Bundesliga-Gipfel bei den Bayern Dortmund ist die letzte Hoffnung auf ein wenig Spannung

Düsseldorf/München · Noch ist kein Klub nach dem achten Bundesliga-Spieltag deutscher Meister geworden. Nicht mal die Bayern, die zuletzt immer kurz nach Weihnachten die Schale stemmen durften. Trotzdem stellt selbst das überwiegend ernsthafte Fußballmagazin "Kicker" in seiner jüngsten Ausgabe die kundige Frage: "Wird Bayern am Sonntag Meister?" Für derart wegweisend halten Experten die Begegnung zwischen dem Meister und seinem deutlich wiederbelebten Herausforderer Borussia Dortmund.

Bundesliga 19/20: Auf diesen Meister tippen die Trainer
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Die Meistertipps der Bundesliga-Trainer

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Foto: imago images / Sven Simon/Frank Hoermann/SVEN SIMON;via www.imago-images.de

Zu derart weitreichenden Einschätzungen trugen beide Teams bei. Die Bayern durch eine Serie klarer Erfolge und die Topform ihres Torjägers Robert Lewandowski, der innerhalb einer englischen Woche vor dem Spitzenspiel in drei Begegnungen zehn Treffer erzielte. Der BVB eher unfreiwillig, weil er durch zwei Unentschieden vier Punkte liegen ließ und den Münchner exakt diesen Vorsprung gestattete. Vor allem das 2:2 gegen den SV Darmstadt 98, den noch kein Fachmann auf der Weltkarte der Superklubs führt, sorgte für Anflüge von schlechter Laune im Aufgebot der Westfalen, das zuvor bester Stimmung durch seine Wettbewerbe gerauscht war.

Trainer Thomas Tuchel wurde erstmals von jenen Anfällen demonstrativer Gereiztheit ereilt, mit denen er in Mainz die Öffentlichkeit erfreute. Und Kapitän Mats Hummels fiel in alte Muster, als er die Kollegen öffentlich kritisierte und dabei jedermann den Eindruck vermittelte, er sei vor allem an sich selbst interessiert. "Das wurde in der Mannschaftssitzung mit ihm besprochen", versicherte Sportdirektor Michael Zorc dem "Kicker".

Borussia Dortmund gegen FC Bayern München: die letzten Duelle
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BVB - Bayern: Die letzten Duelle

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Foto: AP/Matthias Schrader

Trotz des kleinen Rückschlags geht Dortmund nicht gerade als krasser Außenseiter in die Partie beim Rekordmeister. Dafür ist die Mannschaft im Sommer viel zu stark geworden. Ein Vergleich der Teams zeigt das.

Das Spielsystem Tuchel hat die Spielweise, mit der sein Vorgänger Jürgen Klopp in der Hochphase seiner Arbeit in Dortmund große Erfolge feierte, weiter entwickelt. Der wilde Eroberungsfußball, der zu zwei Meisterschaften und ins Endspiel der Champions League führte, ist um die Feinheiten des Ballbesitzfußballs erweitert worden. Dortmund kann sich in Kombinationen behaupten, das Tempo wechseln und defensive Gegner ausspielen. Das ist neu. Die taktische Grundordnung ist das beliebte 4-2-3-1, das sich aber in unterschiedlichen Spielsituationen stark verändert. Diese Variabilität hat Tuchel in kurzer Zeit vermitteln können.

Robert Lewandowski und Pierre-Emerick Aubameyang im Statistik-Vergleich
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Lewandowski und Aubameyang im Direktvergleich

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Foto: dpa, Kombo rpo

Die Bayern sind in dieser Hinsicht einen Schritt weiter. Ihr Coach Pep Guardiola gilt seit jeher als Anhänger des Fußballs, der sich ganz an den Anforderungen des Moments orientiert. Er ändert die Grundordnung ständig, und er hat damit in einigen frühen Phasen auch bei den eigenen Jungs für Irritationen gesorgt. Mittlerweile funktionieren viele Modelle während einer Begegnung.

Die Klasse der Spieler Zumindest die erste Mannschaft der Dortmunder hat reichlich internationale Klasse versammelt. Hummels ist als Verteidiger wieder in der Form, der ihn zum Weltmeister machte. Vor allem im Mittelfeld werden Hochkaräter beschäftigt. Ilkay Gündogan spielt so wie vor seiner über einjährigen Verletzungspause, Marco Reus und Henrikh Mkhitaryan sind an guten Tagen Weltklassespieler. Schlechte hatten sie diese Saison noch nicht so oft. Und Pierre-Emerick Aubameyang trifft beinahe so häufig wie der Kollege Lewandowski.

Bayern hat die größere Auswahl. Auch nach umfangreichen Wechselspielen oder bei der zur Erholung der kostbaren Fußballer so wichtigen Rotation werden die Münchner nicht erkennbar schwächer. Das macht sie auf Dauer natürlich zum Favoriten.

Bayern München gegen Borussia Dortmund: denkwürdige Duelle
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Denkwürdige Duelle zwischen Bayern und Dortmund

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Die Trainer Beide sind begnadete und (das muss wohl so sein) ein schrullige Tüftler. Sie glauben an die grundsätzliche Berechenbarkeit des Fußballs, und ein Mangel an Perfektion kann sie bildschön auf die Palme bringen. Guardiola hat den Ruf, einer der besten Trainer der Welt zu sein, mit Titeln untermauert. Tuchel darf darauf verweisen, aus der grauen Maus Mainz ein attraktives Fußballteam gemacht zu haben.

Die Form Der FC Bayern ist in überragender Verfassung. Zuletzt waren seine Gegner nicht mehr als Sparringspartner. Das könnte den Meister leichtfertig machen. Aber die Erinnerung an die Begegnungen mit Dortmund verbietet das. Selbst im schwierigen letzten Klopp-Jahr gewann der BVB das Pokal-Halbfinale in München. Er ist der Gegner, der den Bayern zuverlässig den größten Respekt einflößt.

Vor dem kleinen Ausrutscher gegen Darmstadt war der BVB längst wieder auf seinem angestammten Platz als einziger deutscher Mitbewerber der Bayern angelangt. Wenn sich das Team konzentriert, und davon kann man ausgehen, wird es diese Rolle auch morgen spielen. Halb Deutschland wünscht sich einen Erfolg, damit die Bayern nicht frühzeitig zum Alleingang aufbrechen. Aber selbst bei einem Münchner Sieg bleibt die Meisterschale noch im Panzerschrank des DFB. Vorerst.

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