Wegweisendes Spiel in der Champions League Bayern setzt alles auf die Karte Guardiola

München/Düsseldorf · In München tobt vor dem Spiel gegen Porto ein Machtkampf zwischen Traditionalisten und Geschäftsleuten.

Josep Guardiola: Erfolgstrainer, Katalane, Barca, FC Bayern München
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Das ist Pep Guardiola

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Foto: AP/Scott Heppell

Pep Guardiola hat neulich wieder geklagt. Das kommt schon mal vor. Niemand könne sich so richtig vorstellen, wie schwer das Leben als Fußballtrainer manchmal sei, nämlich "sehr, sehr schwer", hat er gesagt. Der beklagenswerte Katalane büßt zurzeit für ein Jahreshonorar von zwölf Millionen Euro mit der Verantwortung für den wichtigsten deutschen Fußballklub. Und er steht ziemlich unter Druck, weil heute Abend bereits das größte Saisonziel des FC Bayern München auf dem Spiel steht. Der FC Porto kommt zum Rückspiel im Viertelfinale der Champions League (20.45 Uhr/Live-Ticker). Die Münchner müssen schon einiges bieten, wenn sie das Blatt nach dem 1:3 im Hinspiel wenden wollen.

Stars des FC Bayern München reisen mit gesenktem Haupt aus Porto ab
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Das wollen sie natürlich, denn mit einer Saison, die international bereits in der Runde der letzten Acht endet, kann niemand bei den Bayern zufrieden sein. Schon gar nicht die Dienstherren des Trainers, die für die nähere Zukunft ihres Klubs alles auf die Karte Guardiola setzen.

Der Coach ist der Leuchtturm für eine Neuausrichtung der Bayern, die sich zunächst ganz weit entfernt von irgendwelchen Scheinwerfern vollzogen hat. In der Affäre um den fristlosen Rücktritt des Ärzteteams um den Münchner Starmediziner Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt wurde sie sichtbar. Denn auch der "Doc" ist nur ein Stellvertreter für ein Lager.

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Bei den Bayern stehen sich Traditionalisten und Geschäftsleute gegenüber. Die Traditionsbewussten berufen sich auf die familiäre Klubatmosphäre, als deren Begründer Uli Hoeneß gilt. Sie versammeln sich im Münchner Machtkampf hinter Müller-Wohlfahrt, der (kein Zufall) 38 Jahre Leibarzt der Bayern war. Die Geschäftsleute mit Vereinsboss Karl-Heinz Rummenigge an der Spitze wollen weg vom patriarchalischen Modell Hoeneß. In ihrem Wirtschaftsbetrieb sind die Aufgaben klar verteilt. Die sportliche soll Guardiola gemeinsam mit dem für schlechte Laune gut bezahlten Sportvorstand Matthias Sammer erledigen. Weil Guardiola nicht der Typ ist, mit dem jeder im Verein (was für ein Wort für diesen Wirtschaftsbetrieb) in der Mittagspause ein Weißbier auf dem Viktualienmarkt trinken will oder kann, passt er hervorragend in Rummenigges Geschäftsmodell. Darüber hinaus ist der Katalane nicht nur auf Außenwirkung bedacht, sondern auch ein anerkannt hochbefähigter Fußballlehrer.

Deshalb würde Rummenigge gern den Vertrag verlängern, der zunächst mal bis 2016 befristet ist. Und um das Vertrauen zu verdeutlichen, lässt er dem Trainer alle Freiheiten. Guardiola hat sein eigenes Trainerteam, das weitgehend aus Landsleuten besteht, er bekommt seine Wunschspieler (unvergessen die Forderung: "Thiago oder nix"), und er darf offenbar die Kompetenz von Ärzten bestreiten. Rummenigge stellt sich hinter den Coach. Der Vereinschef soll nach übereinstimmenden Berichten den Krach mit Müller-Wohlfahrt nach der 1:3-Niederlage von Porto in die Kabine getragen haben.

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Guardiola muss sich öffentlich mit der Rolle des Gegenspielers identifizieren lassen. Er wird in diesem Machtkampf nur zu den Siegern zählen können, wenn sich seine Mannschaft heute gegen Porto durchsetzt. Für ein Ausscheiden würde er ebenso persönlich verantwortlich gemacht wie für den Erfolg - ungeachtet aller Attacken auf die medizinische Abteilung, der angeblich die Schuld an der Verletzungsmisere zugeschoben wird, die Bayerns Team international so aus der Spur gebracht hat. Darum spielen die Bayern auch ein bisschen um die Zukunft ihres Übungsleiters. Der will davon aber nichts wissen. "Meine Zukunft ist Mittwoch Training, Donnerstag frei, Freitag Training, am Samstag gegen Hertha BSC die deutsche Meisterschaft sichern und nächstes Jahr hier: Das ist meine Zukunft", sagte er gestern.

Die Zukunft seines Klubs kann er zumindest beeinflussen. Es ist zwar ausgeschlossen, dass Rummenigge die Neuausrichtung auf sein Geschäftsmodell bei einem so frühen Ausscheiden aus der Champions League oder einem Scheitern an Dortmund im DFB-Pokal nächste Woche abbrechen würde. Sie würde allerdings mühsamer werden. Denn das Lager der Traditionalisten hätte neue Munition. Und genau in diesem Fall würde Müller-Wohlfahrt von einem Leuchtturm seines Lagers zu einem Kronzeugen. Er hat schließlich angekündigt, "zur gegebenen Zeit" mehr über die Gründe seines Rücktritts zu sagen. Der Konflikt könnte also noch zu einer echten Krise werden. Guardiolas Team hat es in der Hand.

(RP)
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