Champions League Bayern träumt von San Siro

Düsseldorf · Beim Bankett gestattete sich Karl-Heinz Rummenigge den Blick in eine rosige nähere Zukunft. "Ohne Arroganz darf man ein bisschen träumen", sagte Bayern Münchens Vorstandschef, "dass wir 2016 wieder nach Mailand kommen."

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Foto: AFP/Eric Espada

Im frühen Sommer wird im San-Siro-Stadion das Finale der Champions League gespielt, vor 15 Jahren war das schon einmal so. Die Bayern gewannen nach Elfmeterschießen gegen den FC Valencia. Es war die Zeit der großen Egos in der Münchner Kabine, die Zeit von Oliver Kahn und Stefan Effenberg.

Wenn Rummenigge heute träumt, dann hat das mehr als damals mit einem Kollektiv zu tun. Die Bayern sind an ihren guten Tagen als blendend funktionierende Maschine unterwegs. Aber sie haben auch noch große Figuren - vielleicht nur nicht so lautstarke wie kurz nach der Jahrtausendwende. Auch diesmal trugen die Unverwechselbaren im Team dazu bei, dass die Münchner zum fünften Mal in Folge das Halbfinale der Meisterklasse erreichten. In der entscheidenden Phase der Saison kommen Arturo Vidal und Franck Ribéry ins Rollen, Thomas Müller ist ohnehin immer in Form.

Die Bayern werden die Stars brauchen, die ihrem Spiel zurzeit ein Gesicht geben. Denn sie sind von der selbstverständlichen Lockerheit und der spielerischen Leichtigkeit des Kollektivs, mit dem sie die Welt in der ersten Saisonhälfte beeindruckten, ein tüchtiges Stück entfernt. Vieles ist harte Arbeit inzwischen, erkennbare Mühsal, auch beim 2:2 in Lissabon, das die Tür zur Vorschlussrunde öffnete.

Sportvorstand Matthias Sammer, sonst der Mann, der im deutschen Fußball am besten für schlechte Laune bezahlt wird, verließ zwar die Position des ewigen Grantlers und pries die Mannschaft für ihren offenbar unstillbaren Erfolgshunger. Er wird allerdings auch nicht übersehen haben, dass die Bayern inzwischen eher im schweren Charakterfach angekommen sind.

Das ist aber gar nicht schlimm. Denn es schärft die Sinne, wenn nicht alles leicht von der Hand geht. Zur Überprüfung dieser Weisheit können sich die Münchner beim FC Barcelona erkundigen. Unbeeindruckt von irdischen Hindernissen kombinierte, spielte, ja zauberte sich der Titelverteidiger durch seine Saison. Bis vor ein paar Wochen. Dann kam Sand ins Schmieröl der Maschine. Das vielleicht größte Offensivtrio auf dem Planeten, Messi, Neymar und Suarez, stellte die Torproduktion ein. In der Meisterschaft gab es Niederlagen, und im Viertelfinale der Champions League geschah das Undenkbare: Die Zauberer sind draußen, entzaubert von Atlético Madrid, dessen Spieler schuften wie im Bergwerk und das noch niemand mit einem edelglänzenden Designer-Stück verwechselt hat. Barcelona kann aus dem Scheitern nur noch für das nächste Spieljahr lernen, die Bayern können das schon jetzt. Und sie haben sich bereits durch ein sehr schwieriges Achtelfinale gegen Juventus Turin (4:2 nach Verlängerung) quälen müssen. Da war überhaupt nichts Leichtes dabei. Aber auch da gab es schon Vidal, Müller und Ribéry.

Wuchtige, unnachgiebig kämpfende Einzelspieler und die zuletzt eher schlummernde spielerische Klasse des deutschen Meisters machen ihn im Halbfinale zum leichten Favoriten. Richtig fürchten muss Guardiolas Team allein Real Madrid, das ähnliche Fähigkeiten mobilisieren kann. Atlético ist als harter Knochen schwer zu bearbeiten, Manchester City fehlt es an mannschaftlicher Ausgewogenheit. Heute wird in Nyon das Halbfinale ausgelost. Gut möglich, dass Rummenigge weiter träumt. Unter Umständen sogar ein bisschen mehr.

(pet)
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