Kolumne Gegenpressing Gündogan und der Karriereplan

Der Profi von heute ist in erster Linie Geschäftsmann. Vereine sind für ihn Arbeitgeber, innige Beziehungen sind ausgeschlossen. Trotzdem wird beim Torjubel immer noch gern das Klubwappen liebkost. Das gehört zur Folklore.

 Robert Peters

Robert Peters

Foto: Phil Ninh

Charly Körbel spielte ein (Fußball-)Leben lang für Eintracht Frankfurt. Man nannte ihn deswegen den "treuen Charly". Uwe Seeler schlug Angebote aus Italien aus, weil er es nicht ertragen hätte, Wochen ohne einen Blick auf den Hamburger Michel verbringen zu müssen. Seeler war der HSV. Man nannte ihn deswegen "Uns Uwe".

So etwas gibt's nicht mehr. Niemand wird auf die Idee kommen, den Fußballprofis Heimatliebe und Vereinstreue nachzusagen. Sie halten es mit anderen Geschäftsleuten, sie haben einen Karriereplan, den sie kühl berechnend und ohne schlechtes Gewissen verfolgen.

Ilkay Gündogan ist ein typisches Wesen dieser Gattung. Er ging von Bochum nach Nürnberg, wurde dort viel besser, verdiente mehr und hatte längst den nächsten Schritt vor Augen. Der führte ihn zu Borussia Dortmund. Gündogan wurde noch mal besser, verdiente noch viel mehr, wollte es damit aber natürlich nicht bewenden lassen. Schon vergangenes Jahr wäre er gern zu einem noch größeren Klub gewechselt. Aber die prominenten Vereine in Europa wollten nicht so recht, weil der Spieler nach langer Verletzung nicht auf Touren kam. Also verlängerte Gündogan seinen Vertrag mit Dortmund, was ihm wieder etwas mehr Geld eintrug und dem BVB zumindest die Aussicht auf eine feine Ablösesumme bescherte.

Nun geht der Nationalspieler zu Manchester City, wo die Scheichs aus Abu Dhabi mit den großen Geldscheinen nur so um sich werfen. Und er erklärt den Wechsel mit der Aussicht, unter Anleitung des Trainers Pep Guardiola noch besser werden zu können.

Dazu lächelt Gündogan gewinnend, und seine ehemaligen Dortmunder Chefs finden ihn immer noch sehr nett - auch weil sie tapfer mitverdienen. Dass er sich in jüngerer Vergangenheit beim Torjubel tüchtig aufs Vereinswappen geschlagen hat, gehört zur Folklore im Geschäft. Die Fans finden das toll. Bald liegt das Logo von Manchester City unter der rechten Hand. Und vielleicht gibt's noch einen Karriere-Traum, den Gündogan sich in ferner Zukunft erfüllen wird.

Dann wird er seine Zelte in Nordengland ebenso unaufgeregt abbrechen wie in Dortmund, Nürnberg und Bochum.Er wird immer über neue Herausforderungen und das sportliche Glück reden. Über Geld spricht der gut erzogene Berufsfußballer nicht - jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Er kassiert verschwiegen und schwärmt von neuen Trainern und tollen Konzepten. Uwe Seeler und Charly Körbel würde er milde belächeln.

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(RP)
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