Gastbeitrag Reiner Calmund "Uli braucht die Bayern wie die Luft zum Leben"

Heute will Uli Hoeneß wieder Präsident des FC Bayern werden. Sein langjähriger Weggefährte aus der Bundesliga, Reiner Calmund, ist froh, dass er wieder da ist.

 Reiner Calmund freut sich auf Uli Hoeneß' Rückkehr.

Reiner Calmund freut sich auf Uli Hoeneß' Rückkehr.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Uli Hoeneß kommt zurück. Wenn das Jahr auch noch nicht ganz zu Ende ist - dies ist für mich eine der schönsten Nachrichten 2016.

Über das, was passiert ist, wurde eine Menge geschrieben und gesprochen. Wohlwollend und weniger wohlwollend. Ich sage: Es muss ein Schlussstrich gezogen werden, er hat seine Strafe verbüßt. Uli Hoeneß gehört zum deutschen Fußball, mit über 50 Titeln, Welt- und Europameister, Champions-League- und Uefa-Cup-Sieger, Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger prägte er als Spieler und Manager unseren Volkssport Nummer eins über Jahrzehnte.

Innerhalb der letzten schweren Jahre habe ich ihn nachdenklich, diszipliniert, aber auch mit Visionen für die Zukunft erlebt. Ein bisschen schmaler ist er geworden, ein paar Falten mehr machen das Gesicht nicht uninteressanter. Uli wirkt jetzt auf mich reifer. Wen wundert es?

Bei den Diskussionen, ob sich Uli als Mister Bayern München zurückzieht oder doch wieder Feuer für das Präsidentenamt gefangen hat, musste ich an diesen Satz denken, den er den Bayern-Mitgliedern bei seiner letzten Jahreshauptversammlung zurief: "Das war's noch nicht!" Der Jubel, mit dem er damals verabschiedet wurde, wird ihn morgen empfangen. Ehrliche Zuneigung ist das.

Dass er erneut in das Amt des Bayern-Präsidenten gewählt wird, dürfte Formsache sein. Die Zahl seiner Anhänger ist so groß wie sein Herz und sein Mund. Die Menschen in München lieben diesen barocken Typen.

Aber muss er sich das antun? Warum setzt er sich nicht mit seiner Frau Susi in den Herrgottswinkel ihres wunderschönen Hauses am Tegernsee und lässt den lieben Gott einen guten Mann sein? Warum genießt er nicht die Rolle als Opa oder Mister Bayern München? Er könnte sich auch dann aufgrund seiner Akzeptanz im Umfeld der Vereinsführung einbringen, zumal Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge mit Sicherheit wert auf seine Meinung legt. Warum nicht?

Weil Uli Hoeneß noch brennt und mit den erfahrenen Verantwortlichen auch im kommenden Jahrzehnt die weitere Entwicklung des FC Bayern München als Premium-Marke im weltweiten Fußball mit gestalten will. Entscheidend war ganz sicher auch, dass seine Frau Susi und die Familie grünes Licht gegeben haben.

Ich denke, er wird die Sache ruhiger angehen, und wir werden ihn nicht mehr sehr oft als den großen Poltergeist erleben. Aber man darf nicht vergessen: Er braucht diesen FC Bayern wie die Luft zum Atmen. Und er wird gestalten wollen, er wird Fehler klar ansprechen, er wird auch, aber sicher nicht nur repräsentieren. So darf man auch sein Ansinnen verstehen, wieder Vorsitzender des Aufsichtsrates zu werden. Als Grüß-August ist Uli Hoeneß nicht zu gebrauchen und nicht geboren. Braucht der FC Bayern, dieser Fußball-Weltkonzern, noch einen Typen wie Hoeneß? Manchmal hemdsärmelig und undiplomatisch? Oder ist nicht eher der smarte Schlipsträger gefragt?

Ich sage: Ja! Typen wie Uli Hoeneß sind Gold wert für jedes Unternehmen. Wo eine Menge Produktivität der guten Stimmung entspringt, braucht man den Menschen, der sie verbreitet. Zu dem man gehen kann, wenn etwas nicht klappt, ob beruflich oder privat.

Ach ja, vergessen wir nicht, dass Uli Hoeneß ein ausgemachter Fachmann in Sachen Fußball ist. Einer mit dem siebten Sinn für die Strömungen innerhalb eines Teams. Auch wenn er sich als Präsident nicht in alle Details einmischen wird, kommt er in der aktuell sportlich unbefriedigenden Zeit fast schon wie gerufen. Seit dem Abschied von Matthias Sammer fehlt dieses fachliche Gewissen. Kalle Rummenigge kann als Vorstandsboss mit seinen nationalen und internationalen Aufgaben dies nicht zusätzlich leisten. Uli Hoeneß kann es. Ich bin sicher, er wird auch diese Rolle, bis der neue Sport-Direktor an Bord ist, perfekt ausfüllen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort