdose an unseren Bus geflogen." Die Uefa widersprach dem Tuchel-Statement. Die Entscheidung sei unter Beteiligung von BVB-Vertretern getroffen worden.

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Auch Kapitän Schmelzer war mit der Art und Weise der Neuansetzung nicht einverstanden. "Es sind nicht einmal 24 Stunden seit dieser Sache vergangen und wir müssen wieder auf dem Platz stehen. Wir verstehen deshalb überhaupt nicht, dass man das einfach so festlegt und wir wie Puppen einfach funktionieren müssen. Es war kein Anschlag auf unseren Bus war, sondern ein Anschlag auf uns Menschen. Das kommt mir ein bisschen zu kurz."

(ems)
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