Kimmich überzeugt bei Topspiel in Dortmund Guardiola: "Ich liebe diesen Jungen"

Dortmund · Joshua Kimmich wusste nicht so recht, wie ihm geschah. Direkt nach dem Schlusspfiff schnappte sich Bayern Münchens Trainer Pep Guardiola nach dem 0:0 im Bundesliga-Gipfel bei Borussia Dortmund seinen jungen Abwehrspieler und redete wild gestikulierend und lautstark auf ihn ein. Was aussah wie eine minutenlange Standpauke, entpuppte sich als eine Mischung aus Liebeserklärung und Einzelcoaching. "Ich habe ihm gesagt, dass er einer der besten Innenverteidiger der Welt ist. Aber nicht nur das, er kann überall spielen", klärte Guardiola später schmunzelnd auf.

FC Bayern München: Pep Guardiola nimmt sich Joshua Kimmich zur Brust
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Guardiola nimmt sich Kimmich zur Brust

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Artig und aufmerksam ließ Kimmich den deutsch-englischen Redeschwall des katalanischen Fußball-Lehrers über sich ergehen. Jedes Wort habe er nicht verstanden, wohl aber was Guardiola ihm sagen wollte: "Er kritisiert öfter. Er ist einfach nie zufrieden, will immer das Maximale herausholen", sagte der 21-Jährige. Das sei auch gut, "damit man sich immer weiter verbessert".

Guardiola hält große Stücke auf seinen Aushilfsabwehrspieler, der beim Remis in Dortmund als Innenverteidiger in der Viererkette sein wohl bestes Spiel im Bayern-Trikot ablieferte. "Ich liebe diesen Jungen. Ich mag das Arbeiten mit diesen Fußballspielern, die lernen und immer weiter wollen. Er hat den Wunsch, er hat Leidenschaft, er hat absolut alles. Mit diesem Spieler kannst du gehen 'whereever you want'", schwärmte Guardiola vom U21-Nationalspieler, und gab allen noch einen gut gemeinten Rat mit auf den Weg: "Sagt nicht mehr, dass er nicht Innenverteidiger spielen kann."

In der Tat lieferte der nur 1,76 Meter große, gelernte Mittelfeldspieler, der von Guardiola auch schon als Außenverteidiger eingesetzt wurde, eine klasse Partie neben David Alaba ab. Laut Statistik hatte das in Rottweil geborene Talent 120 Ballkontakte, gewann 64 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte 94 Prozent seiner Pässe an den eigenen Mann – überragende Quoten. Lediglich beim Laufduell mit dem pfeilschnellen Pierre-Emerick Aubameyang hatte Kimmich in seinem 16. Bundesligaspiel das Nachsehen – aber das ist beileibe kein Makel.

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Pep über Kimmich: "Hat in der CL vs große Stürmer gespielt, heute vs Aubameyang. Bitte sagt nicht mehr, dass er kein Innenverteidiger ist."

FC Bayern München (@FCBayern) 5. März 2016Bei Facebook, Twitter oder Instagram produziert Kimmich sich im Gegensatz zu vielen Teamkollegen nicht – angenehm. Die "Süddeutsche Zeitung" nannte ihn "Männlein des Abends", auch, weil er Marco Reus eine Riesenchance vom Fuß stibitzt hatte. Das passte. Einiges spricht dafür, dass der beim VfB Stuttgart und später bei RB Leipzig ausgebildete Junge aus Rottweil bald eine Stütze dieser Münchner Weltklassemannschaft sein wird. Oder von zweien, wenn es für die Nationalmannschaft reicht.

Löw sieht starken Kimmich

Nach den Verletzungen von Jerome Boateng, Holger Badstuber und Javi Martinez hat Kimmich sich in der Münchner Abwehr festgespielt. Längst werden dem im vergangenen Sommer verpflichteten Juwel (Vertrag bis 2020) gute Chancen eingeräumt, noch auf den EM-Zug aufzuspringen.

Bundestrainer Joachim Löw machte sich am Samstag vor Ort ein Bild von dem Allrounder. "Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder fährt er mit zur EM oder er spielt bei Olympia", erläuterte Sportvorstand Matthias Sammer, ließ aber durchblicken, dass Kimmich bei U21-Coach Horst Hrubesch eigentlich "fest eingeplant" sei. Kimmichs Olympia-Teilnahme im August hätte laut Sammer Vorteile: "Er hätte ausreichend Urlaub und eine komplette Vorbereitung bei uns. Aber das sollen die Trainer entscheiden."

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Löw, der ein "irres Tempo und eine unglaubliche Geschwindigkeit im Spiel" sah, hält die Tür offen: Spieler der Marke Kroos, Müller, Neuer müsse er nicht beobachten, sagte er zuletzt. Er beobachte jene, die "künftig eine Rolle spielen könnten". Beim FC Bayern gibt es da einen.

Wobei Kimmich auch keine Rakete ist: Im Champions-League-Hinspiel verkorkste er seine bravouröse Leistung mit zwei Fehlern, was Juventus Turin ein Comeback zum 2:2 ermöglichte. Egal, sagt Guardiola: "Er will lernen. Er lernt." Thomas Tuchel raunte dem Spanier zu: "He's a very good guy."

(seeg/dpa/sid)
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