"Den Bock mit Bosz umstoßen" BVB in Madrid mit dem Mute der Verzweiflung

Madrid · Borussia Dortmund will das Unmögliche möglich machen. Ein Sieg bei Real Madrid könnte Trainer Peter Bosz entscheidend stabilisieren - wie der gelingen soll, ist ein Rätsel.

 Für Peter Bosz geht es in Madrid um die Europa League - und seinen Job.

Für Peter Bosz geht es in Madrid um die Europa League - und seinen Job.

Foto: dpa, bt kno nic fdt

Im Ballsaal der Königlichen beschwört Peter Bosz den Mut der Verzweiflung. "Wir brauchen einen Sieg - auch bei Real Madrid", sagt Borussia Dortmunds Trainer in der Hoffnung auf ein kleines Wunder. Für die Trendwende. Für den Trostpreis Europa League. Und für seinen Job.

Doch wie beim traurigen Abschied aus einer blamablen Champions-League-Saison am Mittwoch (20.45 Uhr/Live-Ticker) ein Triumph ausgerechnet beim Titelverteidiger gelingen soll, ist ein Rätsel. Zur allgemeinen Verunsicherung beim rasend abgestürzten BVB gesellen sich erhebliche Personalsorgen. Am Samstag bei Bayer Leverkusen (1:1) fielen Maximilian Philipp (schwere Knieverletzung unter Beteiligung der Kniescheibe) und Gonzalo Castro (Außenbandriss im Sprunggelenk) aus. "Es wird nicht Marco Reus sein", sagte Bosz auf die Frage, wer Tore erzielen solle. Denn der ist ja auch schon lange verletzt.

Nur ein Sieg in zwei Monaten

In den vergangenen zwei Monaten haben die Dortmunder ein einziges Spiel gewonnen: beim Drittligisten 1. FC Magdeburg im Pokal (5:0). Und jetzt, in der Festung Bernabeu? Wenig spricht dafür, die Strohhalme zum Dranklammern sind spröde und ausgedörrt. "Wir wollen mit Peter Bosz den Bock umstoßen", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit Blick auf den seit Wochen in der Kritik stehenden Trainer der Westfalen vor dem Abflug in die spanische Hauptstadt, wo der BVB-Tross bei angenehmen zehn Grad und strahlendem Sonnenschein landete.

Kapitän Marcel Schmelzer beurteilte das Liga-Spiel in Leverkusen immerhin als "Schritt nach vorn" - und damit positiver, als es war. Wieder wackelte die Abwehr, wieder war kaum Struktur zu erkennen, waren Chancen rar. Erst ein dummer Platzverweis des Gegners ermöglichte das Comeback in Überzahl. Dennoch: "Wir wollen mit Peter Bosz den Turnaround schaffen", sagte Sportdirektor Michael Zorc weiterhin. Ob mangels Alternative oder aus Überzeugung.

Peinliche Bilanz könnte für Europa League reichen

Spätestens am kommenden Wochenende gegen Werder Bremen herrscht Siegzwang. In Madrid würde es wohl genügen, sich halbwegs achtbar aus der Affäre zu ziehen und zumindest den "Abstieg" in die Europa League zu sichern. Apoel Nikosia hat wie der BVB zwei Punkte, aber vor dem letzten Spiel bei Tottenham Hotspur die sieben Treffer schlechtere Tordifferenz. Das heißt: Verlieren beide, wird der BVB mit der peinlichen Bilanz von zwei Punkten in die Europa League einziehen. Das hat es noch nie gegeben.

"Nach der verkorksten Champions-League-Saison ist es für uns das Mindeste, die Europa League zu erreichen. Da kann man sich dann neue Ziele setzen", sagte der ehemalige Real-Profi Nuri Sahin und nahm damit sich und seine Mitstreiter in die Pflicht.

Immerhin steht Dortmund der zuletzt mal wieder komplizierte Starstürmer Pierre-Emerick Aubameyang nach überwundenen Hüftprobleme wieder zur Verfügung. Außerdem ist auch Real alles andere als gut drauf, zumindest in der Primera Division: Vier Niederlagen und zwei Unentschieden aus 14 Spielen sind für die Ansprüche des spanischen Rekordmeisters erschütternd. Dass die Mannschaft des deutschen Weltmeisters Toni Kroos als Achtelfinal-Qualifikant feststeht, lässt eine gewisse Schonung erwarten - oder aus Dortmunder Sicht erhoffen. Wohl nur eine Niederlage mit dem Anstrich eines Debakels könnte Bosz noch vor dem Bremen-Spiel aus dem Amt befördern.

"Wir wollen den dritten Platz verteidigen und noch mehr Stabilität gewinnen", sagte Zorc nach dem Hoffnungsschimmer von Leverkusen. Oder, wie sein Trainer behauptet: "Wenn wir so weitermachen, wird alles wieder gut." Vielleicht. Real Madrid hat seine vergangenen 16 Champions-League-Heimspiele nicht verloren.

(sid)
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